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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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nicht oft an Deck blicken, und wenn er auftauchte, dann befand er sich todsicher in Petchnyoffs Begleitung.
    Arflane blickte in den Himmel. Es war noch immer bewölkt,
    und man sah nur wenige Sterne schimmern. Das einzige Licht kam vom Mond und den trübe brennenden Lampen im Steuerhaus. Er konnte nur schwach die Silhouetten der Ausguckposten hoch über dem Deck erkennen. Er blickte zum Steuerhaus. Petchnyoff hätte auf Wache sein müssen, aber er sah nur den Rudergänger auf der Brücke.
    Er stieg hinauf und ging ins Steuerhaus. Der Rudergänger
wandte nur den Kopf, erkannte ihn und sagte ordnungsgemäß:
»Sir?«
»Welcher Offizier hat Wache, Steuermann?«
»Petchnyoff, Sir.«
»Wo ist er?«
»Er ging nach vorn, glaube ich.«
    Arflane hatte vorn nur den Mann auf Wache gesehen. Er trat an den Kompaß und verglich die Karte. Dann blickte er auf und fuhr den Steuermann an: »Wir sind drei Grad vom Kurs abgekommen! Haben Sie geschlafen, Mann?«
    »Nein, Sir.« Der Steuermann machte ein gekränktes Gesicht. »Der Erste Offizier sagte, wir hätten den richtigen Kurs, Sir.« »Sagte er das?« Arflanes Gesicht bewölkte sich. »Korrigieren Sie den Kurs, Steuermann. Drei Grad Steuerbord.«
    Er verließ die Brücke und begann nach Petchnyoff zu suchen. Er konnte ihn nicht finden und ging zum Unterdeck hinunter, wo die wachfreien Leute in ihren Hängematten lagen. Er schlug dem nächstbesten Mann auf die Schulter. »Was ist los?« grunzte der Mann verschlafen.
    »Hier ist der Kapitän. Gehen Sie ins Steuerhaus. Wissen Sie etwas über Navigation?«
    »Ein bißchen, Sir«, murmelte der Mann. Er schwang sich aus der Hängematte und kratzte sich den Kopf.
    »Gehen Sie zur Brücke, der Steuermann wird Ihnen sagen, was zu tun ist.«
    Arflane stampfte durch die dunklen Gangways zum Passagierabteil. Janek Ulsenns Kabine befand sich gegenüber der Kabine seiner Frau. Arflane zögerte kurz und klopfte an Ulsenns Kabinentür. Keine Antwort. Er drehte den Knopf herum. Die Tür war nicht verschlossen. Er trat ein.
    Die Kabine war leer. Arflane hatte damit gerechnet, Petchnyoff vorzufinden. Das Paar mußte sich irgendwo auf dem Schiff aufhalten. Durch die anderen Kabinentüren schimmerte kein Licht.
    Seine Wut steigerte sich bei jedem Schritt, als er zum Achterdeck zurückkehrte und lauschend stehenblieb, um ein paar Wortfetzen aufzuschnappen, die ihm den Standort der beiden Männer verrieten.
    Jemand rief von der Brücke herunter: »Ist irgend etwas nicht
in Ordnung, Sir?«
Es war Petchnyoff.
    »Warum sind Sie nicht auf Wache, Petchnyoff?« rief Arflane zurück. »Kommen Sie herunter!«
    Wenig später stand Petchnyoff vor ihm. »Entschuldigen Sie, Sir, ich –«
    »Wie lange haben Sie Ihren Posten verlassen?« unterbrach ihn Arflane.
    »Nicht lange, Sir. Ich mußte mal verschwinden und –«
    »Kommen Sie mit zur Brücke, Petchnyoff!« Arflane stieg die Treppe hinauf und ging ins Steuerhaus. Er stand schon vor dem Kompaß, als Petchnyoff eintrat. Die beiden Männer am Steuerrad blickten den Ersten Offizier neugierig an.
    »Warum haben Sie diesem Mann erzählt, daß wir den richtigen Kurs haben, obwohl wir drei Grad abgewichen sind?« donnerte Arflane.
    »Drei Grad, Sir?« Petchnyoff tat beleidigt. »Wir sind keineswegs vom Kurs abgekommen, Sir.«
    »So, Petchnyoff? Wollen Sie sich bitte einmal anhand der Karte orientieren?«
    Petchnyoff ging zum Kartentisch und schlug eine der Karten auf. Seine Stimme klang triumphierend bei den Worten: »Was stimmt denn nicht, Sir? Wir verfolgen genau diesen Kurs hier.« Arflane trat näher heran und betrachtete die Karte. Als er sie aus der Nähe betrachtete, stellte er fest, daß eine Linie ausradiert und eine neue gezogen war. Er studierte die Karte, die er sich schon früher angesehen hatte. Warum sollte jemand herumpfuschen? Und wenn das so war, aus welchem Grund hatte der Mann dabei Pfuscharbeit geleistet? Arflane nahm an, daß es Ulsenn gewesen sein konnte, der Ärger machen wollte. Oder auch Petchnyoff.
    »Können Sie mir verraten, weshalb der Kurs plötzlich so aussieht, Petchnyoff?«
    »Nein, Sir. Mir ist das nicht aufgefallen. Wer könnte wohl –?« »War jemand hier? Ein Passagier vielleicht? Ein Besatzungsmitglied, das hier nichts verloren hatte?«
    »Nur Manfred Rorsefne war hier, sonst niemand.«
»Waren Sie die ganze Zeit hier?«
»Nein, Sir. Ich inspizierte die Wachen.«
    Petchnyoff konnte leicht lügen. Er hätte die Karte selbst am leichtesten ändern können. Andererseits konnte

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