Untitled
Ostseite der Turnhalle schimmerte in einem warmen, orangefarbenen Licht, das beinahe geisterhaft wirkte. Wieder der bittere Geschmack und der Wunsch, mit Steinen zu werfen.
»Ich sehe die Lichter, ich sehe die Partylichter«, murmelte er.
»Hm?« Sie drehte sich zu ihm um.
»Nichts.« Er berührte ihren Nacken. »Ich denke, ich überlaß es dir.«
Billy hatte es selber gemacht, weil er sehr gut wußte, daß er sonst niemandem trauen konnte. Das war eine harte Lektion gewesen, viel härter als die, die man in der Schule lernte, aber er hatte gut gelernt. Die Jungen, die mit ihm in der vergangenen Nacht zu Hentys Farm gegangen waren, hatten nicht einmal geahnt, wofür er das Blut brauchte. Sie vermuteten möglicherweise, daß Chris die Hand im Spiel hatte, aber auch dessen konnten sie nicht sicher sein.
Er fuhr wenige Minuten, nachdem sich die Donnerstag nacht in Freitag morgen verwandelt hatte, auf den Parkplatz der Schule. Zweimal drehte er die Runde, um sicher zu sein, daß keines der zwei Polizeiautos von Chamberlain in der Nähe war.
Er fuhr mit abgeschalteten Scheinwerfern auf den Parkplatz, von da aus weiter zur Rückseite des Gebäudes, wo er anhielt. Etwas weiter entfernt schimmerte der Footballplatz unter einer dünnen Nebelschicht.
Er öffnete den Kofferraum und machte die Kühltasche auf. Das Blut war gefroren, aber das war schon in Ordnung. Es hatte die nächsten vierundzwanzig Stunden Zeit aufzutauen.
Er stellte die Eimer zu Boden und holte dann eine Anzahl Werkzeuge aus seiner Werkzeugtasche. Er stopfte sie in seine Gesäßtasche und nahm einen braunen Sack vom Sitz. Schrauben klirrten darin.
Er arbeitete ohne Eile, vollkommen konzentriert, wie jemand, der mit keinerlei Störung rechnet. Die Turnhalle, in der getanzt werden sollte, war gleichzeitig das Auditorium der Schule, und die kleinen Fenster an der Seite, wo er geparkt hatte, führten zum Abstellraum hinter der Bühne.
Er suchte sich ein flaches Werkzeug mit einem spatelförmigen Ende aus und steckte es zwischen Rahmen und Einfassung eines Fensters. Es war ein gutes Werkzeug. Er hatte es selbst im Eisenwarenladen von Chamberlain gemacht. Er rüttelte ein bißchen hin und her, bis sich der Riegel löste. Dann stieß er das Fenster auf und glitt hinein.
Es war sehr dunkel. Der Geruch von alter Farbe, wohl von der Bühnendekoration des Theaterklubs, beherrschte den Raum. Die unförmigen Schatten von Instrumenten und Notenständern lehnten an den Wänden. Mr. Downers Klavier stand in einer Ecke.
Billy nahm eine kleine Taschenlampe aus dem Sack, tastete sich zur Bühne vor und trat durch die roten Samtvorhänge. Der blanke Turnhallenboden mit den aufgemalten Basketball-Linien glänzte wie ein bernsteinfarbener See. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe auf die Bühne, wo jemand mit Kreide die Umrisse der Thronsessel von König und Königin aufgemalt hatte. Dann würde die ganze Vorbühne mit Papierblumen bestreut sein... warum, wußte der Himmel.
Er reckte den Hals und schickte den Lichtstrahl der Taschenlampe hinauf in die Schatten. Über ihm hingen Girlanden kreuz und quer. Die Träger über der Tanzfläche waren mit Kreppapier umwunden worden, aber direkt über der Bühne hatte man nicht dekoriert. Ein kurzer Vorhang verdeckte dort die Balken, und vom Turnsaal aus waren sie nicht sichtbar. Der Vorhang verhüllte außerdem die Scheinwerfer, die die Bühnendekoration anstrahlen sollten.
Billy knipste die Taschenlampe aus, ging zur linken Ecke der Vorbühne und kletterte eine Leiter hinauf, die an der Wand befestigt war. Der Inhalt des braunen Sackes, den er zur Sicherheit in sein Hemd gestopft hatte, klirrte seltsam laut in dem leeren Turnsaal.
Die Leiter endete an einer kleinen Plattform. Der Schnürbo den war jetzt zu seiner Rechten, die Turnhalle selbst zur Linken. Auf dem Schnürboden waren die Utensilien des Theaterklubs untergebracht, manche noch aus dem Jahr 1920. Eine Büste der Pallas, die in irgendeiner alten Version von Poes Die Raben verwendet worden war, starrte Billy mit blinden, verstaubten Augen an. Direkt vor ihm lief ein Stahlträger über die Vorbühne. Die Lampen, die man zur Beleuchtung des Bühnenbildes brauchte, waren an seiner Unterseite befestigt.
Er betrat den Balken und ging ohne Anstrengung auf ihm entlang, bis er direkt über der Bühne stand. Dort ließ er sich auf die Knie nieder und spähte hinunter.
Ja. Mit Hilfe seiner Taschenlampe
Weitere Kostenlose Bücher