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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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Wasser reichen konnte.
    Nick stand neben einem Tisch, wo eine Partie Rommé lief, aber er beobachtete George beim Billard. Die Sechs über die Bande ins Loch spielen, wunderschöne Position für die Eins, dann ein Massestoß, den sich Nick kaum vorstellen konnte, obwohl er ihn gerade gesehen hatte.
    Einmal, es war ein Jahr her, trat George unerwartet an Nick heran und bat ihn, mit ihm zum Arbeitsamt zu gehen. Er mußte einige Formulare ausfüllen, damit er die nächsten zwanzig Wochen Stütze bekam, und er sagte es nicht geradeheraus, aber Nick begriff, daß er Hilfe beim Lesen und Ausfüllen der Formulare brauchte. Nick begriff auch, daß ein älterer Mann ungern einen Gleichaltrigen um so eine Hilfe bitten würde. Sie gingen aufs Amt und füllten die Formulare aus, und George war es nicht peinlich, und von diesem Tag an hatte er stets ein gutes Wort für Nick übrig, einen Rat, grüß deine Mutter, bleib auf der Schule.
    Jemand sagt: »Was ist das denn, haben wir gerade die Link-deinen-Kumpel-Woche?«
    Mike der Buchmacher stand hinter der Theke, unter dem Fernseher, ein kleiner Mann mit eckigem Kinn, der sich immer einen Tag zu spät rasierte. Der Billardsalon war ein Nebenzweig von Mikes Buchmachergeschäft. Manchmal ließ er Nick und seine Freunde spielen, während das Licht über dem Tisch ausgeschaltet blieb, und das bedeutete, daß sie nicht bezahlen mußten.
    Er fing Nicks Blick auf und hielt den Kopf schief, und als Nick zu ihm kam, sagte er etwas.
    »Was?«
    »Es heißt schwerer Diebstahl. Den Ausdruck schon mal gehört?«
    »Was soll das heißen?«
    Mike beugte sich über die Theke, sprach leise.
    »Denkst du, das spricht sich nicht rum? Was ist los mit dir? Ich dachte, du wärst clever. Von dem Esel da drüben JuJu, hab ich nichts andres erwartet. Bei dir überrascht es mich.«
    »Mike, der Wagen ist ein Schrotthaufen. Ich glaub ehrlich nicht, daß der Typ den noch weiter fahren wollte. Er hat die Schlüssel steckenlassen, damit ihn jemand nehmen konnte. Das ist die Sorte Auto, die du in den Wald bringst und abknallst. Wir haben ihm den Ärger erspart.«
    »Du wirst ja sehen, wie witzig das ist, wenn sie dich einbuchten. Ich seh deine Mutter schon vor mir, Nicky.«
    Der Hund kam rüber und schnüffelte an Nicks Schuhen, ein Mischling, ein Streuner, den Mike der Buchmacher eines Tages reingeholt hatte. Irgendwer nannte das Vieh Mike den Kläffer.
    »Na gut. Mal schauen, was wir machen.«
    »Wegschaffen. Das macht ihr.«
    »Ich werd's nicht mehr brauchen. Ich besorge mir nen Job. Ich kann mir 'n Taxi nehmen, so oft ich will.«
    »Schlaumeier. Wie dein Vater.«
    Nicky wußte nicht recht, ob er das hören wollte.
    »Dein Vater stand gern mit dem Rücken an der Wand und hat sich dann wieder rausgewunden. Immer Rücken an der Wand. Nicht daß ich ihn so gut gekannt hätte. Wir waren in derselben Branche, aber er war in der Innenstadt und ich hier oben, und er ist sowieso immer auf Distanz geblieben, dein Alter. Als wäre er woanders, selbst wenn er neben einem stand.«
    »Ich kümmer mich drum.«
    »Sieh mal zu, was ihr macht.«
    »Ich bin ganz nah dran, einen Job zu kriegen. Mein Gaunerleben ist vorbei, Mike.«
    Sie spielten jetzt auch an zwei anderen Tischen Pool, und als JuJu an einem dritten Tisch die Kugeln zum Dreieck anordnete, ging Nick auf eine Partie rüber.
    Er sagte: »Mike weiß Bescheid.«
    »Was? Er weiß Bescheid?«
    »Ich glaube, alle wissen Bescheid. Wie sollen sie's auch nicht wissen? Der dämliche Köter weiß Bescheid.«
    »Dann haben wir ein Scheißpech«, sagte JuJu. »Wir stecken einfach den Schlüssel ins Schloß und gehen weg.«
    »Gute Idee. Gib mir den Schlüssel, ich mach's«, sagte Nick.
    Mitten im Spiel ging er zum Telefon an der hinteren Wand und rief Loretta an. George der Kellner sah ihn und hob zum Gruß das Queue, und Nick tippte an einen imaginären Hut.
    »Loretta. Was machst du so?«
    »Probier grad die Schuhe an, die ich mir gekauft habe.«
    »Die Schuhe.«
    »Die ich mir gekauft habe. Du warst dabei.«
    »Das war vor drei Tagen.«
    »Und ich probier sie immer noch an. Na und?«
    »Bist du allein?«
    »Meine Mutter ist da.«
    »Du bist nicht allein?«
    »Meine Mutter ist da.«
    »Gerade jetzt da?«
    »Sie wohnt hier. Das ist ihre Wohnung. Sie darf das.«
    »Ich dachte ja bloß, wenn du allein wärst.«
    »Meine Mutter ist da.«
    »Könnte ich rüberkommen.«
    »Sie ist immer noch da. Sie war da, als du vorhin gefragt hast, und sie ist jetzt immer noch da.«
    »Dann komm

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