Untitled
ihm auf. Denn dieser schlaksige, erbärmlich picke l gesichtige Basketballstar überragte mich um Längen. Ein blau kariertes Holzfällerhemd hing ihm über die Jeans, die auf a b getragenen Motorradstiefeln mündete. Keine Pri vatschulkleidung für den Sohn des Direktors.
»Ich möchte mit Ihnen über Miss Ferrell sprechen.«
»Ich, ehm, es tut mir wirklich leid um Miss Ferrell.«
»Ja, mir auch.«
»Wissen Sie, ich weiß, dass sie über meinen Collegebesuch wütend war und wegen … anderer Sachen, aber ich glaube, sie mochte mich.«
»Was für andere Sachen?«
»Einfach so Sachen«, sagte er.
»Zum Beispiel, weil Sie Ihren Führerschein wegen Trun kenheit am Steuer verloren haben? Oder weil Sie Steroide nehmen, um Ihre Muskeln aufzupeppen?«
Sein vernarbtes Gesicht wurde feuerrot. »Ja. Mit den Steroiden habe ich übrigens aufgehört. Ferrell hat mit mir darüber g e sprochen, meinte, ich könnte auch ohne das Zeug stark sein, so was in der Art.«
»Da hatte sie recht.« Ich zögerte. »Ich brauche da etwas, Macguire.«
»Was?«
»Es könnte sein, dass Miss Ferrells Klassenraum letzten Samstag durchsucht wurde. Als die Polizei ihn sich ansah, war er völlig durcheinander. Ich habe gerade mit Ihrem Va ter gesprochen, und das hat mich auf den Gedanken ge bracht … Hören Sie zu, ich brauche ihr Notenbuch. Sie ken nen sich doch in dieser Schule aus wie kein anderer. Be steht die Möglichkeit, dass sie es irgendwo versteckt haben könnte?«
Macguire sah sich auf dem verschneiten Parkplatz um, ehe er antwortete. War der Verfolgungswahn eine Neben wirkung seines Drogenmissbrauchs?
»Ich weiß vielleicht wirklich«, meinte er zögernd, »wo es sein könnte. Wissen Sie, ich bin groß und sehe Sachen, die andere nicht sehen.«
»Sagen Sie es mir.«
»Erinnern Sie sich, wie ich mein Schreiben an die Uni versity of Indiana vor der Klasse vorgelesen habe?« Ich nickte. »Sie hat neben der Tafel so große Poster hängen. Hinter dem gerahmten Bild von diesem Bogen in Paris habe ich etwas gesehen. Etwas wie ein braunes Notizbuch. Ich könnte nachsehen …«
»Bitte, tun Sie das.«
Er trottete davon und kam nach zwei Minuten mit einem triumphierenden Grinsen zurück. Er ließ seinen Ranzen von der Schulter gleiten und öffnete den Reißverschluss. Wieder warf er einen schnellen, prüfenden Blick über den Parkplatz. »Glück«, sagte er schlicht. Er zog ein braunes Spi ralheft in Kunstlederei n band hervor und reichte es mir. Da ich keine Handtasche bei mir hatte, hielt ich es einfach in der Hand.
»Geben Sie das den Bullen«, sagte er. »Vielleicht sagt es ihnen was.«
Dieser traurige, schlaksige Bursche tat mir aufrichtig leid.
»Danke, Macguire. Ich habe mir am Samstagmorgen sol che Sorgen um Sie gemacht. Sie wirkten so nervös wegen der Prüfung.«
»Was, ich?« Er wich zurück und hielt protestierend die Hände hoch. »Ihre Kekse waren toll. Hinterher habe ich gedacht, warum soll ich mir wegen der Eignungstests sol che Sorgen machen? Ich werde nie zu den Leuten gehören, die nach Harvard gehen. Zum Teufel, aus mir wird nie et was.«
Als ich nach Hause kam, rief ich Tom Schulz an in der Hoffnung, dass er schon aus Lakewood zurück wäre. Ich hatte kein Glück. Ich sprach auf seinen An rufbeantworter, dass ich Suzanne Ferrells Notizbuch mit den Noten gefunden habe und wo er stecke. Drohend stand die Veranstaltung dieses Abends vor mir, und ich wusste, dass ich das Essen vorzubereiten hatte. Ich kam der Antwort auf manche Fragen näher, das spürte ich. Das Kochen konnte warten. Ich setzte mich an den Küchen tisch und schlug Suzanne Ferrells Notenbuch auf.
Es war größer als die meisten Notenbücher, die ich ge sehen hatte, und hatte fast das Format eines Kollegheftes. Es war in drei Abschnitte unterteilt: Französisch III, Franzö sisch IV und SB. Als ich diesen Abschnitt aufschlug, stellte ich fest, dass SB für Studie n beratung stand. Ich fand dort eine handgeschriebene Liste der besten Schüler der Abschlussklasse. 1. Keith Andrews, 2. Julian Teller, 3. Heather Coopersmith, 4. Greer Dawson, 5. Brad Marensky … Ich sah schnell nach und stellte fest, dass Brad Marensky und Greer Dawson im Kurs Französisch III waren; Julian und Heather Coopersmith waren im Kurs Französisch IV. Auch Keith Andrews war in diesem Kurs gewesen. Sie alle hatten ebenso wie Macguire Perkins an der Studienberatung teilgenom men.
In Französisch III schwankten Brad
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