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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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anonyme Mühle befinden soll, in eine Kurve und verläuft nach eigenem Gutdünken weiter.
     Dort, wo sich die sogenannte anonyme Mühle befinden sollte, erstreckt sich ein Grundstück, das zwei Bauern mit dem Pfluge für die jahreszeitliche Aussaat beackerten.
     Auf Befragung antworteten die beiden, daß dieses Stück Land seit über zwei Jahren durch die Großzügigkeit des Latifundienbesitzers an sie verpachtet sei und sie noch nie einen Schuppen oder eine Mühle, wie die von Inspekteur Bovara beschriebene, gesehen hätten. Bei einer genauen Untersuchung des umliegenden Geländes durch meine Soldaten wurden weder Mühlsteine noch sonstiges Mühlengerät gefunden. Aus Gewissenhaftigkeit sind wir selbst danach noch in der Umgebung herumgestiegen, ohne jedoch eine Konstruktion, sei es aus Holz, sei es aus Mauerwerk, zu bemerken.
     Irgendwann während unserer Untersuchung kam ein berittener Landaufseher vorbei, welcher, nachdem er uns gegrüßt hatte, höflich fragte, wonach wir suchten und sich uns zur Verfügung stellte, weil dieser Theil der Latifundie seiner Aufsicht oblag. Als er den Grund unserer Nachforschung erfahren hatte, fing er an zu lachen und sagte, daß die nächsten Mühlen sich in Zammùt und Caltabellotta befänden.
     Auf Befragung antwortete er, daß der Eigenthümer der Latifundie »Terrarossa« (ehemals im Eigenthume des Marchese Borsellino) und der Eigenthümer der Latifundie »Funnacazzo« (ehemals im Eigenthume der Familie der Barone von Baucina) seit fünf Jahren Signor Nicola Afflitto (Don Cocò) sei, wohnhaft in Montelusa. Soviel mit ergebenster Hochachtung

    DER MARESCIALLO DER KGL. CARABINIERI

    Giacomo Purpura

    An den Höchstwerthen
Signor Finanzpräsidenten
Montelusa
    DRINGLICH
eigenhändig überbracht

    Montelusa, am 17. September 1877

    Höchstwerther Signor Präsident,
    da es seit einer Woche nicht mehr möglich war, bei Ihnen vorzusprechen, und der Amtsdiener mir jedesmal, wenn ich darum bat, vorgelassen werden zu können, antwortete, daß sie besonders beschäftigt seien, theile ich Ihnen mit, daß ich es gerne sähe, wenn Sie mich und die Unterinspekteure mit Ihrer Anwesenheit bei der von mir für morgen, 18. September, einberufenen Besprechung beehren würden.
     Trotz Ihrer gegentheiligen Ansicht setze ich Sie bei dieser Gelegenheit davon in Kenntnis, daß diese Besprechungen angesichts der Schwere der Lage, die ich in diesem Amte vorgefunden habe, vierzehntägig stattfinden werden.
     Von Tag zu Tag verfestigt sich in mir mehr die Überzeugung, daß dieses Amt ein Centrum gesetzeswidriger Machenschaften gewesen ist, welche sogar zu zwei Morden führten, die bis zu diesem Augenblicke ohne Vollstrecker noch Auftraggeber geblieben sind. Sie hielten es in jüngst vergangener Zeit für angebracht, mich energisch auf die oberste aller Regeln hinzuweisen: nämlich die, Sie über jeden meiner Schritte im vorhinein zu unterrichten.
     Meine Bitte um Ihre Anwesenheit bei der morgigen Besprechung geht genau von diesem Ihrem Wunsche aus. Hinsichtlich der aus dem Begleitschreiben des Kommandanten des Kommandos der Königlichen Carabinieri, Capitano Alfanio Lostracco, ersichtlichen Muthmaßung über meinen geistigen Gesundheitszustand, das heißt, daß ich in jener Nacht Täuschungen erlegen wäre, bitte ich Sie, lediglich eines in Betracht zu ziehen. Die Ortsbesichtigung der Kgl. Carabinieri in der Latifundie »Terrarossa« ist zwar durchgeführt worden, doch immerhin mit einer Verzögerung von vielen Tagen nach meiner Anzeige, sei dies nun wegen der Nichtverfügbarkeit der Soldaten oder wegen der widrigen Witterungsverhältnisse. Wieso stellen wir nicht die durchaus vernünftige Überlegung an, daß die Übelthäter einen ausreichend großen Zeitraum zur Verfügung hatten, den aus Holz bestehenden Schuppen, der als Mühle diente, abzubauen und die Spuren durch den Pflug verwischen zu lassen? Es hat sich hier um bitteren Spott gehandelt, weniger zu meinem eigenen Schaden, der ich nur ein unbedeutender Mensch bin, als vielmehr dem des Staates, den wir repräsentieren.
     Die Frage, die sich folgerichtig stellt, lautet nun: Wer hat die Übelthäter rechtzeitig verständigt? Das ist die verwirrende Frage, die sich spontan ergibt, sofern sich die Dinge so abgespielt haben wie oben erwähnt.
     Es gibt nur eine Antwort: Jemand muß, ohne Ihr Wissen, den Ihnen von mir am 10. d. M. zugeleiteten Bericht gelesen und die entsprechenden Leute verständigt haben.

    Mit gebührender Hochachtung

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