Untitled
mir, als ich begriff, dass ich träumte, bewusst wurde, dass ich diesen Traum tatsächlich als Wirklichkeit wahrgenommen hatte. Selbst das Licht, in dem ich Julia neben meinem Bett stehend gesehen hatte, war ein der Wirklichkeit entnommenes Frühlicht gewesen, ein diesiges Blaugrau, gemischt aus der Dunkelheit, in die das Licht der aufgehenden Sonne niedersinkt. Ich empfand mich als hellwach und zugleich stumm vor Glück. Mein rechter Arm lag angewinkelt neben meinem Gesicht, ich hätte sie leichterdings berühren können, so nah bei mir stand dort Julia, um eine Drittelumdrehung abgewandt. Sie war nackt. Und bückte sich in einer fließenden Bewegung, um vom Boden ihren Büstenhalter aufzunehmen. Mit niedergeschlagenem Blick – ich sah ihre langen dunklen Wimpern im Profil – ordnete sie die verknäuelten Tragebänder und das erlaubte mir für eine wie es mir schien sehr lange Zeit, mich mit der Betrachtung ihres Körpers, ihrer wunderschönen Brüste zu beschäftigen. Julia hat die schönsten Brüste, die ich jemals sehen durfte – das war mir schon vor dem Anblick klar, aber es ist dann sogleich doppelt schön, wenn ich etwas in meiner Vorstellung als schön Aufbewahrtes direkt vor meinen Augen zu sehen bekomme (und so war es für mich ja in diesem Moment: als träumte ich dies alles nicht, sondern als stünde dort Julia, und als läge ich dort – was dann auch einzig der Tatsache entsprach – und als ob all das, was zwischen mir und ihr gerade noch zu sehen und zu spüren war, die Welt also, ebenfalls Wirklichkeit war). Die doppelte Schönheit entstand aus der Freude darüber, dass Julias Brüste schön waren, sowie aus der Freude über mich selbst, dass meine Vorstellungen von der Schönheit ihrer Brüste realistisch waren. Dass ich ein wahrhaftiges Interesse an ihr hegte. Eben da verschränkte sie ihre zierlichen Unterarme hinter dem Rücken, um den Büstenhalter zu schließen, und begleitet wurde dieser Moment von einem langen dunklen Blick, den sie mir schenkte. Mehr als hundert Mal bestimmt hatte ich gehört oder gelesen, dass ein Blick noch mehr sagt als tausend Worte – Julia brachte es mit ihrem fertig, in mir unsere ganze Geschichte heraufzubeschwören. Vom Bücherregal in der fremden Wohnung bis zur Verhüllung ihrer geliebten Brüste – ich ließ meinen Blick abwärtsschweifen, doch sie war verschwunden und beugte sich von der anderen Seite des Bettes her über mich, sodass ich mit sanftem Druck ihre Weichheit auf meiner Brust zu spüren bekam, während sie meinen noch immer angewinkelten Unterarm umfasste. Behutsam führte sie ihre Haarspitzen über meine Stirn und über meine geschlossenen Lider, durch die hindurch ich ihr Gesicht mit den großen dunklen Augen ganz nahe vor mir sah. Ich fühlte, wie ihre geliebten Lippen sich auf meine legten. Wie Julia, die beste Küsserin, die ich kannte, den Auflagedruck ihrer Lippen um ein Minimales verstärkte, sodass ich die Kühle ihrer Lippen schmecken konnte und meine Lust, ihr meine Zunge in den Mund zu schieben, gewaltig wurde. Aber nun zog sie sich zurück, gerade genug, um einen Abstand einzunehmen, aus dem ich ihren Gesichtsausdruck erkennen konnte, ohne zu schielen: Da lächelte sie mich an. Und mit diesem Lächeln sagte sie: Schau, so viel Freude mache ich dir, solche Lust kann ich dir bereiten.
Dass sie sich ihrer Wirkung derart sicher war, vor allem willens war, dieses Potenzial zum Einsatz zu bringen, machte mich rasend vor Begierde. Sie legte ihre Lippen erneut auf die meinen, öffnete sie und schob mir ihre geliebte Zunge in den Mund. Ich spürte, wie ich das Bewusstsein zu verlieren drohte, als ich an ihrer Zunge, ihren Lippenzu saugen begann. Das war an dem Morgen vor ein paar Wochen gewesen, dem Morgen nach der Nacht, als wir die Kristalle gegessen hatten. Und als mir das eingefallen war, als ich beim Betrachten der küssenden Julia beginnen konnte, Überlegungen über die Entstehung dieser Erinnerung anzustellen, wurde mir bewusst, dass ich das alles träumte. Absichtlich vermeide ich es zu sagen: nur. Denn unter allen Träumen von Julia, die ich jemals haben durfte, war dieser etwas ganz Besonderes. Wie eine Belohnung. Nicht even better than the real thing, aber sehr nahe dran.
Lange lag ich nur da und versuchte, so viel wie nur möglich von dem verfliegenden Traumgeschehen in detaillierte Erinnerungen zu bannen. Von außen betrachtet mag das so ausgesehen haben, als sei ich wie betäubt – doch das Gegenteil war der Fall
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