Untitled
Schwiegervater und seinen Schwägern wenigstens ein bißchen von dem ertragen, was sie in Rom ertragen muß. Luigi ahnt möglicherweise etwas von den Gründen seiner Frau, macht sich auf eine lange und mühevolle Reise, im Zug von Rom nach Neapel, mit dem Postschiff von Neapel nach Palermo, in der Kutsche von Palermo nach Girgenti, eine Reise, die durch die Hitze und die ungezogenen Kinder noch unerträglicher wird, und er wappnet sich mit heiliger Geduld, um den Aufenthalt in Bonamorone ohne allzu große Auseinandersetzungen mit dem widerwärtigen Schwiegervater durchzustehen.
Wie es damals üblich war, fuhren die Pirandellos vor ihrer Abreise nach Rom zwischen Girgenti und Porto Empedocle für die Verabschiedungszeremonie hin und her. Vor jedem Besuch präsentierte sich tags zuvor ein Hausmädchen, das - natürlich im Dialekt - den rituellen Satz aussprach:
»Ich teile mit, daß morgen nach dem Mittagessen gegen fünf Signora 'Ntunietta Pirandello der Herrin unseres Hauses einen Besuch abstatten möge, und zwar in Begleitung ihres Gatten.«
Am folgenden Tag nach dem Mittagessen gegen fünf wurde dieser Besuch gemacht. So war es auch bei der Familie Fragapane in den ersten Septembertagen des Jahres 1899. Signor Fragapane war nicht anwesend, er hatte eilig nach Caltanisetta aufbrechen müssen, wo er eine Mine besaß.
Luigi begleitete seine Frau zum Haus der Fragapanes und ging dann zu seinem Freund Giuseppe (Pepè) Malato, der seit sechs Jahren Bürgermeister von Porto Empedocle war. Ein Historiker aus Porto Empedocle schrieb:
»Er besaß ein absolut ungewöhnliches Temperament und muß über besonderen Charme verfügt haben, den er nicht nur gegenüber Frauen eingesetzt hat, sondern auch gegenüber den hohen Polizeibeamten, den Carabinieri und den Präfekten von Girgenti, die ihn, trotz seiner stürmischen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Ehe, seiner Duelle, seiner unglückseligen Finanzabenteuer, immer wieder für eine ganze Reihe ritterlicher Auszeichnungen vorschlugen und dafür seine unzweifelhaften Meriten aufzählten, die er sich bei der Vertretung unseres Ortes in Rom und auch im Ausland erworben hatte. Das Volk mochte ihn immer sehr.«
Jedesmal, wenn Pepè nach Rom führ (und hier muß
gesagt werden: ihm genügte schon der geringste Vorwand, um das zu tun), kam er Luigi besuchen, der sich unbändig amüsierte, wenn er ihn von seinen wagemutigen Unternehmungen erzählen hörte. Aus einer dieser Unternehmungen machte Pirandello einen Einakter, dem er den Namen des Hauptakteurs gab, Cecè und nicht Pepè, wie es eigentlich hätte heißen müssen, aber hier spielte die Diskretion gegenüber dem Freund eine Rolle.
Indessen bemerkt Signora Fragapane, daß Antonietta schweigsam und geradezu unfreundlich ist. Sie hat Fausto mitgebracht, der auf ein Bettchen in einem Nebenzimmer gelegt worden ist und schläft. Im Salon entdeckt Antonietta einen schönen neuen Flügel: ohne um Erlaubnis zu fragen, steht sie vom Sofa auf, klappt den Deckel des Instruments hoch, nimmt den bestickten Samtläufer von den Tasten, setzt sich hin und fängt an zu spielen. Signora Fragapane versucht irgendein Gespräch, aber Antonietta reagiert nicht, sie scheint nicht einmal zu hören, sie spielt einfach weiter. Hin und wieder allerdings bricht die Melodie ab, Antonietta haut geradezu auf die Tasten, voller Wut, macht es so noch eine Weile weiter, dann fängt sie wieder an, ein erkennbares Thema zu spielen. Signora Fragapane fängt an, sich Sorgen zu machen, fragt Antonietta, ob sie vielleicht einen sizilianischen Kaffee, einen Rosolio, eine Granita möchte… Nichts, nur dieses unaufhörliche Herumgeklimpere, in einem Augenblick normal, im nächsten Augenblick mit falschen, mißtönenden Noten. Sie weiß nicht, was sie tun soll. Glücklicherweise kommt in diesem Augenblick Signor Fragapane aus Caltanisetta zurück, und seine Frau setzt ihn gleich in Kenntnis über das, was hier stattfindet. Daraufhin geht Signor Fragapane Luigi suchen, aber es ist nicht leicht, ihn zu finden, man hat ihn gesehen, unten am Hafen, wo er mit dem Bürgermeister spazierenging. Endlich erblickt er ihn, unterrichtet ihn und bringt ihn mit nach Hause. Hier nimmt Luigi einen Stuhl, setzt sich neben seine Frau und beginnt, leise mit ihr zu sprechen. Die Fragapanes haben den Eindruck, daß Luigi handelt, als sei er schon einmal in dieser Lage gewesen und würde wissen, was er sagen und tun müsse. Doch Fausto ist es, der mit seinem
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