Unterwirf dich
sich eigentlich weigern müssen, ihn dir zu zeigen. Er sagte jedoch, er habe geglaubt, ich dürfe ihn schreiben, weil der Vertrag noch nicht unterschrieben war und du noch in meinem Besitz warst. Aber ich glaube, in erster Linie hat er ihn an dich und dann an Mr. Constant weitergegeben, um dir und mir Schwierigkeiten zu machen.
Dabei hätte ich ihn überhaupt nicht schreiben dürfen, und der Vorstand der Auktionsgesellschaft rügte mich dafür. Ich bekam einen Anruf von Brewer, meinem Anwalt. Nicht von seiner Sekretärin, sondern von ihm persönlich. Er vereinbarte einen Termin zum Mittagessen mit mir, um darüber zu sprechen. »Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht?«, fragte er. Und als ich eine Entschuldigung stammelte – ich hätte mich ein wenig von meinen Emotionen leiten lassen –, klang seine Stimme ernst.
»Aufgrund dieses Briefes könnten Sie aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden«, sagte er. »Wie lange sind Sie dort Mitglied?«
»Fünfzehn Jahre«, erwiderte ich. »Oder länger.«
»Nun, dann sollten Sie es wirklich besser wissen«, grollte er. »Ich sende Ihnen Kopien der relevanten Klauseln in den Statuten, damit Sie selbst sehen können, wie weit Sie übers Ziel hinausgeschossen sind.«
Wer liest diese Formulierungen? Ich hatte sie mir jedenfalls nie angeschaut. Aber das hatte ich auch nie gebraucht, weil ich immer ein guter, braver Bürger der Gesellschaft gewesen war. Und man brauchte nur seinen gesunden Menschenverstand, gute Manieren und Sensibilität einzusetzen, um die Grenzen einzuhalten, die ich so gedankenlos überschritten hatte. Die Statuten hätten nicht klarer sein können. Man durfte einem Sklaven gegenüber keine Liebe oder Freundschaft ausdrücken, man durfte weder seine eigenen Emotionen äußern noch etwas als Anfrage formulieren. Am schlimmsten war wahrscheinlich, dass ich dich aufgefordert habe, mich in einem Jahr zu treffen. Ich weiß nicht mehr genau, welche Klausel ich damit verletzt hatte, aber ich wusste, dass Constant Recht gehabt hatte, gegen mich vorzugehen, denn ich wollte definitiv, dass du an mich denkst, obwohl er für seine Zeit bezahlt hatte.
Dabei war Constant noch anständig gewesen, berichtete Brewer mir beim Essen. Als er dich kaufte, hatte er ja gewusst, wie schlecht du trainiert warst – das machte ihm nichts aus, und deshalb hatte er dich auch preiswert bekommen. Er liebte einen guten Handel und verließ sich auf seinen Trainer, um dich irgendwie in Form zu bringen. Deshalb war mein dämlicher Brief nur die Bestätigung dessen, was er bereits vermutet hatte. »Aber«, hieß es in seinem Brief an Brewer, »während es mir nichts ausmacht, ab und zu einmal die Regeln zu übertreten, sind die meisten Ihrer Mitglieder sicher nicht so nachlässig. Deshalb rate ich Ihnen, Mr. Keller einen Verweis zu erteilen und dafür zu sorgen, dass Ihre Verfahren von jetzt an reibungslos und ohne Tadel verlaufen.«
»Wir könnten Sie einfach ausschließen«, sagte Brewer zu mir, »wenn Sie nicht schon so lange Mitglied wären. Und dann ist da noch Ihre Freundschaft mit Miss Clarke.«
Kate. Oh, Scheiße, Jon, dachte ich.
»Weiß sie es?«, fragte ich.
Er runzelte die Stirn und würdigte mich keiner Antwort. Sein Gesichtsausdruck sagte mir jedoch, dass er selbstverständlich nicht mit ihr darüber gesprochen hatte. Das würde er indezent und peinlich finden. Aber sie wusste es natürlich. Wem wollte ich denn etwas vormachen?
»Kommen Sie morgen früh um zehn in die Kanzlei«, sagte er. »Ich setze einige Papiere auf, und Sie unterschreiben sie. Sie müssen auch eine Strafe bezahlen. Und Sie werden diszipliniert.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. Ich war es nicht gewohnt, von einem Mann, der letztlich nur ein Angestellter war, den ich dafür bezahlte, meine Angelegenheiten in Ordnung zu halten, herumgeschubst zu werden. Er konnte das doch unmöglich ernst meinen, oder?
Er nickte, sein verwittertes Gesicht in grimmige Falten verzogen. »Seien Sie pünktlich, Junge«, sagte er. »Und«, er blickte missbilligend auf das T-Shirt, das ich unter dem Jackett trug, »tragen Sie eine Krawatte.«
»Ja, Sir«, sagte ich.
Nun, ich hoffte, dass die Krawatte konservativ genug war für ihn – blaue und olivenfarbene Diagonalstreifen. Marineblauer Blazer, graue Hose. Ich fasste es kaum, dass ich mich so sorgfältig anzog – und so glatt rasierte. Innerlich war ich aufgewühlt.
Ich kam etwa zwei Minuten zu spät in sein Büro. Eigentlich hatte ich früher da sein wollen,
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