Untitled
psychologisch durchaus schlüssig.«
»Du solltest wirklich vorsichtig sein«, sagte Maria. »Je mand da draußen ist gefährlich, Goldy. Und mein gebro chenes Bein beweist es.«
Als Julian und ich wieder in unsere Straße kamen, stellte ich e r leichtert fest, dass unmittelbar vor meinem Haus ein Polizist in einem Streifenwagen saß. Schulz hatte angeru fen und eine Nac h richt hinterlassen, dass die Mordkom mission den ganzen Sonntag durcharbeiten müsse und am Montag Berater in der Schule seien, die sich um die Reak tionen der Schüler auf diesen jüngsten Mord kümmern wür den. Ich solle mir keine Sorgen machen, hatte er hinzuge fügt. Keine Sorgen. Sicher. Ich schlief nur mit Mühe ein und wachte am Sonntagmorgen auf, um festzustellen, dass eine blasse Sonne schien und meine Kopfschmerzen wie dergekommen waren.
Über Nacht waren fünfundzwanzig Zentimeter Schnee gefallen. Nicht einmal die glänzend weiße Welt vor dem Fenster konnte meine Stimmung heben.
Ich holte die Zeitung von der vereisten Veranda und blät terte sie nach einem Bericht über Suzanne Ferrell durch. Auf der Titelseite stand eine kurze Meldung: zweiter mord in privatschule . Zitternd las ich von Suzanne Joan Ferrell, 43, geboren in North Carolina, A b solventin des Middlebury College, seit fünfzehn Jahren Lehrerin an der Privatschule Elk Park; ihre Leiche wurde entdeckt, während die Schüler der Abschlussklasse ihre Hochschuleignungsprüfung ab legten … ihre Eltern aus Chapel Hill wurden benachrich tigt … ihr Vater war Architekt, ihre Mutter Leiterin des Fach bereichs Französisch an der University of North Carolina … Polizei hat keine Erklärung, keinen Verdacht … Tod durch Erdrosseln …
Ich nahm ein Blatt Papier und machte mich an die äußerst schwierige Aufgabe, Suzannes Eltern zu schreiben. Keiths Eltern hatte ich nur eine knappe Beileidskarte ge schickt, da ich den Jungen eigentlich so gut wie gar nicht gekannt hatte. Hier lagen die Dinge anders. Ich habe sie ge kannt, schrieb ich dem unbekannten Arch i tekten und der Professorin, sie war eine wunderbare Lehrerin. Ihr lag sehr an ihren Schülern …, und dann kamen die Tränen, au s giebig und rückhaltlos, Tränen über Tränen um diesen unerklär baren Verlust. Ich ließ meinen Tränen freien Lauf, bis ich nicht mehr weinen konnte. Schließlich beendete ich voller Schmerz und Trauer den Brief, unterschrieb und adres sierte ihn an die Ferrells am Fachbereich Französisch der University of North Carolina. Wie als Laune des Schicksals fand ich die Adresse der Universität in einem von Julians Büchern zur Studienberatung. Ich schlug das Buch zu und warf es in hohem Bogen durch die Küche, dass es mit lau ten Knall gegen einen Schrank flog.
Mit zitternden Händen setzte ich Espresso auf. Während er durchlief, starrte ich aus dem Küchenfenster und sah den Hähern zu, die sich um die Vorherrschaft an meinem Fut terhäuschen stritten.
Ich wandte mich ab. Eines war klar. Suzanne Ferrell hatte keinen Selbstmord begangen. Meine Espressomaschine zischte; ein duftender Kaffeestrahl schoss in die kleine Tasse. Hatte Suzanne Ferrell Café au lait bevorzugt? Hatte sie gerne französisch g e gessen? Hinterließ sie einen Lieb haber? Ich würde es nie erfahren.
Denk nicht mehr dran. Ich wischte mir ein paar frische Trä nen aus dem Gesicht und trank den Espresso. Julian kam herein und sagte zum Glück nichts über mein Aussehen oder das Studie n beratungsbuch, das aufgeschlagen, mit dem Rücken nach oben auf dem Boden lag. Als er seinen Kaffee getrunken hatte, erinnerte er mich, dass wir mittags wieder einen Bronco-Halbzeitimbiss bei den Dawsons aus zurichten hatten. Ein italienischer Festschmaus hatte ich auf meinem Terminkalender vermerkt. Ich stöhnte.
»Lass’ mich das Essen machen«, bot er an. Als ich schon protestieren wollte, fügte er hinzu: »Es wird mir helfen, mich auf andere Gedanken zu bringen.«
Da ich wusste, dass Kochen in dieser Hinsicht tatsächlich hil f reich sein konnte, willigte ich ein. Julian wirbelte durch die Küche und stellte Zutaten bereit. Ich schaute zu, wie er geschickt Fontina und Mozzarella zerkleinerte, mit Eiern, Ricotta, Parmesan und weicher Butter verrührte und schließlich klein gehacktes, frisches Basilikum und gepressten Knoblauch untermengte. Ich spürte eine Welle des Stol zes in mir aufsteigen, als er Zwiebeln und Knoblauch in Oli venöl anbriet und die Zutaten
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