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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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fragte Heather. Hinter den rosa getönten Brillengläsern verengten sich ihre blas ­ sen Augen.
    »Ich … weiß nicht«, sagte ich stammelnd. »Ich kann es nicht sagen.«
    »Sie haben sie gestohlen«, beschuldigte sie mich. »Nie ­ mand kann in dieser Schule irgend etwas aus der Hand le ­ gen, ohne dass es jemand anpackt.«
    Jetzt nicht mehr , hätte ich gerne gesagt. »Bitte machen Sie mir jetzt nicht das Leben schwer«, wies ich das Mädchen milde zurecht. »Jemand hat mir Keiths Disketten gegeben, weil ich ihn an dem Abend gefunden habe und weil Arch bedroht worden ist. Sie meinten, die Disketten könnten mir vielleicht weiterhelfen. Ich komme aber nicht damit zurecht und werde sie einfach der Polizei übergeben.«
    »Mhm«, brummte Heather. In ihrer Stimme schwang deutlich Unglauben mit.
    »Was ist das?« Audrey war vorübergehend von ihrer Ti ­ rade gegen Miss Ferrell abgelenkt. Ich nahm die Diskette aus dem Laufwerk und steckte sie in die Hülle. Audrey nahm die andere von der Arbeitsplatte. »Mein Gott«, sagte sie und sog scharf die Luft ein, »woher hast du die?«
    »Kümmer’ dich nicht drum.« Ich griff nach dem Steck ­ kontakt des Computers und zog ihn schnell aus der Dose. Der Monitor flackerte und wurde dunkel. »Die Polizei wird sehen, was sie damit anfangen kann.« Ich steckte die Dis ­ ketten in meine Handtasche.
    »Sie werden gar nichts damit anfangen, wenn sie nicht mit WordPerfect arbeiten«, verkündete Heather blasiert.
    »Siehst du, wie gescheit sie ist?« Audrey platzte vor Stolz.
    »Wir müssen uns auf den Weg machen«, antwortete ich. Und damit machten wir uns an die Arbeit und luden die Platten mit Köstlichkeiten in den Lieferwagen. Wenn ich allerdings gedacht hatte, Audrey würde das Thema der überlegenen, aber verkannten Intelligenz ihrer Tochter fallen lassen, dann hatte ich mich leider geirrt. Als wir auf der Autobahn Richtung Denver rasten, befahl Audrey ihrer Tochter, sie solle mir von ihrem Sommerpraktikum bei Amalgamated Aerospace erzählen, einer Entwicklungs ­ firma in Boulder. Es ging um eine komplizierte Angele ­ genheit, die mit einem Simulator zu tun hatte. Für mich war virtuelle Realität etwas, mit dem man in Berührung kam, wenn man seine Buc h führung machte. Für Heather war es etwas völlig anderes.
    »Ich machte den Mars«, begann Heather in leisem, über ­ legenen Ton.
    »Deshalb sollte sie auch ans Massachusetts Institute of Techn o logy gehen und nicht nach Bennington«, warf Audrey ein. Sollte das heißen, MIT-Studenten sind wie Mars ­ menschen? Besser, ich fragte nicht.
    »Es war eine Trainingsaufgabe für Astronauten«, plap ­ perte Heather weiter, »und ich arbeitete als Assistentin ei ­ nes Programmierers in der Software-Abteilung.«
    »Ist das nicht toll?« rief ihre Mutter aus. »Ich habe ihr ge ­ sagt, das soll sie in ihre Bewerbung schreiben. Sie müssen sie einfach nehmen. Zweitbeste in ihrer Klasse. Jetzt … du weißt schon.« Es entstand ein peinliches Schweigen.
    Heather sagte barsch: »Erzählst du die Geschichte, Mut ­ ter, oder ich? Ich würde dich nämlich nicht unterbrechen.«
    »Erzähl’ weiter, Liebes, ich weiß, dass Goldy sich brennend dafür interessiert.«
    Goldy interessierte sich nicht brennend dafür, aber trotz ­ dem. Heather stöhnte auf wie ein Vulkan. Wir stellten ihre überlegene Intelligenz ganz offenkundig auf eine harte Probe.
    Heather spulte die Worte ab wie eine Schallplatte, die auf ach t undsiebzig eingestellt ist. »Wir benutzten Fotos, die die Mar s sonden Viking I und Viking II gemacht hatten. Wir ent ­ wickelten 800 Gigabytes Videobilddaten, so dass eine simu ­ lierte Echtzei t sicht der Marsoberfläche möglich war, wenn das Sichtgerät des Simulators angeschlossen war.«
    »Das Sichtgerät des Simulators?« fragte ich.
    »Wir benutzten einen modifizierten F-16-Helm«, erklärte sie bissig. »Jedenfalls, wenn man den Helm aufzog, sah man den Mars. Wenn man nach links schaute, waren links rote Felsen der Marslandschaft. Wenn man nach rechts sah, wa ­ ren rechts rote Felsen der Marslandschaft.« Sie seufzte wie ­ der.
    »Wow!« sagte ich beeindruckt. »Und dann?«
    »Der Programmierer wurde entlassen, während er noch damit beschäftigt war, die Oberfläche des Mars zu sichten. Der Präsident hatte das Projekt auf das Jahr 2022 verscho ­ ben, dann bin ich 48, der Programmierer ist 68, und der Präsident ist tot.« Seufzer. »Ich glaube, ich sollte wirklich nach Bennington gehen.«
    Wir dachten

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