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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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über den Rücken jagt; meine Füße zitterten. Ich dachte, ich sterbe jeden Moment. Aber ich starb nicht und lief gut sechs Kilometer weit und hob zehn lange Kippen vom Boden auf und nahm sie mit in Marylous Zimmer im Hotel und stopfte den Tabak in meine alte Pfeife und steckte sie mir an. Ich war zu jung, um zu wissen, was passiert war. Durchs Fenster roch ich die Essensdünste von ganz San Francisco. Da draußen gab es Fischrestaurants, wo die Semmeln warm aus dem Ofen kamen und sogar die Körbchen lecker genug waren, um sie aufzuknabbern; ja, wo die Speisekarten selbst von einer zarten Bekömmlichkeit und Nahrhaftigkeit waren, als wären sie in scharfe Brühe getunkt und knusprig gebraten und gut genug, um auch sie zu verspeisen. Zeigt mir die panierte Goldmakrele auf einer Fischkarte, und ich esse sie auf; lasst mich nur den Duft zerlassener Butter auf Hummerscheren riechen. Es gab Restaurants, die auf dicke rote Roastbeefs au jus oder in Weißwein sautierte Hühnerbrüstchen spezialisiert waren. Lokale, wo Hamburger auf dem Grill brutzelten und der Kaffee nur einen Nickel kostete. Oh, dieses pfannenfrittierte Chow Mein, wie es die Luft würzte, die aus dem Chinesenviertel zu mir ins Zimmer wehte, wetteifernd mit den Spaghetti-Sugos von North Beach, mit zarten dünnschaligen Krabben von der Fisherman’s Wharf – ach, und die Lendensteaks, die an der Fillmore Street an Spießen rotierten! Gebt mir noch Chilibohnen von der Market Street, scharf gewürzt, und Pommes frites aus den Säufernächten am Embarcadero, gedünstete Muscheln aus Sausalito, jenseits der Bay, und jaaah, das ist mein Traum von San Francisco. Fügt Nebel hinzu, den Hunger schärfenden rauen Nebel, die pulsierenden Neonlichter in der milden Nacht, das Klappern von Stöckelschuhen schöner Frauen und weiße Tauben im Schaufenster eines chinesischen Delikatessenladens …

elf
    Das war der Zustand, in dem Dean mich fand, als er endlich zu dem Schluss kam, dass ich es wert sei, gerettet zu werden. Er nahm mich mit in Camilles Wohnung. «Mann, wo ist Marylou?»
    «Die Hure ist weggelaufen.» Camille war eine Erholung nach Marylou; eine wohlerzogene, höfliche junge Frau, und sie wusste sogar, dass die achtzehn Dollar, die Dean ihr geschickt hatte, von mir waren. Aber ach, wohin warst du entschwunden, schöne Marylou? Bei Camille erholte ich mich ein paar Tage. Aus ihrem Wohnzimmerfenster in dem hölzernen Mietshaus an der Liberty Street sah man ganz San Francisco grün und rot in der Regennacht brennen. In den Tagen, die ich noch blieb, verfiel Dean auf die allerlächerlichste Sache seiner Karriere. Er fand einen Job, bei dem er den Leuten zu Hause in ihrer Küche einen neumodischen Dampfkochtopf vorführen sollte. Der Vertreter gab ihm stapelweise Muster und Broschüren mit. Am ersten Tag war Dean ein Wirbelsturm an Energie. Ich fuhr mit ihm kreuz und quer durch die Stadt, wo er seine Verabredungen traf. Es ging darum, sich im privaten Rahmen zu Dinner-Partys einladen zu lassen und dann aufzuspringen und den Dampfkochtopf vorzuführen. «Mann», rief Dean begeistert, «das ist ja noch irrsinniger als damals, als ich für Sinah gearbeitet habe. Sinah verkaufte Enzyklopädien in Oakland. Niemand konnte ihn loswerden. Er hielt lange Reden, er sprang auf und ab, er lachte, er schrie. Einmal waren wir in ein Haus von Wanderarbeitern eingedrungen, die gerade zu einer Beerdigung gehen wollten. Sinah fiel auf die Knie und flehte um die Erlösung der dahingeschiedenen Seele. Alle brachen in Tränen aus. Er verkaufte ein komplettes mehrbändiges Lexikon. Er war der verrückteste Vogel der Welt. Ich möchte wissen, wo er geblieben ist. Wir setzten uns zu den hübschesten jungen Töchtern und befummelten sie in der Küche. Heute Nachmittag war ich mit so ’ner lieben kleinen Hausfrau in ihrer Küche – den Arm um ihre Schulter gelegt, den Kochtopf vorgeführt. Ah! Hmmm! Uaaah!»
    «Weiter so, Dean», sagte ich, «vielleicht wirst du eines Tages Bürgermeister von San Francisco.» Er hatte die ganze Kochtopf-Masche haarklein ausgearbeitet; abends übte er mit Camille und mir.
    Eines Morgens stand er nackt am Fenster und blickte auf ganz San Francisco hinunter, als eben die Sonne aufging. Er sah aus, als würde er eines Tages der Heiden-Bürgermeister von San Francisco werden. Doch seine Energie schlaffte ab. An einem regnerischen Nachmittag kam der Vertreter, um zu sehen, was Dean eigentlich so machte. Dean lag auf der Couch. «Haben Sie versucht, die

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