Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
Vom Netzwerk:
im Raum um, nimmt das Treiben in sich auf, hört, wie ein Halbsatz aus gemeinsamem Gelächter auffliegt, und beschließt, die Schaufeln nicht zu erwähnen. Die Schaufeln sollten in keiner Weise, Art, Gestalt oder Form hier sein. Aber er beschließt, für den Augenblick jedenfalls, kein Wort zu sagen.
    »Wie war das mit den Unruhen dreiundvierzig? Ich versuche mich grade dran zu erinnern, wie das anfing. Die hatten alle Arrestzellen auf allen Revieren voll, so daß sie ein Arsenal aufschließen mußten.«
    »Dreiundvierzig. Da war ich beim Militär, Mann.«
    »Die hatten da blutende Männer, die ihre Beute unter Bewachung wegtrugen. Ha'm sie in das alte Arsenal auf der Park Avenue gesteckt.«
    »Wir hatten unsere eigenen Unruhen«, sagt Antoine.
    Manx geht zum Tresen und holt sich einen Seagram's von Phil – er trinkt seinen Rye gern im kurzen Glas mit nur einem Eiswürfel.
    Phil fragt: »Wie läuft's?«
    »Hab gehört, heute war ein Spiel.«
    »Das war vielleicht was, verdammt noch mal.«
    Manx bringt den Drink zurück an den Tisch, die eine Hand umfaßt wie üblich das Glas, die andere liegt flach unter dem Glas, als wäre es ein polierter Gegenstand in einer Kirche.
    Der Eiswürfel dient vor allem dem Effekt. Antoine sagt: »Was machen die Jungs?«
    »Die Jungs. Die Jungs sind überall und nirgends«, sagt Manx. »Randall irgendwo im Süden, biwakiert, ja, Feldtraining. Und Vernon.«
    »Ich weiß, wo Vernon steckt.«
    »Vernon ist an der Front, da steckt der. Und auf der anderen Seite haben sie eine Viertelmillion Soldaten stehen. Alles Chinesen.«
    »In welcher Division ist er?«
    »In welcher Division.«
    »Die zweite Infanterie ist in Korea«, sagt Antoine. »Ich weiß nicht, in welcher Division.«
    »Bist du über den Krieg nicht auf dem laufenden?«
    »Was trinkst'n da?«
    »Ich bin gern auf dem laufenden über den Krieg. Die planen ihre Strategie.«
    »Die kommen mit Pauken und Trompeten, das ist denen ihre Strategie, alles Chinesen. Da kommt eine Riesenwelle nach der anderen angerollt.«
    »Das hier ist Brandy, alter Freund. Heut abend trink ich Importstoff.«
    »Sitzt da 'n bißchen stark im Glas«, sagt Manx.
    »Bloß im Glas. Geht aber ganz glatt die Gurgel runter.«
    »Eine Riesenwelle nach der anderen. Das ist denen ihre Strategie.«
    »Ab und zu betest du. So läuft das.«
    »Klar, Antoine. Ich knie am Bettrand.«
    »Mit deinen Blagen, das hast du gut gemacht.«
    »Klar, Antoine. Die kümmern sich um mich, wenn ich alt bin.«
    »Hast du was zu arbeiten?«
    »Die kommen mich im Altersheim besuchen. Schieben mir 'ne Flasche durchs Tor.«
    »Hast es gut gemacht, wenn man bedenkt.«
    »Rosie isses. Ein prima Mädchen. Das einzige Kind, das mal Respekt zeigt.«
    »Du brauchst was zu arbeiten. Bringt dich in 'ne andere Stimmung. In letzter Zeit läufst du wie auf rohen Eiern.«
    »Die entlassen. Die stellen keinen ein. Die entlassen.«
    »Du mußt dich mal um Speditionen kümmern, Fernumzüge.«
    »Die bringen mir dann einen Kuchen, wenn ich Geburtstag habe«, sagt Manx.
    »Fernumzüge, da springt was bei raus. Ich hab'n Vetter in Alabama sitzen, in Birmingham, der hat 'ne Menge zu tun, mit Möbeln, Ferntransport und all so was.«
    »Werd dran denken.«
    »Gelb lacht die Süßkartoffel aus Birmingham.«
    »Das setz ich auf die Liste der Dinge, über die ich nachdenken muß.«
    »Und mein Spinat kommt frisch auf jeden Tisch«, sagt Antoine etwas sülzig.
    Manx merkt, er kann sich nicht länger zurückhalten. Aber er schaut Antoine nicht an, sondern quer durch den Raum auf eine dieser Wandlampen, so ne altmodische, an die Wand geklammerte, bei der falsches Kerzenwachs seitlich am Zylinder der Glühbirnenfassung herunterläuft.
    Und er sagt: »Scheiße, Mann, du hast die Schaufeln hier in voller Sicht rumstehen.«
    Antoine hat einen langen, glatten Kopf und einen schmalen Hals, er ist ein Tüftler und Aushecker, Antoine die Schlange genannt, als er noch jünger war, und er beschließt, er muß wohl den Oberkörper zur Wand hinter sich umdrehen, um die fraglichen Objekte zu identifizieren. Ach so, die Dinger, na, ich muß doch nach der weißen Weihnacht den Hof leerschippen können.
    Und wendet sich wieder Manx zu, der schön tief auf seinem Stuhl hängt, damit er vertraulich über den Drink hinweglugen kann.
    »Ich glaub nicht, daß das FBI in den umliegenden Staaten eine Fahndung rausgegeben hat. Was meinst du?«
    »Ich meine, die gehören in dein Auto, wie wir gesagt hatten.«
    »Die Sache ist die, du hast

Weitere Kostenlose Bücher