Untitled
Überredungskünstler zu sein.«
»Er hat eine eigene Art von Stärke«, sagte Rorsefne zärtlich. »Unterschätzen Sie Manfred nicht, Kapitän. Körperlich und charakterlich erscheint er schwach, aber er liebt es, sich so zu zeigen.«
»Das hört sich sehr geheimnisvoll an«, erwiderte Arflane, halb belustigt.
»Er ist komplizierter als wir, denke ich. Er verkörpert etwas Neues – vielleicht eine neue Generation. Sie mögen ihn nicht, nehme ich an. Aber vielleicht finden Sie ihn einmal so sympathisch wie meine Tochter.«
»Jetzt werden Sie wirklich sonderbar, Sir. Ich glaube nicht, daß ich bisher auch nur für irgend jemanden Interesse gezeigt habe.«
Rorsefne ignorierte diese Bemerkung und sagte mit schwächerer Stimme: »Kommen Sie nach der Jagd wieder zu mir. Dann erkläre ich Ihnen die Karten, und Sie werden mir dann sagen, ob Sie das Kommando übernehmen.« »Sehr gut. Leben Sie wohl, Sir.«
Als Arflane den Raum verließ, begriff er, daß er unwiderruflich in die Angelegenheiten der Rorsefnes hineingezogen worden war. Seit dem Augenblick, als er dem Alten das Leben gerettet hatte, war sein Schicksal mit dem der Rorsefnes verbunden. Sie hatten ihn irgendwie beeinflußt. Er wußte, daß er
das Kommando übernehmen würde, das Pyotr Rorsefne ihm angeboten hatte. Irgendwie fühlte er sich nicht mehr als eigener Herr, ohne jedoch seine Integrität verloren zu haben. Pyotr Rorsefnes Charakterstärke, Ulrica Ulsenns Schönheit und Grazie, Manfred Rorsefnes Scharfsinn und sogar Janek Ulsenns störrische Art hatten ihn eingefangen. Verstört kehrte er in den Frühstücksraum zurück.
6
Die Jacht lag, getrennt von einer niedrigen Mauer aus Eisblökken, im Privathafen der Rorsefnes.
Es war ein kalter Morgen. Der Himmel war rauchgelb und von orangefarbenen und rosa Streifen durchbrochen, die sich auf der Eisfläche spiegelten. Arflane folgte Manfred Rorsefne über die noch weiche Schneedecke zur Jacht. Hinter Arflane kamen Janek und Ulrica Ulsenn, die auf einem kleinen, verzierten Schlitten saßen, der von zwei Dienern gezogen wurde. Sie saßen Seite an Seite, in dicke Pelze gehüllt, die Hände in große Muffe geschoben und ihre Gesichter fast völlig von den Kapuzen verdeckt.
Die Besatzung war schon vollzählig anwesend und machte sich an den Segeln zu schaffen. Eine mächtige Harpune, die wie eine große Armbrust aussah und mittels einer Feder gespannt wurde, war auf dem Bug der Jacht befestigt.
Arflane lächelte, als er die schwere Waffe betrachtete. Sie schien zu groß für diese schlanke Jacht, war aber ein erstklassiges Stück. Er folgte Manfred die Laufplanke hinauf und war überrascht, Urquart zu begegnen, dessen schmale Augen ihn scharf musterten. Urquart hatte seine eigene Harpune, wie üblich, auf den linken Unterarm gelegt. Sein hageres Gesicht und sein Körper blieben unbeweglich. Dann machte er plötz
lich kehrt und ging nach achtern zum Steuerhaus.
Janek Ulsenn half seiner Frau an Bord und machte ein besorgtes Gesicht. Arflane dachte, daß sie eher ihrem Mann hätte behilflich sein müssen.
Ein Offizier in weißer und grauer Pelzkleidung kam das Deck entlang auf die Gäste zu. Er meldete sich bei Manfred Rorsefne, obwohl das Protokoll vorschrieb, daß er sich zunächst dem Familienältesten, in diesem Fall Janek Ulsenn, vorzustellen habe.
»Wir sind bereit, Sir. Übernehmen Sie das Kommando?«
Manfred schüttelte langsam den Kopf und trat lächelnd zur Seite, so daß er nicht mehr zwischen Arflane und dem Offizier stand.
»Dies ist Kapitän Arflane. Er wird das Kommando übernehmen.«
Der Offizier, ein stämmiger Mann Mitte dreißig mit einem sorgfältig gestutzten schwarzen Bart, nickte Arflane zu. »Ich kenne Sie, Sir«, sagte er, »und ich bin stolz darauf, unter Ihrem Kommando zu fahren. Kann ich Ihnen das Schiff zeigen, bevor wir loslegen?«
»Danke.« Arflane begleitete den Mann zum Steuerhaus. »Wie heißen Sie?«
»Haeber, Sir. Erster Offizier. Wir haben außerdem einen Zweiten Offizier, einen Bootsmannsmaat und die übliche kleine Besatzung. Keine schlechten Leute, Sir.« »Sind einige Walfänger?«
»Sehr wenige, Sir. Wir haben Long Lance Urquart an Bord, wie Sie wissen, Sir; aber er ist natürlich ein Harpunier.« »Dann hoffe ich, daß Ihre Männer rasch begreifen werden.« »Sie werden begreifen, Sir.«
»Ist Ihre Mannschaft so gut, wie Sie sagen, dann werden wir bei der Jagd keine Schwierigkeiten haben. Ich kenne die Wale. Führen Sie alle Anweisungen aus, die ich
Weitere Kostenlose Bücher