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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Portolano, Witwer, ein Händler, der im Ruf stand, ein Wucherer zu sein, hat drei Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen: Giovanni und Carmelo leben bei ihm, Antonietta dagegen wird im Kloster der Schwestern des Heiligen Vincenz erzogen. Die männlichen Familienmitglieder im Hause Portolano leiden an übersteigerter Eifersucht, die bisweilen ans Surreale grenzt. Ich irre, das Verb leiden hätte ich für die weiblichen Portolanos verwenden müssen. Seiner Frau hatte Calogero die genauen Maße vorgeschrieben, denen entsprechend sie die Fensterläden öffnen durfte, ein paar Zentimeter, gerade soviel, um einen Streifen Lichts und etwas frische Luft hereinzulassen. Sie auch nur eine Idee weiter zu öffnen, wäre unanständig gewesen. Signora Portolano, die arme, hatte diese bedrückenden Vorschriften ihres Mannes so sehr verinnerlicht, daß sie, als sie eine schwierige Geburt hatte und die Hebamme selbst nicht weiter wußte, lieber starb als sich von einem Arzt anschauen zu lassen. Wenn Antonietta sonntags in Reih und Glied mit ihren Freundinnen spazierenging, mußte sie den Blick immer zur Erde wenden.
    Und diejenigen, die kontrollierten, daß dies auch der Fall war, waren immer der Vater oder einer der beiden Brüder. Wenn das Mädchen zufällig den Kopf hob und ihren Blick schnell herumwandern ließ, brüllte der wachhabende Familienmann sie gleich an. Das war der Grund, weshalb in Girgenti niemand Antonietta jemals ins Gesicht geblickt hatte.
      Nachdem die Modalitäten bezüglich der Überweisung der Quoten der Mitgift mühsam ausgearbeitet worden sind, kommt endlich der Tag, an dem sich die beiden Verlobten kennenlernen. Doch auch noch bei dieser Gelegenheit fällt Calogero Portolano eine weitere Spitzfindigkeit ein. Er hat Angst, daß, wenn die Bekanntschaft aus irgendeinem Grund nicht zur offiziellen Verlobung führt, man über seine Tochter Antonietta nachteilig sprechen, gar über sie klatschen könne und sie damit unweigerlich kompromittiert sei.
    Also ersinnt er einen Plan. Zu einer mit größtmöglicher Genauigkeit festgelegten Stunde werden alle Portolanos mit einer Kutsche nach Porto Empedocle fahren, während von dort aus zur selben Stunde sich eine Kutsche mit den Pirandellos nach Girgenti aufmacht. Sofern die Zeit des Aufbruchs und des Weges eingehalten wird, begegnen sich die beiden Kutschen auf der Höhe des Weges, der von der Provinzialstraße zum Haus der Pirandellos in Caos führt. So geschieht es. Und es beginnt die Aufführung, an der ein paar streunende Hunde und der eine oder andere vor sich hindösende Bauer teilnehmen. Nachdem sie aus ihren jeweiligen Kutschen gestiegen sind, tauschen Calogero Portolano und Don Stefano Grüße und Höflichkeiten aus, bis Don Stefano schließlich den schicksalhaften Satz spricht:
      »Wieso kommen Sie nicht zu uns? Mein Haus ist doch nur ein paar Schritte von hier entfernt…«
      Die Kutschen setzen sich in Bewegung, die der Pirandellos vorne, um den Weg anzuzeigen, die der Portolanos hinterher. Und auf diese Weise ist Antoniettas Ehre gesichert, niemand, der anwesend ist, wird behaupten können, daß die Begegnung arrangiert worden sei, vielmehr sei die Begegnung rein zufällig gewesen.
    Im Wohnzimmer sitzen sich die beiden Parteien von Angesicht zu Angesicht gegenüber, sprechen vom Wetter, über Geschäfte, die Frauen sprechen über Kleider. Strengstens verboten ist jeder Hinweis auf eine mögliche Verlobung. Luigi und Antonietta blicken sich gelegentlich an, natürlich völlig unauffällig. Luigis unmittelbare Feststellung ist, daß seiner zukünftigen Frau das dritte »F« fehlt: das für »fürchterlich«. Antonietta ist äußerst anmutig, sanft, freundlich und schüchtern, die Schüchternheit ist möglicherweise auf die Umstände des Zusammentreffens zurückzuführen, das heißt, daß sie wie eine Art feilgebotene Ware betrachtet wird, die dem Geschmack des Käufers vorgestellt wird. In Wirklichkeit ist es natürlich genau umgekehrt: sie ist es, die sich mit ihrer Mitgift einen Ehemann kauft.
      Antonietta mag Luigi auf der Stelle, möglich, daß sie zu Hause ihrem Vater gegenüber mit allzu großer Begeisterung über ihn spricht, denn der hört verdrossen zu. Vielleicht ist ja auch Luigi mit von der Partie, und er hat gegen dieses Mädchen nichts einzuwenden.
      Seinem Freund De Gubernatis, der ihn tags darauf fragt, wie die Zusammenkunft denn verlaufen sei, antwortet Luigi, er habe gefunden, daß sie eine gute Ehefrau abgibt, daß sie die

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