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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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welchen Kurs der Schoner nehmen würde. Daß Urquart unaufgefordert bei der Waljagd mitgemacht hatte, war verständlich gewesen, aber es gab einfach keine logische Erklärung dafür, weshalb ein Berufsharpunier an einer Expedition ins Ungewisse teilnahm. Oder vielleicht fühlte Urquart sich verpflichtet, den Neffen und die Tochter seines toten Vaters zu beschützen. Wie dem auch sei, Urquart war für Arflane ein rätselhafter Fremder, den er dennoch irgendwie sympathisch fand. Denn nur Urquart schien während der verflossenen Wochen Verständnis für seine schlechte Laune aufgebracht zu haben.
    Arflane lehnte sich an die Reling und beobachtete die Männer bei ihrer Arbeit. Der Schoner befand sich in keiner Gefahr, und bis sie den Rand des Plateaus erreicht hatten, konnten sie mehrere Tage lang mit voller Geschwindigkeit segeln. Er gab sich dem Genuß hin, alles zu vergessen, bis auf die Bewegung des Schoners unter ihm und den Anblick der von den Kufen aufgewirbelten Schneewolken. Durch die Wolken am Himmel blinzelte nun gelegentlich die Morgensonne, die sich hellrot und gelblich auf dem Eis spiegelte.
    Arflanes Stimmung hatte sich schlagartig gebessert, als der Schoner sich in Bewegung setzte. Seine Gedanken umkreisten noch immer Ulrica, aber er spürte nicht mehr diese dumpfe Verzweiflung und diese Haßgefühle, die sich gegen alle Menschen richteten. Er fühlte sich schuldig, wenn er zurückdachte. Er hatte seine Offiziere herausgefordert und die Mannschaft ungerecht behandelt. Manfred Rorsefne hatte befürchtet, daß seine schlechte Laune anhalten würde. Dabei hatte Arflane sich gegen das Bewußtsein gestemmt, daß seine Stimmung nicht normal sein konnte. Doch jetzt erkannte er die Wahrheit in Rorsefnes Feststellung des Vorabends. In dieser schlechten Laune hätte er niemals das Schiff kommandieren können. Es wunderte ihn, daß eine simple Veränderung, wie die Fahrt des Schoners über das Eis, innerhalb einer Stunde einen solchen Stimmungswechsel bewirken konnte. Gewiß, er hatte auch in der Vergangenheit schlechte Laune gehabt, aber noch nie hatte er sich seinen Leuten gegenüber unfair benommen. Seine Selbstbeherrschung war sein Stolz. Diesen Stolz hatte er verloren, aber nun wiedergefunden.
    Seine gute Laune schien echt zu sein. Auch als er herumblickte und sah, wie Petchnyoff Janek Ulsenn auf die Brücke half, hielt seine gute Stimmung unvermindert an. Er lächelte Janek Ulsenn gut gelaunt zu.
    »Wir sind bereits unterwegs, wie Sie sehen. Ich hoffe, wir haben Sie nicht geweckt, Lord Ulsenn.«
    Petchnyoff blickte überrascht auf. Er hatte sich derart an die schlechte Laune seines Kapitäns gewöhnt, daß ihn eine bessere Stimmung stutzig machte.
    »Sie haben uns sehr wohl aufgeweckt«, grunzte Ulsenn.
    Doch Arflane wandte sich an Petchnyoff und sagte: »Ich
glaube, Sie hatten die Hundewache und die halbe Morgen
wache, Petchnyoff.«
Petchnyoff nickte. »Ja, Sir.«
    »Dann müßten Sie doch jetzt in Ihrer Koje liegen«, sagte Arflane betont jovial. Er wollte keinen Offizier, der sich im Halbschlaf befand, wenn er die nächste Wache übernahm. Petchnyoff zuckte die Achseln. »Ich wollte mich nach dem Essen ausruhen, Sir. Dann traf ich Lord Ulsenn, der gerade seine Kabine verlassen wollte.«
    Arflane machte eine Handbewegung. »Ich verstehe. Aber nun suchen Sie am besten Ihre Koje auf, Petchnyoff.« »Aye, aye, Sir.«
    Petchnyoff ging die Kajütentreppe hinunter und verschwand. Ulsenn blieb zurück. Arflane schien sich nicht mehr um ihn zu kümmern. Ulsenn merkte es und starrte Arflane unheilvoll an. »Sie mögen das Kommando über diesen Schoner haben, Kapitän, aber mir scheint, Sie sollten sowohl zu Ihren Offizieren als auch zu den Passagieren ein wenig höflicher sein. Petchnyoff sagte mir, Sie hätten sich seit der Kommandoübernahme unausstehlich benommen. Ihre Grobheit ist in Friesgalt geradezu ein Losungswort. Wenn Sie einen Posten bekleiden, der Ihre Person über alle Besatzungsmitglieder und Passagiere hinaushebt, so ist das noch kein Grund –«
    Arflane unterbrach ihn mit einem Seufzer. »Ich habe lediglich dafür Sorge getragen, daß sich der Schoner in einem erstklassigen Zustand befindet, falls Petchnyoff das gemeint haben sollte.« Er wunderte sich, daß Petchnyoff das weitererzählt hatte. Vielleicht waren seine Bande zur herrschenden Klasse Friesgalts fester geknüpft als zu einem fremden Kapitän. Nun, er mußte Petchnyoff mit seiner schlechten Laune vor den Kopf gestoßen haben. Wie dem auch

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