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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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eher dankbar sein mußte.
    Er tippte JuJu auf die Schulter. Sie gingen zur Quarry Road rüber, einem Streifen Unkrautbrache, der hauptsächlich von Hundehaltern zum Gassigehen benutzt wurde. Hier wartete der 46er Chevy auf sie, am Fuß der hohen Steinmauer, die das Krankenhaus für unheilbare Fälle umgab.
    Sie waren zu jung, um den Führerschein zu haben, aber das machte nichts, das Auto war sowieso gestohlen.
    Sie hatten es ungefähr vor drei Wochen am Zoo stehen sehen, Schlüssel in der Zündung, bei Einbruch der Dunkelheit, und Nick stieg ein, spontan, ohne Zeit zum Überlegen, und er startete den Motor . JuJu schaute eine Sekunde lang zu, dann stieg er ein. Vito war bei ihnen, die Fledermaus, und er stieg ein. Sie fuhren fast die ganze Nacht herum, und es war immer noch ein Scherz, eine Eskapade, und sie legten für den Sprit zusammen und fuhren noch ein bißchen herum, und dann ließen sie das Auto neben einem leeren Grundstück stehen, Nick nahm die Schlüssel mit, und am nächsten Tag war der Wagen immer noch da. Sie holten sich einen Satz Nummernschilder vom Auto von Vitos Onkel, das über den Winter mehr oder weniger eingemottet war, und tauschten sie gegen die Originalschilder aus und fuhren meistens nachts, weil das Draufgängertum einem verantwortungsvollen Besitzergefühl gewichen war, und sie fuhren nur kurze Strecken, weil ihnen das sicherer erschien, und sie hatten kein Geld, um es für Benzin auszugeben, und außerdem sowieso kein Ziel.
    JuJu warf das Auto an, und sie saßen da und hörten zu, wie es tuckerte.
    »Guck mal, was du mit dieser Matte hier machst«, sagte Nick. »Es sind erst drei Wochen. Du nutzt sie völlig ab. Du schubberst das Gummiprofil mit den Füßen ab. Ihr beide, du und sie. Benutz den Rücksitz, du Vieh.«
    »Der Rücksitz ist zu eng.«
    »Animale.«
    »Hier ist mehr Platz.«
    JuJu und seine Freundin blieben manchmal stundenlang auf dem Beifahrersitz, Gloria, Zungenküsse bis tief in die Nacht, die Hände des jungen Mannes entdeckungslustig, aber ihre unruhigen Füße wurden zum Problem, ihre Füße, die in vergeblicher Leidenschaft scharrten, zerstörten den Belag der Matte.
    »Erklär ihr mal, wenn sie die Beine breitmacht, Gloria, ganz höflich, sag ihr das, dann reduziert das auf lange Sicht den Schaden am Auto. Dann seid ihr nicht so frustriert und müßt es nicht am Mobiliar auslassen.«
    »Am Mobiliar.«
    »Nur wenn sie die Beine breit macht, darf sie sich überhaupt hier breit machen. Sag's ihr ganz lieb und nett. Wir können es uns nämlich nicht leisten, daß die Kleine unser Hab und Gut hier zerstört.«
    JuJu legte den Gang ein und fuhr die zwei Straßen bis zum Billard, geparkt wurde der Wagen abseits der Laternen. Sie stiegen aus, musterten das Auto prüfend und gingen dann über die Straße, die lange Treppe mit den stahlbeschlagenen Stufen hoch und durch die hohe Metalltür in den spärlichen Rauch des großen Raums, wo sich eine einzelne, verschwommene Gestalt über einen Tisch beugte, und im Halbdunkel war das Wirbeln des Spielballs zu sehen.
    Eine Frau klopfte mit einem Penny ans Fenster, und Klara schaute hoch. Die Frau winkte, Missus Sowieso, und Klara lächelte und hastete weiter. Sie erwartete Besuch, und sie war spät dran.
    Sie holte ein paar Sachen im Lebensmittelladen, dann ging sie die Eingangsstufen hoch, und da war Alberts Mutter im Fenster, im hochgekurbelten Bett, sie trug ein weißes Krankenhaushemd und schaute direkt nach draußen, ein christliches Medaillon baumelte ihr auf der Brust, und sie sah ein bißchen aus wie eine Vision oder jemand, der auf eine Vision wartet.
    Klara wollte dieser bemerkenswerten Szene keinen Titel aus irgendeiner Renaissance-Sammlung geben, denn das wäre unfreundlich gewesen. Aber das änderte nichts daran, daß die Frau auf dem Präsentierteller saß.
    An diesem Nachmittag war Mrs Ketchel bei Alberts Mutter. Auf das Kind paßte ein Mädchen aus dem Haus auf, das fähig und vertrauenswürdig war.
    Klara räumte das Zimmer ein bißchen auf, nicht sehr, dann stand sie im Gästezimmer und betrachtete die Zeichnung auf der Staffelei, eine Studie des Zimmers selbst. Sie zeichnete das Zimmer nun schon seit einiger Zeit. Studien von dem Türrahmen, den Leisten an der Wand, dem Gepäck, das sich in einer Ecke stapelte.
    Als Rochelle klingelte, stand sie in der Küche und rauchte.
    »Also, Klara. Da bist du nun.«
    »Guck nicht so genau hin. Ich habe nicht geputzt.«
    »Für alte Freunde putzt man nicht.«
    Sie setzten sich

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