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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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der Mühlen,
    Giovanni Bovara
    Nach gewissenhafter, aufmerksamer und mehrmaliger Überprüfung der örtlichen Lage der in der Provinz von Montelusa sich in Betrieb befindlichen Mühlen – mit Hilfe der offiziellen topographischen Karten, die meinem Bureau nach meiner formalen Bitte durch Euer Hochwohlgeboren freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden –, habe ich mir ziemlich bald Aufschluß über eine sich in der Vogelperspektive zeigende Leerstelle verschaffen können, welche man sowohl dem Zufalle als auch einem menschlichen, um nicht zu sagen verbrecherischen Plane zuschreiben kann.
     Gewiß hat Euer Hochwohlgeboren Kenntnis darüber, daß der Finanzjurisdiktion dieses Finanzpräsidiums die Latifundie mit dem Namen »Terrarossa« zwischen den Ortschaften Zammùt und Caltabellotta unterstehen, ein Landguth, das wegen seiner Getreide- und Weizenproduktion zu den fruchtbarsten auf der gesamten Insel zählt. Längs der südlichen Grundstückslinie grenzt dieses an eine nicht minder fruchtbare Latifundie, welche allgemein unter dem Namen »Funnacazzo« bekannt ist, einer volksthümlichen Verballhornung des abschätzigen Wortes fondacaccio, was soviel wie Warenlagerschuppen bedeutet.
     Nun befindet sich aber nach offiziellen Angaben weder innerhalb der genannten Latifundien noch auf den angrenzenden Gebieten irgendeine Mühle! Sämmtliche Arbeiter der Latifundie, die mahlen lassen, müßten etwa einen ganzen Tag lang unwegsame Pfade zu Fuß zurücklegen, um die nahegelegensten Mühlen zu erreichen, von denen sich eine in Zammùt, die andere in Caltabellotta befindet. Eine von mir persönlich durchgeführte Kontrolle hat ergeben, daß nur ein verschwindend geringer Theil des Getreides und des Weizens in die Mühlen von Zammùt und Caltabellotta gelangt. Weniger von einem Verdachte getrieben, als vielmehr von dem Willen, in dieser Frage Klarheit zu erlangen, hatte ich mich daher entschlossen, persönlich eine Ortsbesichtigung vorzunehmen, worüber ich zu niemandem ein Wort sagte, um keine Verwirrung auszulösen und mir dadurch, im Gegenzuge, ein Hindernis für mein Vorhaben in den Weg zu legen. Allein meiner Auffassung von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit wegen setze ich Sie davon in Kenntnis.
     Vorgestern, als der Morgen noch nicht aufgezogen war, ritt ich in Richtung Zammùt. Auf Grund eines unglücklichen und zeitraubenden Zwischenfalles (mein Reitpferd hatte ein Hufeisen verloren), gelangte ich erst spät in die Sichtweite des Ortes und entschloß mich an der Abzweigung Rocella, auf abschüssigen Wegen in die Latifundie »Funnacazzo« hinein zu reiten. Just auf der Grenzlinie zur Latifundie »Terrarossa« begegnete ich einem nächtlichen Vogelfänger, welcher, in meiner Muttersprache befragt, mir antwortete, daß weiter im Inneren ein sich in schlechtem Zustand befindlicher Weg für Karren und Leiterwagen verlaufe. Unterstützt vom Lichte des Vollmonds ritt ich noch ungefähr eine Stunde weiter, doch danach weigerte sich mein Pferd, am Ende seiner Kräfte angelangt, weiterzugehen. Ich war gezwungen zu biwakieren. Nachdem ich das Pferd versorgt und mich unter einen dichtbelaubten Johannisbrotbaum gelegt hatte, fiel ich bald in Schlaf. Aufgeweckt wurde ich, nach noch nicht einmal einer Stunde, von einem fortdauernden Quietschen von Wagenrädern und dem Schnauben von Pferden. Vorsichtig stand ich auf und mußte nach ein paar Schritten feststellen, daß ich wenige Meter von dem Wege biwakierte, auf welchen mich der Vogelfänger aufmerksam gemacht hatte.
     Auf diesem Weg bewegte sich ein unendlicher Zug von Leiterwagen, neben diesen gingen reihenweise schweigsame Menschen einher. Ich zog mein Taschenfernrohr heraus, welches ich immer bei mir trage, und stellte fest, daß die Hufe der Vierbeiner mit Lappen umwickelt waren, um größeren Lärm zu vermeiden, und daß jeder Wagen mit Säcken überfrachtet war, welche gewöhnlich zum Transport von Weizen und Getreide dienen. Der Zug der Leiterwagen dauerte gut eine halbe Stunde, ich zählte alles in allem über hundert Wagen. Als der letzte vorübergezogen war, ließ ich mein Pferd am Johannisbrotbaum festgebunden zurück und folgte in einiger Entfernung der Karawane. Ich achtete darauf, daß ich niemals die schwach leuchtende Lampe aus den Augen verlor, die an der Achse des letzten Wagens hing. Der Weg dauerte in etwa eine Stunde, dann hielt die Wagenprozession an. Geistesgegenwärtig sprang ich an den Wegrand, schlich unhörbar weiter, versteckte mich bald hinter

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