Untitled
Kommunikationslosigkeit geschlossen wird. Aber sie ahnen auch, daß eine echte, tiefe Leidenschaft sie miteinander verbindet, eine wirklich starke körperliche Anziehung, die lange anhalten wird, so daß der Sohn Stefano sagen wird, daß sie in erster Linie Verliebte waren.
Die Portolanos erzählen, daß Luigi seine Frau in dieser ersten Nacht, der Hochzeitsnacht, aus Diskretion nicht angerührt hat. Die Arme, die völlig eingeschüchtert war von dem, was ihr, den Erzählungen der Schwestern zufolge, bevorstehen würde, ängstigte sich noch mehr über das, was sie nicht als eine Geste der Feinfühligkeit erkannte, sondern als Geste der Ablehnung. Ein weiteres Trauma.
Nach acht Tagen des Aufenthalts in Caos ziehen die jungen Eheleute nach Rom um.
KURZ, DAS GLÜCKLICHE LEBEN
Luigis und Antoniettas Zuhause in Rom, zwischen der Via del Tritone und der Via Sistina gelegen, ist weitläufig, bequem und gemütlich. Teppiche überall, Vorhänge, ein vornehmer Salon, um die Freunde zu empfangen, die zahlreich sind, allesamt Intellektuelle, Schriftsteller, Künstler. Doch Luigi besucht weiterhin jeden Sonntag das Haus von Ugo Fleres und läßt sich weiterhin im Café Aragno sehen. Mit anderen Worten: sein neues Zuhause verwandelt sich nicht in einen Treffpunkt, wie er es wohl ursprünglich gehofft hatte. Das Problem dafür liegt in Antoniettas Verhalten, die dem Freundeskreis ihres Mannes anfangs nicht ablehnend gegenübersteht, doch ganz sicher stellt er für sie etwas absolut Fremdartiges dar. Ihre Erziehung, ganz darauf ausgerichtet, eine gute Ehefrau im traditionellen und sizilianischen Sinn zu sein, erfüllt sie inmitten dieser Männergruppen mit Unbehagen. Zwar bringen diese Männer auch ihre Frauen mit, aber diese waren so ganz anders als sie, in der Art wie sie dachten und sprachen. Darüber hinaus spielte sie vor den Freunden Luigis eine stumme Figur, es fiel ihr einfach schwer zu verstehen, worüber sie sprachen. Sie kann, und sie weiß es, eine gute Hausfrau sein: dazu war sie erzogen worden. Daß sie aus dem Kloster nach Rom katapultiert worden war, daß sie die Verantwortung einer Hausherrin in einer Stadt übernehmen sollte, die sie störte und benommen machte, waren ganz sicher weitere Traumen, die sie zu überwinden wußte, indem sie die offenkundigsten Anzeichen verbarg. Zumal ihr Luigi, der längst davon überzeugt war, daß sie nicht nur nicht die geeignete Gefährtin auf dem Weg wäre, auf den er sich gemacht hatte, sondern sogar unfähig war, höher zu empfinden, sie gewissermaßen hinter sich läßt, damit sie sich um die Lebensmittelvorräte kümmern kann. War Antonietta damit einerseits durchaus zufrieden, so litt sie andererseits doch auch darunter. Das Gefühl der Einsamkeit in jenen Tagen muß sehr groß gewesen sein. Luigi ist zwar immer liebevoll, ein warmherziger Liebhaber, aber es ist auch nicht zu übersehen, daß ihre Ehe einen Sprung bekommen hat.
Endlich hat Luigi die wirtschaftliche Unabhängigkeit von seinem Vater erreicht und seine Identität als vertauschter Sohn ganz und gar erlangt, er schreibt und schreibt, und das mit einem Glück, das er vorher nicht gekannt hat. Jeden Monat erhält er von Don Stefano eine Geldüberweisung, seinen Anteil an den Erlösen des Unternehmens, dessen Kapital zum einen Teil aus der Mitgift Antoniettas besteht. Er kann sich den Luxus leisten, einige seiner Novellen veröffentlichen zu lassen, ohne ein Honorar zu verlangen. Nach einige Monaten fängt Antonietta an, unter Migräne zu leiden. Luigi hat einen Verdacht (wenn es nicht schon das ist, was ich aus ganzer Seele nicht möchte… wenigstens für den Augenblick), der sich bestätigt: im Juni 1895 wird ihr erstes Kind geboren, ein Junge, dem, der Tradition entsprechend, der Name Stefano gegeben wird.
Ach, in welche Trunkenheit mich das tiefe Gefühl des Guten in mir versetzt, meine zärtliche Liebe zu diesem Kind, die mich in den innersten Fasern der Seele in einem Glücksgefühl erzittern läßt, das keinen Namen hat, nur bei dem Gedanken, daß der Junge für mich und für seine Mutter existiert, bei dem plötzlichen Erscheinen seines Gesichtes vor meinen Augen, so wie ich ihn mir ausdenke! Ich sehe überall, überall das Gesicht meines Jungen, das mir fast so etwas wie der spontane Ausdruck dieser zärtlichen Liebe in mir zu sein scheint, ein Ausdruck, der sich auf alles Lebendige ausbreitet, von den niedrigsten bis zu den erhabensten Dingen!
Der Wille der Mutter und der gesamten
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