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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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denken, irgend etwas anz u heben.
    In der Küche schrieb ich den Jungen einen Zettel. Bin im Fre i zeitzentrum zum Bodybuilding. Das würde sicher über ­ raschte Blicke auslösen. Mein doppelter Espresso schoss fröhlich in einen neuen Privatschule-Elk-Park-Mitnehm-Becher, einen schweren Plastikbecher, den die Eltern der Siebtklässler zu Beginn des Schuljahres zu kaufen gehalten (sprich: genötigt) waren, um einen Ausflug der Kinder zu einem Selbsterfahrungs-Workshop in De n ver zu finanzie ­ ren. Hinterher hatte Arch mir erklärt, er würde nur dann positiv denken, wenn er dazu gezwungen wäre . Und niemand kann mich dazu bringen, hatte er hinzugefügt. Das hätte ich ihnen sagen sollen, als es darum ging, den Becher zu kaufen.
    Das Gras unter meinen Füßen war rutschig vom Frost, und mein Atem verdichtete sich in der kalten Oktoberluft zu feuchten Wolken. Mit entschlossenem Dröhnen sprang der Motor des Lieferwagens an. Ich befahl mir, mich stark und muskulös einz u stimmen. Vielleicht hätte ich den Workshop in positivem Denken gebraucht.
    Gehorsam tuckerte der Wagen über die Straßen, die eine dünne Eisschicht mit einem weißlichen Schimmer überzo ­ gen hatte. Der Aspen Meadow Lake tauchte hinter einer Kurve auf – ein glänzender, völlig unbewegter Spiegel des morgendlichen Lichts. Zwischen den immergrünen Pflan ­ zen, die das Ufer säumten, spiegelten sich umgekehrte Kie ­ fern, die wie in Glas gefangene, nach unten gerichtete Pfeile wirkten. Die frühen Schneefälle hatten die nahegelegenen Espen- und Pappelwälder entlaubt. Die nackten Äste gaben den Blick auf Vogelnester des letzten Sommers frei, die nun verlassen waren. Ohne den Schutz des Laubes wirkten diese tiefen, dicken Nester aus Zweigen überraschend verletzbar.
    Wie Keith Andrews.
    Und auch unser Heim wirkte inzwischen verletzlich, an ­ gesichts der Unfälle und Streiche, die immer ernster wur ­ den. Julian schien völlig aus dem Gleichgewicht geworfen zu sein. Und ich war bei dem Versuch verletzt worden, mich um den einzigen Besuch des Stanford-Vertreters in der Elk- Park-Schule zu kümmern. Als das Koffein auch die letzten Windungen meines Gehirns in Schwung gebracht hatte, versuchte ich, zu rekapitulieren: Warum nahm jemand Arch aufs Korn? Wenn die Spinne tatsächlich für jemanden bestimmt war, war sie für mich gedacht?
    Ohne es zu wollen, riss ich das Steuer nach links und zuckte z u sammen, als der Schmerz durch meinen Finger schoss. Beim G e wichtheben musste ich auf die Bisswunde achten.
    Vor meinem geistigen Auge erschien das Bild des ge ­ fürchteten, in Gleichnissen sprechenden Direktors. Perkins hatte sich wah r haftig nicht übereifrig gezeigt, den Schlan ­ genhenker ausfindig zu machen, der Arch schikanierte. Doch in den Augen der meisten, und um die ging es Per ­ kins schließlich, konnte er wohl als erfol g reich gelten. In den zehn Jahren, seit er an der Schule war, hatte Perkins Hunderttausende Dollar an Spenden eingetrieben für eine weithin publizierte Erweiterung und Renovierung der Klas ­ senräume. Er hatte als führender Kopf an einem Baupro ­ gramm mitgewirkt, das sich auf den Bau eines Swimming ­ pools und einer Turnhalle erstreckte. Bei einem Orientie ­ rungsabend für Eltern hatten einige freundlicher gesonnene Elternpaare – von denen es durchaus manche gab, wie ich zugeben musste – mich in Kenntnis gesetzt, dass Perkins die erwarteten Krisen administrativer Säuberun ­ gen, Lehrer, die kündigten oder entlassen wurden, und Schüler, die der Schule verwiesen wurden, hervorragend übe r standen hatte. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass Alfred Perkins sich hinter seiner dicken Mauer aus Gleich ­ nissen ve r steckte, ohne allzu viele Leute wissen zu lassen, was in seinem Schädel hinter dem silberweißen Haar tatsächlich vorging. Vielleicht lag darin das Geheimnis, wie er und die Privatschule Elk Park gemeinsam zehn Jahre un ­ beschadet, wenn auch nicht, ohne Federn zu lassen, hatten überstehen können.
    Und doch musste Perkins sehen, dass die letzten Monate von Schwierigkeiten nur so strotzten. Zuerst war in der Den ­ ver Post dieser sensationelle Artikel über die sprunghaft schlechter werdenden Prüfungsergebnisse der Schüler bei den Hochschu l eignungstests erschienen. Danach hatte, wenn man Marias Version des Kleinstadttratsches Glauben schenken durfte, die Enthüllung eines Sexskandals – durch den ehrgeizigen, gewieften Keith Andrews – in der örtli ­ chen Tageszeitung

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