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Unterwirf dich

Unterwirf dich

Titel: Unterwirf dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Molly Weatherfield
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auflösen. In dir ertrinken.
    Aber du ertrinkst nicht wirklich. Nach einer Weile tauchst du wieder auf. Er zog mich hoch, half mir beim Schwimmen, und Wörter, Sätze stiegen in mir auf, und ich wollte mehr, mehr von ihm, seinen Händen und seinem Mund. Weiter, drängte ich und leitete ihn an. Er lachte über meine Unersättlichkeit und jagte mich über Ebenen, ließ mich Hügel erklimmen, und die Dämmerung wurde immer tiefer, während wir uns gegenseitig erschöpften. Wir schliefen ein. Als wir erwachten, war es stockdunkel. Zehn Uhr – zu spät für ein Abendessen in einem Restaurant. »Aber ich bin am Verhungern«, jammerte ich, und so gingen wir hinaus und suchten ein Café, in dem wir noch einen Salat, ein Cassoulet oder etwas Ähnliches bekamen.
    Beim Kaffee, als wir Hand in Hand an unserem kleinen Tisch in dem vollen Caféhaus saßen, fragte ich mich, wie ich diesen Moment verlängern konnte. Denn aus dem glücklichen Nebel, der uns an diesem langen, verregneten Nachmittag umgeben hatte, tauchten bestimmte Details auf, wie Inseln im Meer der Erinnerung. Die Dinge würden sich ändern, das wusste ich. Bald schon. Sie veränderten sich bereits, und ich konnte nicht verhindern, dass der Nebel sich auflöste und die neue Landschaft frei gab. Ich blickte Jonathan an, flehte im Stillen, er solle mir helfen, den Moment festzuhalten, aber er schüttelte den Kopf. Verdammt, dachte ich, immer will er, dass sich alles weiterentwickelt. Er ist bereit, aber ich nicht. Er küsste meine Finger und glitt mit den Lippen über meine Knöchel. Sein Blick war mitleidig, ironisch. Er wird noch eine Weile Geduld haben, dachte ich. Wenn ich Glück habe, vielleicht bis morgen.
    Woher war diese Stimmungsänderung gekommen? Vielleicht hatte es an den Klapsen gelegen, die er mir auf den Hintern gegeben hatte. Nicht dass sie wehgetan hätten, aber sie hallten in meiner Erinnerung nach. Plötzlich überfielen mich Bilder – seine Hand, die den Rohrstock hielt, während ich mich schluchzend unter ihm wand. Die Knochen an seinem Handgelenk, die Spannung der Muskeln in seinem Unterarm, die Hitze in seinen Augen. Hatte ich Entsetzen oder ungeduldiges Verlangen empfunden? Verging die Zeit zu schnell oder zu langsam?
    Langsam, dachte ich. Noch geht es nicht um Schmerzen. Irgendwann wird es so sein, kein Zweifel. Aber zuerst müssen andere Dinge geklärt werden. Diese Klapse waren schließlich keine Bestrafung, sondern Kommunikation: einfache Syntax im Slang von Dominanz und Unterwerfung. Wie das Fingerschnipsen. Es ist ein Weckruf, ein Warnsignal, dass wir uns nicht mehr durch das Ritual von Verführung, Flirt und Verhandlung verständigen.
    Aber es war gefährlich, so zu denken. Wenn man es überhaupt als Denken bezeichnen konnte. Ich achtete bereits zu sehr auf seine Signale und seine Befehle an meinen nassen, offenen, bebenden, primitiven Körper.
    Er schüttelte den Kopf. »Du bist mir eine«, sagte er lächelnd. Dann blickte er sich um und fügte hinzu: »Ich glaube, sie möchten schließen.« Er winkte nach der Rechnung, und ich versuchte, mich zu sammeln, um wieder in der realen Zeit anzukommen. Die Frau des Cafébesitzers gähnte und polierte mit geröteten Händen die Espressomaschine.
    Beeil dich, es ist Zeit. Zeit, die alten Geschichten wegzulegen und beängstigende, schwierige, neue Geschichten zu erfinden. Beeil dich, denn morgen wird er nicht mehr bitte sagen.
    Schweigend gingen wir durch die dunklen, nassen Straßen zum Hotel zurück. Vereinzelt konnte man Sterne sehen, ansonsten war der Himmel wolkenverhangen.
    »Es ist schon spät«, sagte er, als wir unser Zimmer betraten. Er zog sein Jackett aus und hängte es in den Schrank.
    Ich nickte, zog mich aus und ließ meine Sachen achtlos auf dem Fußboden liegen.
    Wir gingen ins Bett, er schaltete das Licht aus.
    Ich schaltete es wieder an. »Noch nicht«, sagte ich. »Noch eine Geschichte heute.«
    Er zog eine Augenbraue hoch, als ich mich aufsetzte.
    »Okay, Jonathan«, sagte ich fordernd und selbstbewusst. »Eine Geschichte über dich.« Am Ende jedoch wankte meine Stimme, wie bei einem Jungen, der im Stimmbruch ist. »Und keine über Kate.«
    Jonathan erzählt eine Geschichte, in der es (meistens) nicht um Kate geht.
    Dieser Brief, den ich dir geschrieben habe – ich hatte ihn Stefan gegeben, damit er ihn an dich weiterleitet –, brachte mich in Schwierigkeiten. Es war einfach inakzeptabel, so etwas in dem Parallel-Universum der Auktionsgesellschaft zu tun. Stefan hätte

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