Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
wildfremden Mann zu seinem Erben gemacht! Da hätte er sein Vermögen auch Urquart hinterlassen können, der immerhin ein Blutsverwandter von ihm ist. Ich könnte das Testament anfechten und –«
    Manfred Rorsefne schürzte seine Lippen und schüttelte langsam den Kopf. »Das kannst du nicht, Cousin. Ich habe das Testament des alten Lord öffentlich verlesen. Jeder wird wissen, daß du dich nicht an die Bedingungen hältst.«
    Arflane fiel etwas ein. »Haben Sie auch allen Bürgern etwas von New York erzählt?«
    »Ich habe New York nicht namentlich erwähnt, sondern es lediglich als ›ferne Stadt nördlich des Plateaus‹ bezeichnet.« »Dann ist ja alles in Ordnung.« Ulsenn lächelte. »Du segelst einfach zur entferntesten Stadt der acht Städte …«
    »Nördlich des Plateaus?« fragte Manfred höhnisch. »Und wenn das Testament eine der acht Städte meinte, würde das praktisch eine Kriegserklärung sein. Deine Schmerzen trüben dir den Verstand, Cousin.«
    Ulsenn räusperte sich und starrte Manfred an. »Du wirst frech, Manfred. Vergiß nicht, daß ich jetzt der Lord bin. Ich könnte euch beide zum Tode verurteilen …«
    »Ohne Gericht? Das sind wirklich leere Drohungen, Cousin. Würden die Leute wohl damit einverstanden sein?«
    Ulsenn wußte, daß er kein Mitglied der respektierten Rorsefne-Familie bestrafen konnte, dazu war seine Position in der Stadt zu schwach. Er hatte seinen Titel durch Heirat bekommen. Darum verfolgte er dieses Thema nicht weiter.
    »Es ist das Testament von Pyotr Rorsefne«, erinnerte Manfred ihn noch einmal. »Was du auch davon halten magst, Cousin, Kapitän Arflane übernimmt das Kommando der Ice Spirit . Mach dir keine Sorgen, Ulrica und ich werden unsere Familie
    repräsentieren.«
    Ulsenn sandte Arflane einen feindseligen Blick zu. Dann gab
er den Dienern das Zeichen, die Bahre aufzuheben. »Wenn
Ulrica geht, dann gehe ich auch!«
Die Diener trugen ihn hinaus.
    Arflane sah Manfred Rorsefnes belustigten Blick auf sich gerichtet. Der junge Mann mußte irgend etwas festgestellt haben. Arflane war ganz und gar nicht auf Janek Ulsenns Erklärung vorbereitet gewesen. Er hatte geglaubt, daß Ulsenn seine neue Macht festigen und zu krank und zu feige sein würde, an dieser Expedition teilzunehmen. Manfred lachte.
    »Kopf hoch, Kapitän, Janek wird uns auf dieser Reise nicht belästigen. Er ist ein Buchhalter, ein Kaufmann, der nichts vom Segeln versteht. Er kann nicht mitreden, selbst wenn er es wollte. Er wird uns nicht helfen, den Hort der Mutter des Eises zu finden, aber er wird uns auch nicht daran hindern.« Doch die Wendung der Ereignisse hatte Arflane verstört. Er mußte sofort mit Ulrica reden.
    »Wann wollen Sie das Schiff inspizieren und die Mannschaft zusammenstellen, Kapitän?« fragte Manfred.
    »Morgen«, antwortete Arflane schroff. »Ich sage Ihnen noch Bescheid.«
    Er verabschiedete sich und verließ den Raum. Er fand Ulrica im Hauptwohnraum. Sie stand hastig auf, kaum daß er die Tür geöffnet hatte. Arflane schloß die Tür, aber sie versuchte, an ihm vorbeizukommen. Er hielt sie fest, aber sie drehte den Kopf zur Seite, als er sie anblicken wollte.
    »Was hast du, Ulrica?« Seine dumpfe Vorahnung verstärkte sich noch. »Was ist? Hast du gehört, daß dein Mann uns begleiten will? Liegt es daran, daß du –?«
    Sie sah ihn kühl an und sagte förmlich: »Tut mir leid, Kapitän, aber es dürfte besser sein, wenn wir alles vergessen, was letzte Nacht zwischen uns vorgefallen ist. Wir waren beide ein wenig durcheinander. Ich habe eingesehen, daß es besser ist, wenn ich bei meinem Mann bleibe.« Ihre ganze Art hatte etwas Gekünsteltes, Steifes.
    »Ulrica!« Er griff nach ihren Schultern. »Solltest du mir das sagen? Hat er dir gedroht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Lassen Sie mich los, Kapitän.«
    »Ulrica …« Seine Stimme klang heiser. Er ließ seine Hände von ihren Schultern gleiten. »Ulrica, warum –?«
    »Ich erinnere mich, daß Sie sich sehr nachdrücklich für die alten Traditionen einsetzten«, sagte sie. »Sie erwähnten auch, wie sehr Sie die Charakterstärke meines Vaters bewunderten, und daß ich die gleichen Eigenschaften besäße. Vielleicht haben Sie sich nicht geirrt, Kapitän. Ich bin entschlossen, bei meinem Mann zu bleiben.«
    »Aber du liebst mich! Deine jetzige Stimmung ist nur eine Reaktion, weil im Augenblick alles sehr kompliziert aussieht. Du sagtest heute morgen, du würdest immer mir gehören.« Er haßte die Verzweiflung, die in

Weitere Kostenlose Bücher