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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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Mütze, wie sie die Priester tragen, und die Scheiß-Massen segnete, und dazu gewöhnliche Straßenklamotten.
    Er ging in den Metzgerladen. Die Glocke über der Tür klimperte, und der Metzger stand über den Hackblock gebeugt, Vetter Joe, und hackte auf Schweinelenden ein.
    Der andere Metzger sagte: »Hey. Wen haben wir denn da.«
    Er sagte es beiläufig, zu niemand im besonderen.
    Vetter Joe schaute auf.
    »Wen haben wir denn da«, sagte er. »Nicky, wie läuft's?«
    Der andere Metzger sagte: »Hey. Er will Nick genannt werden. Weißt du das nicht?«
    »Hey. Ich kenne diesen Burschen, seit er vier Jahre alt war. Ein kleiner, dünner Hahahaken. Seit wann kommst du hierher, Nicky?«
    Nick lächelte. Er wußte, er war ein fester Einrichtungsgegenstand, nichts weiter als die Mauer für ihre Abpraller.
    »Hab ihn mit dem Mädchen gesehen, mit dem er geht, Loretta«, sagte der zweite Metzger.
    »Glaubst du, er darf ran?«
    »Ich weiß es. Brauch bloß in sein Gesicht zu gucken, wenn sie vorbeikommen.«
    »Nicky, erzähl mal. Bring mich in Schwung«, sagte der Metzger. »Weil ich langsam so weit bin, daß ich von andern Leuten hören muß, na ja, was sie halt machen, was ich nicht mehr mache.«
    »Ich glaube, er ist ein Fotzenheld. Schwer im Kommen.«
    »Ohne Scheiß, Nicky?«
    Nicks Laune wurde immer besser.
    »Ich glaube, er geht so doli ran, daß für uns gar nix mehr übrigbleibt«, sagte der zweite Metzger, Antone, kaum sichtbar hinter der Vitrine.
    »Komm, bring mich mal in Schwung, Nicky. Ich steh hier den ganzen Tag. Ich guck sie mir an, wie sie alle vorbeischieben. Dicke Frauen, kleine Frauen, Mädchen von der Roosevelt Avenue, Mädchen von der Aquinas Avenue. Weißt du, was ich mir denke. Und wo ist meine?«
    »Nicky hat deine. Und meine gleich mit.«
    »Würd ich ihm glatt zutrauen.«
    »Und weißt du warum, Joe?«
    »Er macht was, das er nicht machen sollte.«
    »Der hat so 'ne Muschigrinse, wenn er vorbeikommt. Und das kann nur eins bedeuten. Der Knabe schlabbert jeden Tag Dosenfraß.«
    »Sboccato«, sagte der Metzger glücklich, schalt Antone mit diesem tief aus der Kehle gegurgelten Wort. Schandmaul.
    Nick ging zur Tür und machte sie auf, wartete, bis eine Frau vorbei war, und schnippte seine Zigarette in die Gosse.
    »Wer ist besser als er?« sagte Antone.
    »Gehst du zur Schule, Nicky?«
    »Er geht, wenn er geht. Hey. Wer ist besser als er?« sagte Antone. »Ich würd meinen rechten Arm dafür geben.«
    Antone nahm die Tüte aus der Vitrine. Sie enthielt Keulen, Hühnerbrust und frischen Speck. Er reichte sie Nick über die Theke.
    »Wer ist besser als du?« sagte er.
    »Mach's gut«, sagte Vetter Joe.
    »Meinen rechten Arm würd ich geben. Guck dir diesen Burschen an.«
    Die Luft schmeckte nach Blut und Sägemehl.
    »Grüße deine Mutter, ja?«
    »Mach's gut, okay?«
    »Mach's besser«, sagte der Metzger.
    Bronzini lag strahlend in der massiven Badewanne, einem schmiedeeisernen Relikt auf Füßen aus Ballen und Klauen, nur sein Kopf über Wasser.
    Salzkristalle sprudelten um ihn her.
    Seine Frau Klara stand an den Türrahmen gelehnt, ihre Zweijährige ans Bein geklammert, und die Kleine wiederholte Wörter, die Daddy aus den Tiefen von sich gab.
    »Mandarine«, sagte Albert.
    Dies war das Glück, wie es sein sollte, als ein Mensch es sich zum ersten Mal vorstellte, in den Höhlen, in den Lehmhütten der Prärie. Mammele und unsere wunderschöne Bambina. Und seine eigene Mutter, entsetzlich krank, aber immerhin hier, brummelnd, eine starke und tödliche Präsenz im Haus. Und Albert selbst im heißen Bad, zurück von der Jagd, zu seiner Keimzelle zurückgekehrt.
    Er faßte das Treffen mit Pater Paulus zusammen. Eine gebeugte Klara schien mehrere Male etwas sagen zu wollen, so wie ihr Körper sich am Türrahmen entlangschob, langsam ruhelos und skeptisch wurde.
    »Ein beeindruckender Mann. Komm doch nächstes Mal mit. Oder ich lade ihn hierher ein.«
    »Der will nicht hierherkommen.«
    »Doktor der Philosophie in Yale. Magna-cum-laude-Abschluß in heiliger Theologie an irgendeinem Jesuitenzentrum in Europa. Louvain, glaube ich«, und er artikulierte das Wort, als sei die Äußerung ein Privileg. »Lehrstuhlinhaber in Geisteswissenschaften an der Fordham.«
    »Aber er ist nicht bereit, dir mit dem Jungen zu helfen.«
    »Er wird mir helfen. Er wird bei einer Partie dabei sein. Mandarine«, sagte er zu dem Kind und hob die Arme aus dem Wasser.
    Klara hievte das Kind über den runden Rand der Wanne, und

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