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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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auf, sammelten ihre heruntergefallenen Bücher ein und rutschten ein bißchen wie arme Sünder auf ihre Stühle, Schwester Edgar immer im Blick, um festzustellen, wie absolut töricht sie sich jetzt fühlen sollten.
    Keinen Satz mit Und beginnen, niemals Dativ und Genitiv verwechseln.
    Schwester Edgar war mit der Leistung nicht zufrieden. Sie beugte sich über ihr Pult, die Hände so fest um die Holzplatte gekrallt, daß sie sehen konnten, wie das Blut aus ihren Knöcheln wich.
    Sie warteten auf ihren Befehl, es noch mal zu machen.

[Menü]
5
    » H ey Bobby.«
    »Ich hab hier zu tun.«
    »Hey Bobby.«
    »Ich hab hier zu tun.«
    »Hey Bobby. Wir wollen dir was sagen.«
    »Hab euch doch gesagt, ich hab zu tun, ja.«
    »JuJu will dir was sagen. Hey Bobby. Hör mal.«
    »Haut ab, okay?«
    »Hey Bobby.«
    »Verpißt euch.«
    »Hey Bobby.«
    »Seht ihr nicht, ich arbeite hier?«
    »Hey Bobby. JuJu will dir nur eins sagen.«
    »Was.«
    »Hey Bobby.«
    »Okay. Was.«
    »Nur eins.«
    »Okay. Was.«
    »Scheiß dir in die Hand und drück zu«, sagte Nick.
    Sie wußte nicht, wie sie es nennen sollte, eine Heiterkeit, eine Anwandlung, irgend etwas mit Veränderung drin, Baumblüte oder duftender Regen, und sie stand auf den Stufen vor ihrem Haus und sah einem Mann auf der anderen Straßenseite zu, der Rost von seiner Feuerleiter kratzte, oben im dritten Stock.
    Ein Laster hielt vor dem Lebensmittelladen zwei Häuser weiter. Der Sohn des Lebensmittelhändlers kam heraus, schloß die Luke im Bürgersteig auf und hob die beiden Falltüren hoch. Die Männer luden Limonadenkisten aus und brachten sie auf einem Handwagen in den Laden, der ältere Mann, oder trugen sie an den Handgriffen, der jüngere, über die Lukentreppe in den Lagerkeller.
    Klara steckte sich eine Zigarette an und dachte daran, nach gegenüber zu gehen, um das Kind abzuholen, auf das heute die Frau des Schneiders aufpaßte, es war nämlich Mittwoch, und außerdem wurde es bald Zeit.
    Der jüngere Mann schlenderte zu ihrer Eingangstreppe, als er das dritte oder vierte Mal in den Keller unterwegs war.
    »Ob Sie mir wohl einen Zug von dieser Zigarette aufheben könnten?«
    Sie starrte ihn an und ließ die Frage auf sich wirken. »Frag ja höchst ungern«, sagte er.
    Sie starrte ihn an, ließ das feuchte Hemd auf sich wirken und die abgetragene Latzhose, die Art, wie er die Kiste auf Bauchhöhe hielt, mit geäderten Unterarmen unter den hochgekrempelten Ärmeln.
    »Ein Zug«, sagte er, »könnte den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.«
    Sie sagte: »In welche Richtung?«
    Er lächelte und sah weg. Dann schaute er sie an und sagte: »Kommt es drauf an, wenn man unbedingt eine rauchen muß?«
    Sie streckte die Hand aus und bot ihm die Zigarette an, aber er setzte den Limokasten nicht ab, um die Zigarette zu nehmen. Statt dessen kam er zwei Stufen auf sie zu und schaute ihr ins Gesicht, und das hieß, sie mußte ihm die Zigarette zwischen die Lippen stecken oder das Angebot zurückziehen.
    Zunächst mal tat sie keins von beidem. Sie nahm selber einen Zug und sagte: »Hast du keine Angst, daß du Wachstumsstörungen davon kriegst?«
    Sechs Tage später, oder sieben, kam sie aus ihrer Wohnung und schloß die Tür ab. Da war jemand auf der Eingangstreppe und
    starrte durch die Diele herein. Sie wußte genau, wer das war und warum er hier war, und sie machte eine Bewegung, entweder ein Achselzucken oder eine Aufforderung. Dann steckte sie den Schlüssel in die Tür, die sie gerade abgeschlossen hatte, und schloß auf.
    Er folgte ihr ins Gästezimmer, und als sie sich umdrehte, stand er direkt vor ihr. Er war ziemlich groß und hob sie hoch und preßte sie an die Wand. Sie kickte ihre Schuhe weg und packte ihn an den Haaren, eine Handvoll, und riß sein Gesicht von ihrem weg, damit sie ihn ansehen konnte.
    Als sie fast nackt waren, standen sie voreinander und betrachteten sich. Es gab kein Bett oder Sofa, und sie berührten sich kaum, seine Hand auf ihrem Oberarm, die sie wegstieß. Die ganze Zeit wartete sie darauf, sich verrückt zu fühlen, aber vergeblich. Er legte die Hand auf ihren Oberarm, und sie schubste sie weg. Er zuckte die Achseln und lachte, nach dem Motto, Was ist denn hier los. Sie legte die Hand auf seine Brust. Sie berührte ihn, und er hörte auf zu lachen.
    Sie sagte: »Bist du ein Junge, den ich kennen sollte? Wer bist du? Nicht daß es mich irgendwie interessierte.«
    Er war ziemlich dunkel und gut gebaut, und er schob sie wieder an die Wand. Sie

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