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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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Körper von einer Gemütsruhe durchdringen lassen, dem gemächlichen Genuß, der sich erst nach der eigentlichen Sache einstellt.
    Aus einem Fenster ruft ein Mann einem anderen auf den Stufen zum Haus zu: »Hey Kleiner, hab gehört, sie hat deinen Nachtknüppel krankenhausreif gekriegt.«
    Cotter dreht sich hierhin, schaut dorthin, erfüllt von einer immer vertrauteren Hiesigkeit.
    Er sieht einen Jungen, den er kennt, bleibt aber nicht stehen, um ihm den Ball zu zeigen oder von dem Spiel zu schwärmen.
    Er spürt den Schmerz vom Bein der Sitzbank.
    Er sieht an der Straßenecke einen Redenschwinger am Werk, einen großen Mann in zerlumptem Anzug, die Hosen hat er an den Knöcheln mit Fahrradklammern zusammengesteckt.
    Er spürt, in seinem Kopf ist ein kleiner Dämpfer am Werk.
    Er sieht vier Burschen von einer Bande aus der Gegend, die Alhambras, und er überquert die Straße, um ihnen auszuweichen, dann wieder zurück.
    Er erreicht seine Straße, geht die Eingangsstufen hoch und in die abgestandene Luft des Mietshauses, und er spürt den kleinen Dämpfer des schwächer werdenden Lichts, wie er ihn schon tausendmal verspürt hat.
    Scheiße Mann. Keine Lust, morgen zur Schule zu gehen.
    Russ Hodges steht auf einer Ausrüstungskiste und versucht, die Szene im Clubhaus zu beschreiben, und er weiß, daß er unsinniges Zeug redet, und die Spieler, die für das Gespräch zu ihm auf die Kiste klettern, genauso, sie sprechen alle mit unnatürlichen Stimmen, ermatteten Stimmen, kreatürlichen Nachtschreien. Andere werden von Reportern und Familienmitgliedern und Clubfunktionären gegen ihre Spinde gedrängt und kommen nicht an das Bier und die Drinks ran, die mitten im Zimmer auf einem Tisch stehen. Russ hält das Mikro über seinen Kopf und läßt den Lärm hineinrauschen, dann holt er es wieder runter und sagt noch etwas Unsinniges.
    Thomson geht nach draußen auf die Veranda des Clubhauses, um auf die Sprechchöre mit seinem Namen zu reagieren, und sie sind überall, sie sind auf den Stufen, wo die Stadionpolizei versucht, sie unter Kontrolle zu behalten, und zwischen den vorspringenden Trennwänden bei den billigen Plätzen drängen sich weitere Tausende, viele Arme strecken sich Thomson entgegen – sie zeigen auf ihn oder flehen oder ballen Siegesfäuste oder zeigen, daß sie ihn berühren möchten, Männer in Anzug und Hut da unten, andere, die über der Wand bei den billigen Plätzen hängen, oberhalb von Bobby, und sich nach unten recken, fast über die Kante fallen, einige kommen beinahe an ihn heran.
    Al, der Sendeleiter, sagt: »Prima Leistung heute, Russ, alter Junge.«
    »Wir haben alle was geleistet, schon weil wir hier waren.«
    »Was für ein Gefühl.«
    »Ich würde am liebsten eine Zigarre rauchen, bloß nachher überleb ich's nicht.«
    »Aber dieses Gefühl«, sagt Al.
    »Da haben wir wirklich was aus dem Hut gezaubert. Wir alle miteinander. Scheiße, ist mir eben erst aufgegangen.«
    »Wie kann man sich von einem Spiel nur so fühlen?«
    »Ich muß zurück. Hab meinen Mantel in der Kabine gelassen.«
    »Wir sollten ein Stück gehen, zur Beruhigung.«
    »Wir sollten ein ganzes Stück gehen.«
    »Das ist der einzige Mantel, der dir je gefallen hat«, sagt Al.
    Auf dem Rückweg gehen sie am Clubhaus der Dodgers vorbei, und da ist tatsächlich Branca, das erste, was man sieht, er liegt mit abgewandtem Gesicht ausgestreckt auf einer Treppe mit sechs Stufen, die Füße berühren den Boden. Er trägt immer noch die Spielkleidung, bis auf Hemd und Mütze. Sein Unterhemd ist naß, und den Kopf hat er in den verschränkten Armen auf der obersten Stufe vergraben. Al und Russ sprechen mit ein paar Männern, die noch da sind. Sie reden ruhig und versuchen, Branca nicht anzuschauen. Sie schauen hin, sagen sich aber, daß sie es nicht tun. Neben Branca sitzt ein Trainer in voller Spielkleidung, aber ohne Mütze, und raucht. Er heißt Cookie. Keiner will Cookies Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Al und Russ sprechen ruhig mit noch ein paar Männern, und allesamt versuchen sie, Branca nicht anzuschauen.
    Auf den Stufen zum Clubhaus der Dodgers ist fast niemand mehr. Thomson ist wieder hineingegangen, aber es stehen immer noch Fangrüppchen in der Nähe, die winken und skandieren. Die beiden Männer machen sich auf den Weg übers Außenfeld, und Al zeigt auf die Stelle an der linken Tribüne, wo der Ball eingeschlagen ist.
    »Merk dir die Stelle. Das ist wie der Ort, wo Lee vor Grant kapituliert hat oder so was.«
    Russ

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