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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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Zwölf Tassen Eiswürfel. Drei Tassen feingehackte Salami. Zwei Tassen feingehackter Schweizer Käse. Anderthalb Tassen gehackte Sellerie. Anderthalb Tassen gehackte Zwiebel. Zwölf Eßlöffel halbierte reife Oliven.
    Sie erinnerte sich daran, wie sie eines Tages, etwa vor sechs Monaten, nach Hause gekommen war und Eric mit dem Kopf in einer Schüssel ihres Antipasto-Salats angetroffen hatte. Er sagte, er versuche, ihn von innen nach außen zu essen, um eine seiner wissenschaftlichen Theorien zu testen. Diese Erklärung war so verrückt und unbefriedigend, daß sie auf unheimliche Weise wieder glaubhaft wurde. Nur glaubte sie kein Wort. Sie wußte nicht, was sie glauben sollte. War dies eine Form sexueller Neugierde? Tat er so, als wäre die Jell-O-Mousse eine Art ableckbarer weiblicher Körperteil? Und vollzog er gerade einen Akt unnatürlicher oraler Stimulation? Ihm lief die gelierte Plempe über Mund und Zunge. Sie betrachtete ihn. Sie hatte Menschenkenntnis. Erica war ein Mensch, der Kontakt zu Menschen fand. Aber sie mußte Handschuhe anziehen, wenn sie nur mit ihm reden wollte.
    Sie machte sich jetzt in der Küche an die Arbeit, lauschte die ganze Zeit auf die beruhigenden Geräusche ihrer heimkehrenden Männer, Autotüren, die im Laubengang geschlossen wurden, das solide Klacken hochwertiger Einzelteile, die mit Schwung zufielen.
    14. AUGUST 1964
    Der charismatische Schwarze stand vor der Kirche und sprach zu der Menge.
    In der Innenstadt standen die jungen Weißen an Ziegelmauern und geparkte Autos gelehnt, kurzgeschorene junge Männer in Chinos oder Jeans, oder sie hockten auf dem Bordstein, unter ihnen ein paar ältere Männer, die meisten mit einem kleinen, harten, salzigen Grinsen, zusammengekniffenen Augen, und sie musterten die Demonstranten bei ihrem Marsch aus dem Busbahnhof.
    Etwas weiter, jenseits der Backsteinwohnheime und Sportanlagen auf dem Campus, lümmelte sich eine Gruppe schwarzer Männer an ein Auto, das vor einem windschiefen Holzhaus in einer Seitenstraße der Lynch Street geparkt war. Ein Mann mit einem Stock. Ein Mann mit blauen Hosenträgern. Ein Mann mit Halstuch und weißem Hemd und Strohhut. Ein paar jüngere Männer saßen auf den Kotflügeln und redeten mit einer Frau, die auf der Treppe zur vorderen Veranda einen Pfirsich aß.
    Der charismatische Redner sagte: »Sie haben uns gejagt, deshalb sind wir gute Läufer geworden.«
    Die Demonstranten kamen mit Rucksäcken und Schildern in die Stadt. Einige näherten sich dem Campus, während die Sonne tiefer sank. Eine Reihe Polizisten in weißen Hemden stand am Straßenrand, einige rauchten, scheinbar nichtinteressiert an den Demonstranten, die in zwei lockeren Reihen auf die schallende Stimme des Redners zumarschierten.
    Der junge Redner sagte: »Sie haben uns gejagt, bis wir so gute Läufer waren, daß sie uns nicht mehr anzufeuern brauchten.«
    Im Greyhound-Busbahnhof trennte sich eine Gruppe Demonstranten von den anderen und ließ sich auf dem Boden des Wartesaals »Nur für Weiße« nieder.
    Dabei führten gar keine richtigen Stufen auf die Veranda. Vor dem Backsteinfundament lagen nur ein paar lose Hohlblocksteine, und darauf saß die Frau.
    Studenten schlossen sich der Menge vor der Kirche an, hörten dem Redner zu, und ein paar Rowdys verließen Cooper's, wo sie Poolbillard gespielt hatten, und standen rum, die Menge im Blick.
    Männer und Frauen marschierten weiter durch die Straßen der Innenstadt, und die Weißen hockten auf dem Bordstein und beobachteten sie, anscheinend unfähig, ihr Grinsen zu unterdrücken.
    Vier Highway-Polizisten standen vor dem Busbahnhof, lehnten sich auf ihren Streifenwagen und redeten lässig miteinander, die Ärschchen ihrer Dienstwaffen auf den Hüften balancierend, Schnauzen in die Höh.
    Der junge Redner sagte: »Aber ungefähr zu dem Zeitpunkt, als wir olympiareife Läufer wurden, haben einige von uns beschlossen, sich mal hinzusetzen.«
    Die Frau aß ihren Pfirsich auf und behielt den Kern in der Hand, und als einer der Männer auf dem Kotflügel etwas Anzügliches oder Zweideutiges oder Freches sagte, warf sie ihm den Kern mit einer geringschätzigen Geste vor die Füße.
    Jemand stellte das Mikrofon für den Redner ein, und jetzt trug seine Stimme auch, erreichte die Wachmänner, die am Ende einer abgesperrten Straße aus Lkws stiegen.
    Eine schwarze Frau stand im Busbahnhof und schaute zu. Sie war aus dem Norden hergekommen, den ganzen Weg per Bus, und zum richtigen Zeitpunkt im

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