Untitled
fügte er nachdrücklich hinzu: »Mich ei n geschlossen.«
»Gut.« Ich spielte auf Zeit. Vielleicht war es ja eine Über reaktion von mir. »Ich schätze, ich habe dieses Geplänkel wegen des Petzens zwischen Ihnen beiden missverstanden.« Egon Schlichtmaier zuckte wieder die Achseln. Er schloss die Augen und seufzte, als wolle er sagen: Ich lasse es dies mal durchgehen. Ich bemühte mich um einen heiteren Ton. »Sie bleiben wohl an der Elk-Park-Schule? Ich meine, wenn das Schuljahr vorbei ist?«
Er dachte über die Frage nach. »Wie kommen Sie dar auf, dass ich es nicht tun könnte?« Ich hob die Augenbrauen als Zeichen meiner Unwissenheit. Das akzeptierte er an scheinend und zuckte wieder die Achseln. »Ich habe mich noch nicht entschieden.«
In diesem Augenblick durchschnitt ein entsetzlicher Schrei und ein schallendes metallisches Krachen die Luft. Auf der anderen Seite des Raumes lief eine Gruppe zu sammen, um zu sehen, was passiert war. Ein kleiner, stäm miger Bursche hatte eine der größten Hanteln fallen las sen. Ich fragte mich, um wie viele Pfunde es hier ging und ob sie ihm auf die Zehen gefallen waren. Soviel zum schnel len, ruckartigen Stoßen.
Blaster fing an, den armen Kerl anzubrüllen, der das Ge wicht hatte fallen lassen. Selbst Macguire zog sich den Kopfhörer von den Ohren. Die erdbebengleiche Vibration hatte sich über das Laufband übertragen. Mit dem Ausdruck auf gebrachter Niede r geschlagenheit sauste Egon Schlicht maier auf das Gedränge zu. Ich hatte allerdings den Ein druck, dass der Lehrer nur allzu froh war, mich einfach stehen lassen zu können; wir hatten uns nicht gerade freund schaftlich unterhalten. Macguire trottete hinter Egon her. Ich stellte mit Genugtuung fest, dass Blaster beschäftigt war und mir den Rücken zuwandte.
Zeit, sich aus dem Staub zu machen.
* * *
Ich duschte schnell und fuhr nach Hause. Als ich den Lie ferwagen hinter dem Range Rover abstellte, war es fast acht. Der Range Rover? Julian und Arch fuhren gewöhnlich ge gen halb acht in die Schule. Mich überkam Panik. War mit ihnen alles in Ordnung? Hatten sie verschlafen? Ich stürmte ins Haus und die Treppe hinauf, um nachzusehen, und be reute meine Hast auf der Stelle. Meine Schenkel schrien vor Schmerz vom Training.
»Julian«, flüsterte ich, nachdem ich an ihrer Tür geklopft hatte, »Arch!«
Ich hörte Stöhnen und das Rascheln der Laken. Die Luft im Zimmer war verbraucht und roch nach Jungen. Als Ein zelkind fand Arch es äußerst abenteuerlich, das Zimmer mit Julian zu teilen. Angefangen hatte es mit einem Etagenbett. Natürlich hatte ich mir ein neues nicht leisten können, und wenn Julian aufs College ging, brauchten wir es ohnehin nicht mehr. Aber durch eine Kleina n zeige im Mountain Jour nal hatte ich ein zweistöckiges Etagenbett gebraucht für fünfzig Dollar erstehen können. Leider hatte es weitere fün fzig Dollar gekostet, das obere Bett vom Schreiner für Archs Gewicht zu verstärken.
»Jungs!« sagte ich etwas lauter. Ich sah mich im Zimmer um. Die Schulkleider lagen auf einen Stuhl gehäuft. Neben Archs Hausschuhen lag ein Eisbeutel auf dem Boden. »Habt ihr schulfrei, und ich weiß nichts davon?«
Julian hob den Kopf, ohne die geschwollenen Augen rich tig zu öffnen. Sein unrasiertes, erschöpftes Gesicht war fleckig grau. Er gab einige unverständliche Laute von sich, die nach »Grr? Hnh?« klangen und sagte dann: »Ach, du bist es« und ließ sich wieder in die Kissen fallen.
»Hallo?« versuchte ich es noch einmal. »Arch?«
Doch Arch zog sich lediglich die Decke über den Kopf, ein typisches Manöver. Ich beugte mich nieder, um seine Hausschuhe aufzuheben. Sie waren nass.
»Julian«, sagte ich entmutigt, »könntest du bitte soweit wach werden, dass du mir erklären kannst, was hier vor geht?«
Mit großer Mühe stützte Julian sich auf einen Ellbogen. Er e r klärte schwerfällig: »Arch und ich haben deinen Zet tel gesehen. Arch ist hinausgegangen, um die Zeitung zu holen, und ist auf der Verandatreppe ausgerutscht. Er ist auf den Knöchel gefallen und hat sich wirklich weh getan.« Er gähnte. »Ich habe es mir a n gesehen, und da es schon angefangen hatte, anzuschwellen, habe ich Eisbeutel dar aufgelegt und ihm gesagt, er soll wieder ins Bett gehen, bis du kommst und entscheidest, was zu tun ist.« Wieder ein langes Gähnen. »Mir war auch nicht so gut. Ich bin wirk lich müde.« Er gab ein
Weitere Kostenlose Bücher