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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Anwesenheit
im Zimmer war ihm unangenehm.
»Und wie denken Sie jetzt darüber?«
    »Ich werde das Kommando übernehmen«, sagte Arflane. »Es wird jedoch noch einige Zeit vergehen. Ich muß den Schoner genauestens überprüfen und mir die Karten ansehen.« »Ich besorge Ihnen die Karten«, versprach Manfred. Er warf Ulrica einen Seitenblick zu. »Und was hast du beschlossen, Cousine?«
    »Den Wunsch meines Vaters zu respektieren«, antwortete sie.
    »Gut.« Manfred lehnte sich zurück. Er hatte es offenbar nicht eilig, das Zimmer zu verlassen.
    Arflane aß absichtlich langsam in der Hoffnung, daß es Manfred langweilig werden möge. Doch Manfred plauderte und schien viel Zeit zu haben. Ulrica wurde zusehends nervöser, stand schließlich auf und verließ den Raum. Arflane bezwang sein Verlangen, ihr sofort zu folgen.
    Kaum war Ulrica weg, erhob sich auch Manfred Rorsefne. »Warten Sie einen Augenblick, Kapitän«, sagte er. »Ich hole die Karten.«
    Arflane fragte sich, ob Manfred ahnte, was in der Nacht vorgefallen war. Er wußte jedoch, daß Manfred, wenn er es erraten hatte, Janek Ulsenn nichts erzählen würde. Denn Manfred Rorsefne haßte Ulsenn, das hatte er Arflane deutlich genug zu verstehen gegeben.
    Wenig später kehrte Rorsefne mit den Karten unter seinem unverletzten Arm zurück. Arflane nahm sie ihm ab und breitete sie auf der Tischfläche aus, die von der Dienerschaft abgeräumt worden war.
    Die größte Karte zeigte einen Bezirk von mehreren tausend Quadratmeilen. Darauf waren die Umrisse Nord- und Südamerikas skizziert, beide unter dem Eis begraben. Wenn das die Arbeit des alten Pyotr Rorsefne war, dann mußte er sich große Mühe gegeben haben. Deutlich eingezeichnet war das frühere Mato-Grosso-Gebiet – das Plateau, auf dem heute die acht Städte waren. Ebenfalls deutlich herausgestellt waren zwei Drittel der Ostküste des nördlichen Kontinents: New York. Vom Mato-Grosso-Plateau nach New York war eine Linie gezogen. Darunter hatte Rorsefne geschrieben: ›Direkter Kurs – unmöglich.‹ Eine gestrichelte Linie beschrieb eine andere Route, die grob den alten Landmassen folgte. Darunter war zu lesen: ›Wahrscheinlicher Kurs.‹ Hier und da war diese gestrichelte Linie korrigiert worden und mit Zeichen versehen, die Eisbrüche, Geiser und Barbarenstädte andeuteten. Doch die genaue Position war nicht festgelegt.
    »Er hat diese Karten aus der Erinnerung gezeichnet«, sagte Manfred. »Das Logbuch und die Originalkarten gingen mit dem Wrack verloren.«
    »Könnten wir nicht das Wrack suchen?« fragte Arflane.
    »Wir könnten – aber das Schiff brach völlig zusammen. Karten und Logbuch sind entweder vernichtet oder unter dem Schnee begraben.«
    Arflane breitete die anderen Karten aus. Sie nützten nicht viel, doch sie vermittelten ein etwas genaueres Bild von dem Bezirk einige hundert Meilen nördlich des Plateaus.
    »Wir wissen jedenfalls, daß es möglich ist, dorthin zu kommen«, sagte Arflane verdrießlich. »Wir können diesem Kurs folgen und das Beste hoffen – aber ich hätte nähere Einzelheiten erwartet. Und ich frage mich, ob der alte Mann wirklich New York entdeckt hat.«
    »Mit ein wenig Glück wissen wir es in ein paar Monaten«, sagte Manfred lächelnd.
    »Aber die Karten haben mich enttäuscht«, beharrte Arflane.
    »Wir werden ein besseres Schiff, eine bessere Mannschaft und einen besseren Kapitän haben«, versicherte ihm Manfred. »Ich suche mir die einzelnen Leute persönlich aus«, sagte Arflane, die große Karte aufrollend. »Ich werde jeden Fuß Segelfläche und jedes Gramm Proviant prüfen, das wir an Bord nehmen. Bis zum Auslaufen werden mindestens noch zwei Wochen vergehen.«
    Manfred wollte gerade etwas sagen, als die Tür geöffnet wurde. Vier Diener trugen Janek Ulsenn auf der Bahre herein. Der neue Herrscher von Friesgalt schien in wesentlich besserer Verfassung zu sein als am Abend zuvor. Er hatte sich aufgerichtet.
    »Da bist du ja, Manfred! Hast du heute morgen Strom gesehen?«
    Strom war Pyotr Rorsefnes Faktotum. Manfred schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Ulsenn deutete den Dienern an, die Bahre abzusetzen. Sie führten diesen Befehl vorsichtig aus.
    Manfred deutete auf die Karten. »Ich habe Kapitän Arflane die Karten gezeigt, die wir zur Expedition brauchen.« »Dann willst du dich an den Text des Testaments halten?« fragte Ulsenn scharf. »Ich habe nach wie vor etwas gegen diese Expedition. Pyotr Rorsefne muß nicht mehr bei Verstand gewesen sein. Er hat einen

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