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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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Hauses verschwunden. Alles war vorbei. Wir fuhren los und ließen Freude und Jubel über ein paar Hundert Pesos hinter uns, und wir fanden, dass es kein schlechtes Tagewerk gewesen war. Der dröhnende Mambo verfolgte uns noch ein paar Straßen weit. Alles war vorbei. «Goodby, Gregoria!», schrie Dean und warf Kusshände.
    Victor war stolz auf uns und stolz auf sich selbst. «Wollt ihr jetzt Bad?», fragte er. Ja, was wir alle wollten, war ein herrliches Bad.
    Und er dirigierte uns zu einem ganz unglaublichen Platz: es war eine gewöhnliche Badeanstalt, wie in Amerika, eine Meile außerhalb der Stadt am Highway gelegen, voller Kinder, die im Schwimmbecken planschten; in einem Gebäude aus Stein gab es Duschen für ein paar Centavos, mit Seife und Handtuch vom Bademeister. Außerdem war dort ein armseliger Kinderspielpark mit Schaukeln und einem defekten Karussell, aber im Licht der roten Abendsonne war alles so eigenartig und so wunderschön. Stan und ich nahmen uns Handtücher und sprangen gleich unter eiskalte Duschen und kamen erfrischt und wie neugeboren heraus. Dean hatte keine Lust zu duschen, und wir sahen ihn Arm in Arm mit dem guten Victor durch den traurigen Park spazieren, er plauderte angeregt und fröhlich und beugte sich begeistert zu ihm und schlug zur Bekräftigung seiner Worte mit der Faust in die flache Hand. Dann hakten sie sich wieder unter und schlenderten weiter, Arm in Arm. Es war an der Zeit, auch Victor Lebewohl zu sagen, und so nutzte Dean die Gelegenheit, einen Moment mit ihm allein zu sein, sich den Park anzusehen und Victors Ansichten im Allgemeinen zu erfahren und sich in ihn hineinzuversetzen, wie nur Dean das konnte.
    Victor war jetzt sehr traurig, dass wir weiterfahren mussten. «Ihr kommt wieder nach Gregoria, mich besuchen?»
    «Klar, Mann!», sagte Dean. Und er versprach sogar, Victor mit in die Staaten zu nehmen, falls er das wünsche. Victor sagte, er wolle es sich überlegen.
    «Ich habe Frau und Kind – kein Geld – muss sehen.» Sein liebes, höfliches Lächeln leuchtete im Abendrot, als wir ihm aus dem Auto zum Abschied winkten. Hinter ihm waren der traurige Park und die Kinder.

sechs
    Gleich hinter Gregoria führte die Straße bergab. Mächtige Bäume erhoben sich zu beiden Seiten, und in den Bäumen hörten wir, als es dunkel wurde, den gewaltigen Lärm von Milliarden Insekten. Es hörte sich an wie ein hohes ununterbrochenes Schrillen. «Huuu!», sagte Dean und schaltete die Scheinwerfer ein, aber sie funktionierten nicht. «Was! Was! Verdammt, was jetzt?» Er hämmerte fauchend aufs Armaturenbrett. «Oje, jetzt müssen wir ohne Licht durch den Dschungel fahren, stellt euch den Horror vor, ich kann immer nur sehen, wenn uns ein anderes Auto entgegenkommt, aber leider gibt’s hier keine Autos! Und ohne Licht? Oh, verdammt, was machen wir?»
    «Wir fahren. Oder sollen wir besser umkehren?»
    «Nein, nie-nie! Lass uns fahren. Ich sehe die Straße gerade noch. Wir werden es schaffen.» In tiefschwarzer Dunkelheit rasten wir durch das Schrillen der Insekten, und der schwere, ranzige, beinahe faulige Geruch, der herabsank, erinnerte uns daran, dass auf der Landkarte hinter Gregoria der Wendekreis des Krebses eingezeichnet war. «Wir sind in einer anderen Klimazone! Kein Wunder, dieser Geruch! Merkt ihr’s?» Ich hielt den Kopf aus dem Fenster; Insekten prasselten mir ins Gesicht; ein mächtiges Kreischen setzte ein, wenn ich mein Ohr gegen den Wind stellte. Plötzlich gingen unsere Scheinwerfer wieder an und bohrten sich weit voraus in die Dunkelheit und erhellten die einsame Straße, die zwischen dichten Mauern von annähernd dreißig Meter hohen Bäumen mit überhängenden, schlangenhaften Zweigen verlief.
    «Verdammt nochmal!», krähte Stan auf dem Rücksitz. «Verdammter Mist !» Er war noch immer high. Wir merkten es plötzlich, dass er noch immer high war und dass der Dschungel und alle Schwierigkeiten keinerlei Wirkung auf seine glückliche Seele hatten. Wir fingen alle an zu lachen.
    «Zum Teufel damit! Hauen wir uns doch einfach aufs Ohr, in diesem gottverdammten Dschungel, legen wir uns einfach schlafen, na los!», schrie Dean. «Der alte Stan hat’s erfasst. Old Stan pfeift auf alles! Er ist so high von diesen Frauen und dem Gras und diesem irren, außerirdischen, sagenhaften Mambo, von dem mir noch immer die Ohren dröhnen – hiii! Er ist so high, dass er weiß, was er tut!» Wir zogen unsere T-Shirts aus und brausten halbnackt durch den Dschungel. Keine

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