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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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gepeitschter Baum zittert, gibt Signora Pirandello Anweisung, daß die kleine Statue wieder in die Kirche zurückgebracht werden soll.
      Doch der nicht wieder gutzumachende Schaden ist bereits erfolgt.
      Unter Schluchzen wird dem kleinen Luigi wieder einmal klar, daß er ins falsche Haus gekommen ist: seine Familie kann keine sein, in der man Lügen und Täuschungen einsetzt, um bestimmte Ergebnisse zu erreichen. Den Glauben hat er für immer verloren.
    Und Jahre später wird er in Bonn, auf der Universität, wo er studiert, in den Fragebogen, der die persönlichen Daten aller Immatrikulierten erfaßt, unter der Rubrik ›Religion‹ schreiben: ›Atheist‹.

    DIE FRAGE

    Während Don Stefano wegen seiner Geschäfte in Palermo festgehalten wird, erkrankt Donna Caterina schwer und bekommt hohes Fieber. Ihre Schwester Concettina, die ebenfalls in Girgenti wohnt, kommt mit einer Kutsche und bringt die Kranke und die kleinen Mädchen zu sich nach Hause. Luigi bleibt mit dem Hausmädchen in der Via San Pietro. Wenn Maria Stella hinausgeht, um einzukaufen, nimmt sie den kleinen Luigi mit.
      Eines Morgens, als sie vom Markt zurückkommen, haben, gleich nach der Einbiegung in die Via San Pietro, zwei kleine Jungen Maria Stella schweinisches Zeug gesagt. Sie ging zwar schneller, konnte aber wegen des kleines Luigi, den sie an der Hand hielt, nicht laufen.
      Einer der beiden war ein paar Schritte vorausgelaufen, hatte sich dann umgedreht und, während er das Mädchen scharf ansah, eine Hand an den Schritt seiner Hose geführt.
      »Na, willste dir meinen Schwanz angucken, Bella?« fragte er sie im Dialekt.
      Lachend hatte er die Arme ausgebreitet und angefangen, die Hüften vor- und zurückzubewegen:
    »Willste dir meinen nicht reinstecken?«
      Jetzt fing Maria Stella an, laut zu schreien, und die beiden Jungs machten sich blitzschnell aus dem Staub.
    Jeden Abend, wenn der kleine Luigi schlafen ging, setzte sich das Hausmädchen an sein Bett und erzählte ihm eine Geschichte. Am Abend dieses Ereignisses hatte sie nicht einmal Zeit, den Mund aufzumachen, als der Kleine sie schon fragte:
    »Was meinte der mit ›reinstecken‹?«
      Trotz des schwachen Lichts, das die Lampe auf dem Nachttisch abgab, konnte der kleine Luigi bemerken, daß Maria Stella schlagartig errötet war.
      Und sie antwortete im Dialekt: »Junger Herr, stellen Sie mir keine solchen Fragen.«
      »Doch, ich stell' sie dir aber. Was meinte der mit ›reinstecken‹?«
      Maria Stella schlug die Hände vors Gesicht, dann bekreuzigte sie sich und entschloß sich zu antworten.
      »Das ist etwas, das ein Mann und eine Frau machen, wenn sie verheiratet sind.«
      Der kleine Luigi gab sich nicht zufrieden, er bombardierte sie mit Fragen. Und Maria Stella, die inzwischen zu einer Feuerlohe geworden war und wegen ihrer Errötung fast schon mehr Licht gab als die Lampe, machte weiter mit ihren Erklärungen, so gut sie dazu in der Lage war.
      Irgendwann sagte der Junge, jetzt sei er müde. Das Hausmädchen gab ihm einen Kuß auf die Stirn, löschte die Lampe und ging, von dieser Pein endlich befreit, eilig aus dem Zimmer.
      Doch der kleine Luigi hatte gelogen, es stimmte nicht, daß er schlafen wollte, er wollte nur alleine sein, um nachzudenken, immer wieder nachzudenken über das, was er gerade eben gehört, was er gerade eben gelernt hatte. Und je öfter er in Gedanken darauf zurückkam, um so deutlicher spürte er in seiner Magengrube eine schwere Last.
    Nach einer Stunde, während der es ihm sehr schlecht ging, stand er hurtig auf, ging zur Toilette und übergab sich. Vielleicht waren ja die Meerbarben, die Maria Stella zum Abendessen für ihn zubereitet hatte, nicht frisch gewesen.

    DIE ÜBERTRETUNG

    Am nächsten Vormittag kam Tante Concettinas Hausmädchen und teilte mit, daß Donna Caterina wieder gesund sei und am folgenden Samstag nach Hause zurückkehren würde. Der kleine Luigi wußte nicht, ob er Freude oder Bedauern über diese Nachricht empfinden sollte: wenn die Mutter zurückkäme, würde er morgens nicht mehr mit Maria Stella zum Markt gehen, andererseits fing die Abwesenheit der Mutter an, ihn zu belasten. Er überlegte schnell: bis zur Rückkehr der Mutter würden ihm noch drei Tage einer relativen Freiheit bleiben.
      Während der Abwesenheit ihrer Herrin hatte Maria Stella die Gewohnheit angenommen, sich gleich nach dem Mittagessen hinzulegen und zu schlafen, und der kleine Luigi nahm diese Gelegenheit

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