Untitled
wunderbar eingerichtet, warm, gemütlich. Für einundvierzig Mark im Monat hat Luigi Anspruch auf zwei Zimmer, Frühstück, Bedienung und unbegrenzten Petroleumverbrauch für die Beleuchtung. Luigi ist von diesen Zimmern fasziniert. Vom Belvedere des Arbeitszimmers, schreibt er der Schwester, genießt man ein zauberhaftes Panorama: den Rhein, die Berge, das Land, die Stadt.
Im Hause Mohr gewinnt Luigi einen weiteren Freund. Dieser ist ein Doktor der Literaturwissenschaft und heißt Karl Arxt, er ist von seinem Vater verstoßen worden, weil er nicht Theologie studieren wollte, auch er war von der Universität geflogen, an der er eigentlich hätte lehren sollen, weil man ihn für einen gefährlichen Revoluzzer hielt: er vertritt nämlich sozialdemokratische Ideen, wo Bonn doch eine Stadt des konservativen Bürgertums ist. Mit einem Wort: noch ein vertauschter Sohn.
Zwischen den beiden entsteht eine harmonische Über
einstimmung; zudem unterrichtet Arxt Luigi hervorragend in Deutsch, so daß Luigi den Vorlesungen mit großer Leichtigkeit folgen kann: dafür unterrichtet er Arxt wiederum in Italienisch.
Die Begegnung mit Professor Foerster, zu dem er mit einem Schreiben von Monaci geht, ist denkbar herzlich, und zwar in einer Weise, daß er oft zum Mittag- und zum Abendessen eingeladen wird. Elegant und würdevoll, wie er ist, gewinnt er zahlreiche Freunde und Freundinnen der gehobenen Bourgeoisie, schreibt seiner Schwester, daß zwei junge Fräulein, Mary und Anna Rismann, ihn oft im Hause Mohr besuchen kommen und sein Zimmer durch einanderbringen, weil sie zwei kleine Teufel sind, wahre Ausbünde, über die Lina, seine Schwester, aber wegen dieser Freiheiten, die sie sich herausnehmen, nicht nachteilig denken dürfe: Es ist nur eine andere Erziehung hier und sehr viel menschlicher. Und noch einmal, um das Gelände von jeder Zweideutigkeit zu säubern: Würde ich dir denn, meine Schwester, von Frauen erzählen, die nicht ehrlich wären?
Aber er hat auch Umgang mit anderen Mädchen, die vielleicht ein bißchen geneigter sind, wie eine gewisse Else aus Köln, die er in dem Gedicht Melbthal verewigt.
Sie gehen in den Wald, unten sehen sie die Melb fließen, den sanften Bach, dort befinden sich Pärchen, die hierher kommen, um sich schlau zu machen… Dann sagt Else mit zitternder Stimme, sie fühle sich müde und möchte ein bißchen ausruhen.
Das Gedicht wirkt wie ein Gozzano ante litteram, ohne jeden Nachgeschmack von Wehmut, fast wie zum Gegenbeweis für Luigis heitere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit in diesen eineinhalb Jahren, die er in Bonn fern von Sizilien und von allen Problemen und Verpflichtungen verbringt, die die Insel mit sich gebracht hatte. Auch wenn er neuerliche Gesundheitsprobleme hat und ein Arzt ihm den Rat gibt, die dem Studium gewidmeten Stunden durch ausgedehnte Spaziergänge und Ausflüge zu unterbrechen.
Luigi ist tief beeindruckt vom Leben an der Universität
in Bonn, das so ganz anders ist als das in Rom. Trotz aller Strenge der Studien, unternehmen Studenten und Dozenten Ausflüge aufs Land, spielen gemeinsam Boccia und diskutieren abends, getröstet von riesigen Humpen Biers, ernsthaft über Fragen ihres Studiums. Die Dozenten haben familiäre Beziehungen mit den Studenten. Als Luigi merkt, daß er wieder am Herzen erkrankt, teilt er das Foerster mit, und der Professor schreibt ihm unverzüglich einen Empfehlungsbrief für einen Kollegen der Medizinischen Fakultät, Schultze, eine Koryphäe.
Luigi besucht die Theater, hört den Tannhäuser und wird zu einem begeisterten Wagnerianer, eine Begeisterung, die nicht lange währt, im Gegenteil.
Er arbeitet viel an seiner Dissertation, deren Thema ihm Foerster angeraten hat. Sie hat die Mundart von Girgenti zum Gegenstand. Darüber schreibt er an Monaci, daß er eine umfangreiche, noch von ihm selbst in Sizilien erstellte Sammlung von Märchen, volkstümlichen Liedern und Stegreifliedern bei sich habe und sich überlege, sie als Anhang zu seiner Dissertation zu veröffentlichen. Doch von dieser Sammlung verliert sich die Spur.
JENNY
Der Karneval in Bonn wird mit einem großen Maskenball auf dem nach Beethoven benannten Marktplatz eröffnet. Luigi nimmt daran teil und beschreibt sich ironisch in einem Brief an die Schwester folgendermaßen:
Auch ich habe einen Domino getragen und ja, erschreckt nur! - auch ich habe getanzt oder besser gesagt: ich bin gehüpft oder noch besser gesagt: ich bin meinem
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