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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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sagt: »Was?« Sonst nichts. Ein hartes, scharfes Was.
    Mit offenem Mund steht er da, sein Körper ist zu einer komischen, gefahrenträchtigen Dumpfheit abgeschlafft.
    Er sagt: »Wer zum Teufel bist du überhaupt? Was tust du hier? Kenne ich dich etwa?«
    Cotter schaut zu, amüsiert über den Gesichtsausdruck des Studenten. Der hat gedacht, er gehöre zu einem Team, wir gegen ihn. Jetzt weiß er nicht, wohin mit seinen Augen.
    Bill sagt: »Das ist eine Angelegenheit zwischen meinem Kumpel Cotter und mir. Etwas Persönliches, verstanden? Wir wollen dich hier nicht haben. Du verdirbst uns den Spaß. Und wenn ich mich noch deutlicher ausdrücken muß, dann gibt es eine Familie, die sich heute abend ohne einen ihrer Lieben zu Tisch setzt.«
    Bill geht weiter, Cotter desgleichen. Er dreht sich um und sieht, wie der Student Bill ein paar Schritte weit folgt, unsicher, und dann zurückbleibt und allmählich mit der Straße und der Menschenmenge verschmilzt.
    Bill schaut Cotter an, ein schmales Grinsen. Ein wölfischer Blick ohne jede Spur von Gnade. Er hält seine Anzugjacke umklammert, zusammengerollt und geknüllt, als wollte er gleich damit werfen.
    Mit fortschreitender Dunkelheit wird das Licht auf dem Spielfeld intensiver. Das Gras glüht, es schimmert und verstrahlt Hitze. Leute laufen vorbei, sehen aus, als stünden sie in Flammen, und mit den tastenden Schritten eines Touristen in einem großen Basar bewegt sich Russ Hodges vorwärts, als wollte er sich mit den Händen durch eine Menschenmenge drängen.
    Einige Platzanweiser hieven einen Betrunkenen bei der First Base von der Linie, der Mann zergeht zu einem schlaffen Sack, dann macht er sich los und beginnt, in seinem viel zu großen Regenmantel mit dem langen, schleifenden Gürtel um die Bases zu rennen.
    Russ überquert das Innenfeld, fällt tänzelnd in einen tolpatschigen Dauerlauf, er fühlt sich uralt und fremd und denkt an die Spieler seiner Jugendzeit, die Männer mit Südstaaten-Spitznamen, deren Bemühungen er Tag für Tag in der Zeitung verfolgte, an Eppa Rixey und Hod Eller und den alten Ivy Wingo, und ein albernes Grinsen klebt auf seinem Gesicht, weil er ein einundvierzigjähriger Mann mit hohem Fieber ist, der gerade über ein Spielfeld läuft, um mit einer Meute Sportler in Unterhosen ein Gespräch zu führen.
    Er sagt zu einem, der neben ihm läuft: »Ich glaub es nicht, ich glaub es immer noch nicht.«
    Im Außenfeld sieht er, wie die Fenster vom Clubhaus den Schein der Blitzlichter einfangen, die drinnen ausgelöst werden. Er hört ein schrilles Johlen, dreht sich um und sieht den Betrunkenen im Regenmantel auf die Third Base zuschlittern. Dann merkt er, daß der Mann neben ihm Al Edelstein, sein Sendeleiter, ist.
    Al ruft: »Ist es zu glauben?«
    »Ich glaub's nicht«, sagt Russ.
    Sie schütteln sich im Laufen die Hand.
    Al sagt: »Guck dir mal die Leute an.« Er ruft und fuchtelt mit einer kubanischen Zigarre herum. »Das ist wie ich-weiß-nicht-was.«
    »Wenn du's nicht weißt, weiß ich's auch nicht.«
    »Schone deine Stimme«, sagt Al.
    »Meine Stimme ist tot und begraben. Auf einem Sonnenstrahl gen Himmel gefahren.«
    »Eins ist mal sicher, alter Junge, das sag ich dir: Den heutigen Tag werden wir nie vergessen.«
    »Schön, daß wir uns da einig sind, Kumpel.«
    Die laufenden Männer schütteln sich noch mal die Hand. Inzwischen befinden sie sich weit im Außenfeld, und Russ tun alle Gelenke weh. In den Fenstern des Clubhauses fängt sich das Aufflammen der drinnen platzenden Blitzlichtbirnen.
    Auf den Logenplätzen an der anderen Seite des Spielfelds setzt Edgar seinen Hut eine Spur schief auf. Es ist ein dunkelgrauer Homburg, der das hübsch gesprenkelte Silber seiner Schläfen betont.
    Er hat den Bruegel ordentlich zusammengefaltet in der Tasche stecken, diese Blätter will er zu Hause eingehend studieren.
    Tausende bleiben auf den Tribünen, längst noch nicht bereit zu gehen, sie beobachten die Menschen auf dem Spielfeld, zielloses, geschäftiges Herumwirbeln, vereinzelte Gestalten, die aus größeren Gruppen hervorsprinten. Edgar sieht einen, der im Außenfeld an der Wand hängt. Diese Männer, die sich von den hohen Wänden fallen lassen, hängen gern noch ein bißchen da, bevor sie loslassen. Sie schlagen auf und sacken zusammen und rappeln sich langsam wieder hoch. Doch Edgar findet das reglose Drama des baumelnden Körpers anziehend, den Terror der Hintergedanken.
    Gleason ist jetzt auf den Beinen, der verfressene Jack ist ganz

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