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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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mit einer Prostituierten ausführen kann.

    BONN

    Der andere, in Deutschland nun, in Bonn am Rhein, unter einem großen Biberpelzhut: m ager, kränklich, eingefallen: ißt und schläft nicht; s tudiert sehr ernsthaft (so glaubt er selber) d er Sprache Ursprünge und Formen.

    Diese Strophe stammt aus dem eben erwähnten Gedicht, und der andere soll Luigi sein, so wie er war. Doch dieser andere ist wirklich ein anderer, der vertauschte Sohn, dem ein Nichts genügt, um sich ganz und gar zu verwirklichen, doch dieses Nichts hat die Form der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Vater, es handelt sich nicht darum, eine Nabelschnur zu durchtrennen, sondern eine schwere Eisenkette, die ihn gefesselt hält wie einen Hund an seiner Hütte.
    Die ersten Eindrücke für den aus der Sonne von Porto Empedocle dorthin katapultierten jungen Mann müssen wirklich traumatisch gewesen sein.

    Aus dem geschwollenen Rhein steigt herauf
    in der Nacht uns der Nebel wie blinde Bilder des Wahns
    schwarmgleich suchend die Leere.
    Schlüpft in lange verlassene Straßen,
    in Wogen sich brechend;
    dem Verdruß gibt er nach; träge legt er sich hin.
    Mit dem lästigen Schlaf, der reglos ihn ausstreckt am Boden
    Drückt er der Häuser Zeil',
    dunkel und schweigend dort drüben,
    Schwach in der Nacht auf der Wacht stehen Lampen und kahlgraue Bäume
    's scheint dort, als würge sie still seltsam ein neuer Krampf
    Ach, als war's längst erloschenen Lebens verbleibende Stimme, unwissend kündend die Zeit, so schlägt düster die Stunde.
    Fliehend durch wirr sich wälzende Wellen der Luft, so späht der Mond fast verdutzt hinab, auf die entschlafene Erd'.
    Ihm entgegen in einsamen schweren Schatten die Spitzen recken armgleich hinauf sehnsüchtig schmachtend die Kirchen.
    Eitle Begierde! Der Nebel ist ewig und ewig sein Reich hier.
    Hoffen heißt nur lange Pein', besser ist's ihm sich zu öffnen,
    Einzulassen das Grau seiner Nacht in die traurige Seele statt eitlen Fühlens im Schlaf, den er schläft, versinken
    heißt es in den Rheinischen Elegien.
    Allerdings handelt es sich hierbei immer wieder um poetischen Nebel, denn in Bonn genießt Luigi die heiterste, die unbeschwerteste Zeit seines Lebens. In den ersten Tagen hat er erhebliche Schwierigkeiten, sich verständlich zu machen: mit seinem literarischen Deutsch kann er im täglichen Leben wenig anfangen. Die Menschen in Bonn sprechen fast ausnahmslos rheinischen Dialekt, doch handelt es sich um äußerst freundliche Menschen. Luigi wurde von seinem Vater mit sehr viel Geld ausgestattet, das es ihm erlaubte, ein bequemes Leben zu führen (die ›Eisenkette‹ bestand aus einem Monatsbetrag von dreihundert Mark), alles andere als ein Student der Boheme. Er zieht ins Hotel »Zum Münster«. Er mag ja durchaus mager, kränklich, eingefallen sein, wie er in dem Gedicht sagt, aber Tatsache bleibt, daß er sich gut ernährt und mit Unterkunft und Mahlzeiten fast soviel zahlt wie in Rom: gleich nach dem Aufstehen Milchkaffee mit Brot und Butter; um halb zehn ein belegtes Brötchen; mittags Suppe, Fleisch, reichliche Beilagen, eine Zwischenmahlzeit, Obst, Kuchen und Kaffee; um vier Uhr je nach Wunsch ein Bier, ein belegtes Brötchen oder einen Kaffee; um sechs zum Abendessen Fleisch oder Fisch, Salat, Käse, Obst.
      Gelegentlich überkommt ihn die Lust, italienisch zu sprechen. Dann geht er ins Münster, wo ein Mosaikkünstler aus Veneden, Giovanni Sambo, Restaurierungen auf einem unendlich hohen Gerüst ausführt.
      Aber nicht immer geht er zu Sambo, um sich mit ihm auf italienisch zu unterhalten, oft bringt er auch seine Bücher mit und studiert.
       Fast den ganzen Tag, außer den Stunden der Ruhe und der Vorlesungen (die ich gerne in der Universität höre), befinde ich mich in der Kuppel des Münsters, die sich gleich gegenüber von meinem Hotel befindet… täglich klettere ich mit einem Buch oder auch zweien… das Gerüst hinauf und studiere unter der Bewunderung der Engel und Heiligen…
      Ein bißchen so, als wäre er wieder der Junge, der auf den Baum bei sich zu Hause klettert und dort liest, während er darauf wartet, daß Giovanna auf dem Balkon erscheint.
    Im Hotel schließt er Freundschaft mit einem jungen, vielsprachigen Iren, William Henry Madden, und mit ihm zieht er in das Haus eines gewissen Mohr, eines Geschäftsinhabers, der in der Neuthorstraße 1 auch Zimmer an Studenten vermietet. Doch bei ihm handelt es sich nicht um einen beliebigen Zimmervermieter, das Haus ist

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