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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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Literatur: Eine Sprache, eine Schrift waren für die Formung seines Imperiums von unschätzbarer Bedeutung. Überall im Reich entstanden Klöster, Bibliotheken und Schulen, die von ihm gefördert wurden. Die Schrift, die wir heute noch verwenden, geht auf diese Reform zurück: Die karolingische Minuskel war das Vorbild unserer Kleinbuchstaben.
    Was Sie vor diesem Hintergrund natürlich nicht vermuten: Karl der Große selbst war Analphabet. Noch als alter Mann soll er in schlaflosen Nächten mühsam versucht haben, endlich lesen und schreiben zu lernen.
    Nach der Integration des sächsischen Gebiets in sein Imperium, nach der Taufe Widukinds, über dessen weiteres Schicksal wenig bekannt ist, konzentrierte sich Karl auf andere Projekte, vor allem auf die Etablierung eines festen Regierungssitzes. Karl wählte Aachen. Mit seinen warmen Quellen und ausgedehnten Wäldern, gelegen im Kerngebiet des Imperiums, sollte es zur prächtigsten Stadt seines Reiches werden. Er ließ eine riesige Anlage errichten (Baubeginn vermutlich 793/94). Sie umfasste Regierungsgebäude, Räume für die königliche Familie, Garnisonsunterkünfte, einen Gerichtssaal und ein Studienzentrum mit Bibliothek. Geistlicher Mittelpunkt war die Pfalzkapelle, heute der Aachener Dom. Er galt schon bei den Zeitgenossen als der prächtigste Kirchenbau diesseits der Alpen. Später haben sich 33 deutsche Herrscher auf Karl berufen und wurden hier zwischen dem Ende des neunten Jahrhunderts und dem Jahr 1531 gekrönt.
    Mit seiner eigenen Krönung 800 in Rom hat Karl der Große Geschichte geschrieben, sie erregte schon zu seiner Zeit höchste Aufmerksamkeit, galt als Sensation. Zum ersten Mal wurde ein Kaiser, der zudem aus einem anderen Reich als dem römischen stammte, von einem Papst in sein Amt gesetzt, der allein die Befugnis dazu beanspruchte. Deshalb musste Karl ihn als sein geistliches Oberhaupt anerkennen. Umgekehrt gewährte der Kaiser der römischen Kirche Schutz, auch gegen die byzantinische Vorherrschaft. Entsprechend war es die Pflicht des Stellvertreters Petri, ihm als seinem weltlichen Herrscher zu huldigen.
    Damit erfüllte sich für Karl den Großen eine Vision: die Allianz zwischen Papst und Herrscher, zwischen Reich und Kirche, zwischen Religion und Volk, eine Verbindung von Schwert und Kreuz. Die Krönung Karls begründete das mittelalterliche Kaisertum, das tausend Jahre lang als Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation Bestand haben sollte, bis 1806.
    Gleichzeitig wurde mit diesem Akt der Krönung, mit dem sich der Kaiser an die Zustimmung und Segnung durch den Papst in Rom band, ein jahrhundertelanger Konflikt angelegt, der später der »Investiturstreit« genannt werden wird. Es ging um die Frage: Wer ist der Stärkere? Der Papst oder der Kaiser?
    Dieser Kampf zwischen der kirchlichen und der weltlichen Macht prägte vor allen Dingen das späte elfte Jahrhundert. Seine Zuspitzung erfuhr er 1076 mit dem Streit zwischen dem deutschen König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. Sie waren die Hauptprotagonisten in einem dramatisch angelegten Szenario, das für immer verbunden sein wird mit dem Namen eines Ortes, einer Burg: Canossa.



19. Wer ist der Größte im ganzen Land?
    N ach Canossa gehen wir nicht.« Es war Kanzler Otto von Bismarck, der am 14. Mai 1872 im Deutschen Reichstag den Bußgang Kaiser Heinrichs IV. 800 Jahre zuvor wieder in Erinnerung rief, und die Anspielung war durchaus nicht abwegig. Sie war die Reaktion auf die Ablehnung des als deutscher Botschafter benannten Kardinals Hohenlohe durch Papst Pius IX. Aber sie markierte gleichzeitig den Höhepunkt des Kulturkampfes zwischen dem 1871 gegründeten Deutschen Reich und der katholischen Kirche über das Schul- und Bildungswesen, der zu einem Grundsatzkonflikt zwischen den Ansprüchen des modernen Staates und den kirchlichen Traditionen wurde.
    Nach Canossa gehen wir sehr wohl. Doch folgen Sie uns bitte zunächst an einen anderen Ort: nach Speyer. Die Stadt war Sitz der Salier, die hier auch den größten Dom der Welt errichtet hatten – Inbegriff königlicher Macht und christlichen Kaisertums. Hier wurde Heinrich IV. 1053 schon als Vierjähriger deutscher König. Sein Vater litt an Gicht und musste sich beizeiten um seine Nachfolge kümmern. Gewählt wurde der minderjährige Heinrich von den deutschen Fürsten, erst ihr Treueschwur machte ihn zum

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