Untitled
aus wie ein roter Riese.«
»Ein …«
»Ach, lass’ nur, das ist eine Art Stern. Riesig und hässlich und rot.«
»Ach, Arch..«
»Sag jetzt bitte nichts, Mama. Kein Wort.«
»Du kannst morgen zu Hause bleiben«, sagte ich ihm und nahm ihn kurz in den Arm. »Die Polizei bewacht das Haus, wenn ich also weg muss, hast du Schutz.«
»Prima! Cool! Kann ich Todd einladen, die Wachposten zu b e obachten?«
Wenn man ihnen den kleinen Finger reicht …
»Du kannst ihn zum Abendessen einladen«, antwortete ich. Damit hatte ich wenigstens etwas mehr Zeit, eine Über leitung zu dem Mord an Miss Ferrell zu finden. Ich hegte die Hoffnung, dass Todd, der die siebte Klasse der städti schen High School besuchte, von der jüngsten Schreckens meldung aus der Elk-Park-Schule noch nichts gehört hatte.
Julian, der über seiner Collegebewerbung eingeschlafen war, stand in der Küche und trank eine Cola, als Arch her eintrottete, um ihn zu begrüßen. Es war Julian hoch anzu rechnen, dass er sich beim Anblick von Archs scheckigem Gesicht außer einer überrascht g e hobenen Augenbraue nichts anmerken ließ. Beim Abendessen – Fettuccine mit reichlichen Portionen der restlichen Tomatensoße – er götzte Arch Todd, Julian und mich mit Geschichten, wie er einen Meter achtzig abgehoben hatte und durch die Luft geflogen war und durch ein absolut grässliches Bonzenfeld gebrettert war, bevor er auf diesen Burschen aus Texas donnerte. Der Texaner hatte es vermutlich überlebt.
Als Arch zu Bett ging, erzählte ich ihm von Miss Ferrells Tod. Am nächsten Tag sollten Berater in die Schule kom men, sagte ich ihm. Wenn er also keine allzu großen Be denken wegen seines Sonnenbrandes habe … Arch sagte, Miss Ferrell sei nicht seine Lehrerin gewesen, aber sie sei so nett gewesen … Ob es derselbe gewesen sei, der Keith er schlagen habe, fragte er. Ich sagte ihm, ich wisse es nicht. Nach einem Weilchen fragte Arch, ob wir für die beiden beten könnten.
»Nicht laut«, sagte er und wandte sich von mir ab.
»Nicht laut«, stimmte ich zu, und nachdem wir fünf Mi nuten still gebetet hatten, machte ich das Licht aus und ging hinunter.
In der Nacht kam Sturm auf. Kiefernzweige fegten und schlugen gegen das Haus, und durch alle Ritzen zog es kalt herein. Ich stand auf, um mir noch eine Decke zu holen. Der Streifenwagen vor unserer Einfahrt hätte mir die Ge währ für einen ruhigen Schlaf bieten sollen, aber das war nicht der Fall. Um Mitternacht, um halb drei und um vier schlich ich durchs Haus. Jedes Mal sah ich nach den Jun gen, die tief und fest schliefen, obwohl Arch lange aufge blieben war, um jede Bewegung im Streifenwagen durch sein Fer n glas zu verfolgen. Gegen fünf sank ich schließlich in tiefen Schlaf, wurde aber schon eine Stunde später ab rupt geweckt, als das Tel e fon klingelte.
»Goldy.« Audrey Coopersmith klang panisch. »Ich muss mit dir reden. Ich bin seit Stunden auf.«
»Ach«, gurgelte ich.
»Carl ist zurück«, sprach sie hastig weiter, als verkünde sie einen atomaren Holocaust. »Er kam her und sprach mit Heather über seine … Freundin.«
»Er kam her«, wiederholte ich, die Nase tief ins Kissen g e drückt.
»Er denkt daran, wieder zu heiraten.«
»Besser sie als dich«, murmelte ich.
»Die Polizei war hier, als er kam. Er hat nicht einmal ge fragt, ob es mir gut geht. Er hat nicht einmal gefragt, was los ist.«
Herzlos sagte ich: »Audrey, das interessiert Carl nicht mehr.« Ich verkniff mir das dringende Bedürfnis, etwas von wach werden und Kaffeeduft zu sagen. Wenn ich von Kaf fee spräche, würde das nur mein Verlangen danach schüren.
»Ich begreife einfach nicht, warum er sich so verhält, vor allem nach all diesen Jahren …«
Ich drückte mein Gesicht in die Kissen und sagte nichts. Audrey war fest entschlossen, die ausführliche Litanei mit Carls Fehlern herunterzuleiern. Ich sagte: »Es tut mir leid, ich muss aufhören.«
»Carl regt Heather fürchterlich auf. Ich weiß nicht, wie sie das überstehen soll.«
»Bitte, bitte, bitte, Audrey, lass’ mich weiterschlafen. Ich ve r spreche dir, dass ich dich später zurückrufe.«
»Du interessierst dich nicht dafür. Keiner interessiert sich dafür«, fuhr sie mich an.
Und mit diesen Worten knallte sie den Hörer auf, ehe ich auch nur die Chance hatte, zu protestieren. Griesgrä mig stand ich auf und ging hinunter, um am Kaffee zu rie chen und mir eine Tasse aufz u brühen. Julian
Weitere Kostenlose Bücher