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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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doch zum Auto. Ich hab gegenüber von Mike geparkt.«
    »Zum Auto? Jetzt soll ich mich mit dir treffen?«
    »Wir fahren irgendwohin.«
    »Was soll ich denn sagen? Ma, ich hol mal eben Milch.«
    »Morgen ist frei. Du brauchst nicht aufzustehen, keine Schule.«
    »Ich muß aufstehen, der Truthahn. Zu uns kommen zweiundzwanzig Leute. Ich bin um halb sieben auf. Vielleicht wenn sie alle weg sind. Morgen abend.«
    »Zieh deine Schuhe an«, sagte er.
    Er ging rüber und schaute George zu, der den Tisch beherrschte. George hatte ein mehliges Gesicht und hohle Augen, und während er mit Nick redete, folgten seine Augen dem Kurs des Spielballs.
    »Was soll das, du gehst nicht mehr zur Schule?«
    »Nicht mehr, nicht mehr. Zeitverschwendung, findest du nicht?«
    »Bleib auf der Schule.«
    »Bleib auf der Schule. Okay, George.«
    »Arbeitest du?«
    »Ich hab was, das kann ich auf Teilzeit machen.«
    »Was?«
    »In einem Eiskrem-Kühlhaus. Ein- und auspacken.«
    »Und die Gewerkschaft?«
    »Was für ne Gewerkschaft? Die Gewerkschaft will, daß Eiskrempacker immer zwanzig Minuten im Kühlhaus und zwanzig Minuten draußen arbeiten. Damit sie sich nicht den Pimmel abfrieren. Deshalb heuert die Firma Idioten wie mich an.«
    George versenkte elegant die Vier, wobei er das Queue beinah in die Decke trieb. Es war interessant zu sehen, wie ein verklemmter Typ wie George am Billardtisch zum Showmaster wurde.
    »Du willst Geld in der Tasche haben.«
    »Stimmt genau.«
    »Und du denkst nicht darüber nach, ob die Sache in Ordnung ist oder nicht oder ob du deine eigene Gesundheit in Gefahr bringst.«
    »Stimmt genau.«
    »Aber sie werden dir 'nen Arschgeigenlohn zahlen. Was zahlen sie dir?«
    »'nen Arschgeigenlohn.«
    »Und sie werden dich gefährlich lange ins Kühlhaus schicken. Ich werd mal mit einem Typen reden, den ich kenne. Vielleicht kann ich dir was Besseres besorgen. Du mußt schuften wie ein Ochse, aber Handschuhe brauchste nicht anziehen.«
    Vito die Fledermaus hatte Nicks Platz am anderen Tisch übernommen. Nick ging hin und schaute zu, rauchte, sagte ihnen, wenn sie was falsch machten.
    »Alle wissen Bescheid«, sagte er.
    »Dann lassen wir es einfach stehen«, sagte Vito. »Wir gehen gar nicht mehr dran. Ich mache ganz spät heut nacht noch die Nummernschilder von meinem Onkel ab. Wenn die ein Auto ohne Nummernschild sehen, schleppen sie es ab. Tschüs und weg damit.«
    »Du wirst nie eine abkriegen, Vito. Ihr beide. Dieses Auto ist eure einzige Hoffnung.«
    »Lieber als Heiliger im Sarg als mit zehntausend tizzoons im Knast.«
    »Gib mir den Schlüssel. Hab ich schon zu JuJu gesagt. Gib mir den Schlüssel, ich kümmer mich um alles.«
    »Gib mir die Nummernschilder von Onkel Tommy, dann geb ich dir vielleicht den Schlüssel.«
    »Nimm doch deine Scheißschilder. Ich nehm den Schlüssel.«
    »Einen cazzo nimmst du. Und sonst gar nichts.«
    »Aber 'n steifen. Gib mir den Schlüssel.«
    »Einen cazzo. Kapiert?«
    »Siehst du den Stock? Den Stock, den du in der Hand hast. Den Stock, den du in der Hand hast.«
    »Ich sag doch bloß, Nicky.«
    »Fotzenschleck. Gib mir den Schlüssel.«
    Er redete mit Vito, obwohl er wußte, daß JuJu den Schlüssel hatte. Er wollte JuJu nicht in eine Lage bringen, in der er Stolz oder Ansehen verlor. Aber Vito mit der dicken Brille und den dicken Lippen, Fischlippen – diesen feuchten Lippen, die er dauernd leckte.
    »Wenn ich den Schlüssel nicht kriege, weißt du, was dann mit dem Stock passiert? Mit dem Stock, den du in der Hand hast, einmal darfst du raten, wo der dann landet.«
    George der Kellner zahlte und ging, und kurz darauf kamen die Kartenspieler rein, zwinkerten in dem Rauch, die Pokerspieler mit hohem Einsatz, sie spielten bis vier, fünf Uhr morgens, ihre Chips lagen aufgehäuft in einem Topf, und ein Bursche namens Walls saß an der Tür.
    Walls hatte eine 38er, hieß es, die er irgendwo an der Hüfte trug. Vier von den Spielern waren da und standen an der Theke, wo sie mit Mike redeten, und etwas später kamen noch zwei Spieler, und das Licht über den Tischen ging aus, und die Billardspieler trollten sich langsam.
    Einer kräht mit hellem Tenor: »Bluer than velvet was the night.«
    Walls saß an der Tür, er war anders als die anderen, schmales Gesicht und langes Kinn, kurzgeschnittenes Haar, und Nick beobachtete ihn von der Theke aus, und Walls fing den Blick auf und hob leicht die Augenbrauen. Mit anderen Worten, Willst du mir irgendwas mitteilen?
    Nick grinste und zuckte die

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