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Untitled

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Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Bessing
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Wassers, wie es durch eine Vielzahl winziger Düsen komprimiert auf meine nackte Haut gespritzt würde, machte mir das Duschen unmöglich. Mir mit einem mit Lamellen von Klingen besetzten Rasierer die Bartstoppeln aus dem Gesicht zu kratzen war ebenso fürchterlich, wie die Vorstellung, meine Wohnung, gar das Haus zu verlassen. Mich den Blicken anderer auszusetzen. Ihnen Rede und Antwort zu stehen.
    Als es auf neun Uhr zuging, tätigte ich genau einen Anruf, um meiner Sekretärin das vor einiger Zeit verabredete Losungswort durchzugeben. Dieses Verfahren hatten wir auf Anraten meiner Therapeutin ausgeheckt, um mir für den Fall einer Depression die Kontaktaufnahme zur Außenwelt möglich zu machen. Durch die Übertragung des Wortes wusste meine Sekretärin nun, dass ich in den nächsten Tagen nicht im Verlag erscheinen würde. Auf meine Sekretärin konnte ich mich verlassen, wie die Mehrzahl meiner Mitarbeiter war sie loyal. Zwar hatte es im Verlauf der Zeit mit Julia einige aufsehenerregende Zusammenbrüche und Krisen während der Arbeitszeit gegeben, doch hatten sich das die Kollegen, die nicht in meinem Ressort tätig waren, mit meinem Drogenmissbrauch erklärt, der mir angedichtet worden war. Alkoholismus oder Drogenmissbrauch waren eher mit den Statuten des Verlages in Einklang zu bringen als sogenannte psychische Probleme. Von daher waren die Notlügen meiner Sekretärin innerhalb der verlagseigenen Moral einzusehen. Und selbst wenn ich zu diesem Zeitpunkt bereits geahnt haben könnte, dass ich in wenigen Wochen vor allem für mich selbst überraschend meinen Job verloren haben würde – angesichts der großen Katastrophe, dem Verlust meiner Seelenverwandten, meiner eindeutig großen Liebe: on s’en fout, wie man in Südfrankreich, wie es dort Philippe, der Wirt der Petit Bar an der Biegung der Ortsdurchfahrt von Cagnes-sur-Mer, allabendlich und von Herzen tief empfunden seinen unverschämten Gästen entgegenbringt.
    Bis ich allerdings, am Ende des nächsten Jahres, dort unter Philippes Gästen, den arbeitslosen Fischern von Cagnes-sur-Mer würde sitzen können, musste noch einiges geschehen. An jenem zweiten Morgen nach Julias Abflug hatte ich davon weder Ahnung, natürlich, noch Hoffnung, dass sich in meinem Leben überhaupt noch etwas ereignen würde. Ich fühlte mich sogar zu schwach, um zu Überzeugungen zu kommen; auf eine dem Schwindelgefühl ähnliche schwummerige Weise war mir bewusst gemacht, dass ich an einem möglichen Ende meiner Geschichte angelangt war.
    Den Selbstmordgedanken nickte ich wortlos grüßend, ohne aufzusehen zu, so als seien das die namenlosenStammgäste in einem Café. Es war schon beinahe wieder dunkel, da bekam ich die erste Nachricht von Julia. Die erste Zeile wurde mir in der Vorschau auf dem gleißend aufleuchtenden Display des Gerätes angezeigt. Ich entsperrte den Bildschirm ohne hinzusehen, um mich an der gesamten Nachricht erfreuen zu können, ohne mir diese Freude schon im Vorhinein gemindert zu haben, da ich den ersten Satz schon im Vorschaumodus gelesen hatte. Ich war ganz ruhig, äußerlich, doch in meinen Ohren sauste es, als sich die gläserne Blase öffnete und ich sofort sah, dass es sich um eine Nachricht von erheblichem Umfang handelte. Sie rekapitulierte die Reise, beschrieb mir das Wetter, den Strand und die Stadt. Sie schrieb, dass sie sich in ein paar Tagen ausführlicher würde melden können, einstweilen gäbe es eine Menge herauszufinden, zu entdecken und tun. Ich sollte nicht traurig sein: Deine J
    Wie wenig doch von einem Menschen in seinen Zeilen steckt. Und dann ist es doch eine ganz schöne Menge, die er schafft, herüberzubringen, zigzehntausend Kilometer mit ein paar Buchstaben, Punkt, Komma, Strich. Fix und fertig, das Telefon in der Hand, schlief ich ein.
    Adam Phillips sagt: Lovers, of course, are notoriously frantic epistemologists, second only to paranoiacs (and analysts) as readers of signs and wonders.
    Ich erwachte aus einem Traum. Noch nie zuvor hatte ich einen solchen Traum erlebt – was nicht mit der Dramaturgie des Traumgeschehens begründet war, auch nicht mit dem Personal –, es war die Machart, die Produktionsweise des Traumes an sich. In jener Nacht träumte ich von Julia dreidimensional. Jedenfalls schien mir das so zu sein. Mit dem verstörenden Effekt, dass mir lange Zeit nicht bewusst werden konnte, dass ich träumte, dass ich noch geträumt hatte. Mit wiederum dem nur noch weiter verstörenden Effekt dieses Effektes, dass

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