Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
Vom Netzwerk:
nächsten fahr zu bezahlen hätten, könnten sie es sich nicht leisten, stundenlang auf ihr Essen zu warten.
    Sobald sie aus der Küche gerauscht war, platzte Julian los: »Also, entschuldige, aber du kannst mich mal!«
    »Herzlich willkommen beim Partyservice«, sagte ich und hievte ein Tablett hoch. »Man meint immer, es gehe nur ums Kochen, aber das ist nie der Fall.«
    Wir servierten die Manicotti und ernteten ein paar wi ­ derwillig gewährte Komplimente. Es tat mir entsetzlich leid für Julian, zumal sie nach meinem Dafürhalten so gut ge ­ raten waren, dass einem das Wasser im Munde zusammen ­ lief. Aber was konnte man schon e r warten, wenn die Red ­ skins die Broncos haushoch schlugen? Es gab heftige und besserwisserische Diskussionen, warum das geschah: Der Trainer hatte die Aufstellung geändert, Elway hatte Angst um seine Schulter, ein Verteidiger hatte eine Vaterschafts ­ klage am Hals. Als Washington mit drei Touchdowns ge ­ wann, fürchtete ich schon um unser Trinkgeld. Doch Hank Dawson händigte mir widerstrebend zwanzig Dollar aus, als wir die letzten Kisten im Wagen verstauten.
    Er lamentierte: »Als Greer in den Volleyball-Endspielen zur Landesmeisterschaft war, wollten wir einen Gourmet- Picknickkorb mitnehmen. Aber Caroline hat nein gesagt, wir müssten Schinke n brote mitnehmen, wie wir es immer tun, oder es würde uns Unglück bringen!«
    »Ach je«, meinte ich mitfühlend. Ich begriff den Zusam ­ menhang mit den Manicotti nicht ganz.
    »Jedenfalls«, fuhr er finster fort, »hätten Sie das gleiche Essen machen sollen wie letzte Woche. Das hätte mehr Glück gebracht.«
    Immer ist der Partyservice schuld.
    »Glück?« meckerte Julian auf der Heim ­ fahrt. »Glück durch Essen? Was für ein Blödsinn.«
    »Ich sage dir immer wieder, die Leute es ­ sen aus den unte r schiedlichsten Grün ­ den. Wenn sie glauben, sie gewinnen den Super Bowl, wenn sie Würstchen essen, dann hol dein Bratwurstrezept heraus, und bring deine Wurstmaschine auf Touren. Auf Dauer zahlt es sich aus, Jungchen.«
    Nachdem wir ausgepackt hatten, verkündete er, er wolle sich an seine Bewerbungsunterlagen fürs College setzen. Über die Schulter rief er zurück, alles sei besser als der Ge ­ danke an Schwein e innereien. Ich lachte zum ersten Mal seit zwei Tagen.
    John Richard setzte Arch am Spätnachmittag vor der Haustür ab, ihr Skiwochenende zu Halloween war zu Ende. Da stand er, der starke, athletische Vater, und rührte kei ­ nen Finger, um seinem kleinen, zwölfjährigen Sohn mit Skiern, Skistiefeln, Skistöcken, Nachtfeldstecher und Rei ­ setasche zu helfen. Sollte ich mich mit ihm anlegen, weil er Arch zwang, sich mit all seinem Gepäck den Bürgersteig hinaufzukämpfen? Lass es! Schließlich war er der Kotz ­ brocken. Und wenn ich auch nur ein Wort sagte, würde die ganze Nachbarschaft wieder einmal feststellen, warum wir uns eigentlich hatten scheiden lassen.
    Ich ging vorsichtig die Stufen hinunter, die Julian mor ­ gens großzügig mit Salz bestreut hatte, nahm Arch die Skier und die Stiefel ab und stellte verärgert fest, dass sein Gesicht von einem Sonnenbrand schweinchenrosa leuchtete und nur die Haut um die Augen durch die Schutzbrille eierscha ­ lenweiß geblieben war. Der Waschbäreffekt, der dadurch entstand, ließ für Montagmorgen nichts Gutes ahnen. Dann fiel mir auf, dass die Skier, die ich ihm abgenommen hatte, brandneue Rossignol-Skier mit prunkvollen Marker-Bindungen waren.
    »Was ist los?« fragte ich.
    Arch hielt die Augen gesenkt, während er seine Reiseta ­ sche die Treppe hinaufschleppte. »Papa hat den Sonnen ­ schutz vergessen«, murmelte er.
    »Und als Entschädigung hat er dir neue Skier gekauft?« fragte ich ungläubig.
    »Ich glaub’ schon.«
    Sein Ton war ebenso niedergeschlagen wie seine Stimme. Mit einem Schlag fiel mir ein, dass ich ihn nicht einmal be ­ grüßt hatte und ihm auch noch nichts von den tragischen Ereignissen des Wochenendes erzählt hatte. Ach, der Him ­ mel verschone mich mit John Richard und seinen ver ­ schwenderischen Versuchen, sich mit Bestechungen von seinen Fehlern loszukaufen. Die Tatsache, dass ich mir sol ­ che luxuriösen Kinkerlitzchen nicht einmal annähernd lei ­ sten konnte, machte den Umgang damit nicht einfacher. Gar nicht zu reden von den Lehren, die Arch aus einem sol ­ chen Ve r halten zog.
    »Ich schäme mich zu Tode, wenn ich so, wie ich aussehe, morgen in die Schule muss«, sagte mein Sohn mit spröder Stimme. »Ich sehe

Weitere Kostenlose Bücher