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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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ins Meer von Vigàta gestürzt, eben weil der Gottesmann ihn wegen eines Darlehens von fünftausend Liren in Not und Elend ge trieben hatte;
     - daß derselbe Padre Carnazza alle Frauen mit einer Handbreite plus Gnutticatura bezahlen würde (»Womit?« fragte Giovanni. »Hast du vergessen, wie man dazu sagt? Das ist das Maß für Woll- und Leinenstoffe: eine Hand breite und ein auswärts gebogener Daumen, der Großzügigkeit wegen.«) Daß dieser und jener, der ein Darlehen von zehn Liren bekommen hatte, es mit tausend zurückerstatten mußte. Ah, noch eine ganz frische Mitteilung: vor Donna Trisìna hatte es der geistliche Diener des Herrn mit Signoradonna Romilda Brucculeri getrieben, der Gattin des Posthalters. Also, gestern wurde der Signor Posthalter von allen gesehen, wie er vor der Kirche nervös auf und ab ging und anschließend die Kirche betrat, als die Andacht schon vorbei war! Aber der ging doch sonst nie in die Kirche! Die Leute im Ort hatten die Vermutung geäußert, daß der Posthalter verspätet Kenntnis von dem Techtelmechtel erhalten habe und jetzt Klarheit von dem geistlichen Herrn fordern wolle. Wenn aber der gehörnte Geduldsengel seine Geduld verliert, dann ist er wirklich gefährlich;
     - daß noch einmal derselbe Padre Carnazza seinen Cousin Don Memè Moro fast in den Wahnsinn getrieben hat, denn dieser hat erleben müssen, wie ihm aufgrund der Mauscheleien des Dieners Gottes eine große Erbschaft aberkannt wurde. Don Memè Moro war nur noch das Landstück Pircoco verblieben, aber nach allgemeiner Überzeugung würde auch dies bald in den Taschen von Padre Carnazza verschwinden. Wer sollte dann Don Memè Moro noch zurückhalten können? Todsicher würde Memè seinen Cousin, den geistlichen Herrn, erschießen;
     - apropos erschießen: es scheint, daß Bendicò, der Vorgänger Giovannis, umgebracht wurde, weil sein Hunger zu groß geworden war, genauer gesagt, weil er sich nicht mehr mit dem Anteil zufrieden geben wollte, der ihm zugedacht war, damit er die Mühlen nicht inspizierte (»Dann hätten ihn deiner Meinung nach die Müller umgebracht?« hatte Giovanni gefragt. Fefè zuckte zusammen: »Die Müller?! Was kommt dir in den Sinn? Bendicò wollte doch nicht von denen mehr Geld! Bei denen von den Mühlen ist das so: wenn einer ihnen befiehlt zu sagen, daß der Wein Wasser ist, dann sagen sie das.«)
     - apropos Wasser: der Vorgänger des Vorgängers, Tuttobene, war nicht ins Meer gefallen, sondern hineingeworfen worden, und zwar aus den gleichen Gründen, deretwegen Bendicò in einer Schlucht, von Hunden auf gefressen, gefunden worden war;
     - daß einer, der in Ruhe und Frieden in Montelusa leben wollte, ganz einfach nur aufpassen mußte, Advokat Fasùlo nicht in die Quere zu kommen, der…
     »Wer ist Don Cocò Afflitto?« unterbrach ihn Giovanni. Er hatte die Reaktion, die folgte, nicht erwartet. Fefè Ingrassia sprang im wahrsten Sinne des Wortes vom Stuhl auf und stürzte ans Fenster, um es zu schließen. »Warum hast du mir diese Frage gestellt, eh?«
     »Aber ich wollte…«
     »Diese Frage hättest du mir nicht stellen dürfen! Es ist besser, wenn wir jetzt schlafen gehen. Es ist spät geworden.«
     An der Türe, ganz unversehens, umarmte Fefè seinen Cousin fest.
     »Nimm dich in acht!« flüsterte er ihm ins Ohr.
     Giovanni lächelte.
     »Denken die, daß ich dazu ausersehen bin, das gleiche Ende zu nehmen wie Tuttobene und Bendico? Denkst du das auch?«
     Fefè Ingrassia tat verwundert.
     »Was kommt dir denn in den Sinn? Ich habe gesagt, nimm dich in acht, weil es heute nacht ein wenig feucht ist.«

    O cie lunn-a o s'allargava in scià campagna, paiva de giorno, no passava unna fia de vento, giusto quarche baietto de can, quarche grillo cantadò. Wie schön diese Nacht war! Mondschein breitete sich über das Land, es war wie Tag, kein Lüftchen regte sich, nur Hundegebell irgendwo, das Zirpen von Grillen.

    Giovanni ritt nach Vigàta hinunter. Er klammerte sich wie ein Ertrinkender an sein Genuesisch, seine lengua zeneise, in der er zu leben und zu reden gelernt hatte, um sich vor den stichelnden Bemerkungen, vor dem Tratsch, den Verdächtigungen und Verstellungen zu schützen, in denen er fast untergegangen wäre, bei dem Theater, das sein Cousin Fefè auf sizilianisch aufgeführt hatte.

    Faltordner A

    An den Höchstwerthen
Signor Finanzpräsidenten
Montelusa
    (persönlich überbracht)

    Montelusa, am 10. September 1877

    BETREFF: Bericht des Hauptinspekteurs

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