Untitled
war diese Schwarze Witwe …«
Der erbarmungslose Finger wankte nicht. »Genau rich tig dafür. Steigen Sie auf.«
Kein Mann der vielen Worte.
Also fing ich an. Zuerst mehrmals Aufsetzen, während der Kopf tiefer auf der Streckbank lag als die Füße, was mir unfair erschien. Warum konnten sie nicht wenigstens auf einer Höhe sein? Anschließend in der anderen Richtung geneigt die Beine heben und beugen (Aufsetzen auf ebe ner Unterlage – warum, wo ich mich doch gerade in der an deren Richtung über die Schwerkraft hinweggesetzt hatte?), dann weitere Rumpfbeugen mit dem Fleischspieß, Beinpressen, Beindehnungen, Beinwindungen, Folter übungen an Druck- und Streckbänken.
Ich sterbe, dachte ich. Nein, warte: Ich bin schon ge storben und in der Hölle. Im Spiegel hatte mein Gesicht eine ungesund-braunrote Farbe. In meinem Finger pochte der Schmerz. Kleine Schweißbäche liefen mir über die Stirn und verwandelten sich in meinem Sweatshirt in eine wahre Sturzflut. Blaster verkündete, nun seien wir fast durch und beim nächsten Mal ginge es dann schon besser. Heh, Bla ster! Es wird kein nächstes Mal geben.
Endlich, endlich, kam Egon Schlichtmaier herein, und zwar mit keinem anderen als Macguire Perkins. Warum ich nicht einfach in der Schule einen Termin mit Schlichtmaier vereinbart hatte, war mir unbegreiflich. Ich würde eine Wo che lang ein Heizkissen brauchen. Nein, kein Heizkissen – einen elektrisch beheizten Schlafsack und monatelange Krankengymnastik.
»Ich muss mit Ihnen reden«, japste ich, als die beiden in John-Wayne-Manier zu der Stelle hinüberschlenderten, an der ich total erschöpft und völlig außer Atem auf den Bo den geplumpst war. Ehe sie mich jedoch begrüßen konn ten, tauchte über mir plötzlich Blaster auf. Ich sah direkt auf seine Waden. Sie sahen aus wie braun gebratene Trut hähne.
Blasters kleine, glänzendblaue Augen hatten jenen mark erschütternden Blick, mit dem Gott Sodom und Gomorrha bedacht haben muss. »Sie sind noch nicht durch.« Die schweißtriefenden Wände warfen seine Stimme zurück.
»O doch, bin ich«, sagte ich und rappelte mich auf, al lerdings nicht ohne heftige, bislang ungeahnte Schmerzen. »Pieksen Sie mich mit einem Zahnstocher, ich hin so durch wie nur etwas.«
Doch er winkte mich unbeeindruckt zum Laufband hin über.
Egon Schlichtmaier sagte mit seinem deutschen Akzent: »Beim ersten Mal ist es nicht so einfach.« Er sah mich mit seinen großen Kuhaugen an. »Wie beim Sex, wissen Sie.« Seine Muskeln auf Rücken und Armen rollten und dehn ten sich, als er mich zum Aerobic-Bereich begleitete.
Ich hasste ihn. Ich hasste Egon Schlichtmaier seiner Mus keln wegen, ich hasste ihn, weil er mit Studentinnen ge schlafen hatte, und ich hasste ihn, weil er das, was wir in die ser Folterkammer trieben, mit körperlicher Liebe verglich, die ich gerade erst zu g e nießen begonnen hatte, vielen Dank.
Blaster tippte mit seinem fleischigen Finger, den ich zu fürchten gelernt hatte, Zahlen in die digitale Anzeigetafel des Laufbandes. Er sah mich ungerührt an. »Steigen Sie auf. Zehn Minuten. Dann sind Sie durch.« Und Freude über Freude, er marschierte davon. Ich sah Egon Schlichtmaier an und schimpfte.
»Tun Sie besser, was Blaster sagt«, ertönte die unnatür lich tiefe Stimme von Macguire Perkins. »Der Bursche hat auch hinten im Kopf Augen. Wir kommen mit auf die Tret mühle und leisten Ihnen Gesellschaft.«
Überströmend vor Mitgefühl stiegen die beiden auf die Lau f bänder und begannen, mühelos zu gehen. Ich wünschte, Macguire würde weggehen, denn was ich Schlichtmaier zu sagen hatte, betraf nur ihn, Arch und mich. Vielleicht spürte Macguire meine A b lehnung. Er zog im Gehen einen Walkman heraus, setzte sich Kopfhörer auf und gab sich netterweise seinem Glück hin.
Ich stieg vom Laufband. Sollte Blaster doch herkommen und mit mir schimpfen. Ich würde ihm schon die Stirn bie ten. Ich baute mich mit verschränkten Armen vor Egon Schlichtmaiers Laufband auf, während Macguire Perkins zu seiner Kassette kreischte: »Roxanne!«
Ich sagte zu Egon Schlichtmaier: »Wie ich gehört habe, hatten Sie Schwierigkeiten mit meinem Sohn.«
In seinen Augen flackerte Überraschung auf. »Ich un terrichte Ihren Sohn nicht.«
»Roxanne!« heulte Macguire.
»Aber gab es da nicht etwas von Ihnen, das er nicht ver petzen sollte?« erwiderte ich bestimmt. »Er sagte, Sie hät ten sich über etwas
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