Untitled
dessen sehr wohl bewusst. Sie mussten u n bedingt verschwinden.
Sofort.
Jones war bereit, Lucy unter seine Fittiche zu nehmen und sie alleine nach Norden zu begleiten. Aber ein männlicher Europäer, der mit einem minderjährigen Mädchen unterwegs war … Sie würden auffallen. Man würde sie anhalten und ihnen Fragen stellen. Kinderhandel war hier, wie in den meisten Ländern der Dritten Welt, ein echtes Problem. Das Vorhaben wäre zu gefährlich gewesen.
Und dass Molly sich nicht alleine mit dem Kind auf den Weg machen konnte, lag aus verschiedenen Gründen auf der Hand. Einer davon war, dass Jones – wie fomulierte Gina es gelegentlich so treffend? – gleich Affen kotzen würde.
Und genau aus diesem Grund hatte sie ihn losgeschickt, um Schwester Helen zu holen. Nur, dass er nach dem A n klopfen das Zelt mit Schwester Maria-Margarit betrat, der gefürchteten Doppel-M.
Was dachte er sich eigentlich dabei? Mollys weit au f gerissene Augen schrien »Nein«.
Er schüttelte den Kopf. »Wir haben ein Problem«, sagte er. »Alle im Lager haben das, was Gina auch hat. Schwester Helen, Schwester Grace … alle schwer angeschlagen. Hier bringe ich Ihnen die letzte aufrechte Nonne.«
»Wo ist das Mädchen?«, wollte Schwester Doppel-M mit grimmiger Miene wissen.
Ach du lieber Gott, hatte er ihr etwa erzählt …? Aber Jones schüttelte den Kopf. »Hey, ich habe kein Wort davon gesagt.«
»Jetzt tun Sie doch nicht so überrascht«, schimpfte die Nonne. »Ich bin doch nicht dumm. Ich habe gesehen, wie sie angekommen ist. Und in dem Brief von Mr. Jimmos Frau, in dem sie uns mitgeteilt hat, dass er im Krankenhaus liegt, stand außerdem der merkwürdige Satz: ›Also kann er auch dem Mädchen nicht helfen.‹« Sie blickte Molly an. »Ich wusste, dass Sie dazugehören. Ich hatte nur nicht erwartet, dass Sie auch Mr. Pollard da hineinziehen würden. Zumindest nicht so schnell.«
Molly hatte zwei Möglichkeiten. Die Wahrheit zu sagen oder zu lügen. »Ich bringe das Mädchen in Sicherheit.« Sie verabscheute Lügner. »Mr. Pollard hat sich bereit erklärt mi t zukommen. Wir hatten gehofft, dass Helen uns vielleicht als dritte Person begleiten könnte.«
Die Nonne schüttelte den Kopf. »Sie ist krank. Und selbst wenn das nicht der Fall wäre: So etwas machen wir nicht.«
Molly verlor den Mut. »Sie wissen doch, dass diese AAI- Vorschriften bezüglich der Anstandswauwaus völlig veraltet …«
»Falls Sie von mir eine Erlaubnis haben wollen, sie zu brechen«, sagte Doppel-M ungerührt, »dann lautet meine Antwort unmissverständlich ›Nein‹.«
»Wir könnten uns Ringe überstreifen«, schlug Jones vor. »So, als wären wir verheiratet.«
»Und wenn Sie unterwegs jemand sieht?«, hakte die Schwester nach. »Was mit Sicherheit der Fall sein wird.« Sie schüttelte den Kopf. »Die AAI-Vorschriften haben den Zweck, das Vertrauen der zahlreichen, zum Teil tief religiösen Kulturen in dieser Region zu gewinnen und zu e r halten. Richtig ist, dass Sie ein Kind retten können, indem Sie diese Regel brechen. Aber wie viele würden wir dann später verlieren? Wir haben hart dafür gearbeitet, akzeptiert zu werden, die Chance zu bekommen, andere, weniger schmer z hafte Initiationsrituale für diese Mädchen vorzuschlagen, die Chance zu bekommen zu erziehen, zu unterrichten …«
»Lucy ist unser Anstandswauwau«, sagte Molly. »Zumindest auf der Reise nach Norden. Und in Marsabit können wir jemanden engagieren, der uns auf dem Rückweg begleitet.« Das war die Lösung, musste sie sein.
Doch Schwester Doppel-M zeigte sich wenig beeindruckt.
»Und wenn Lucys Onkel und Tanten hierher zu uns kommen?«, fragte die Nonne. »Um nach ihr zu suchen? Voller Wut? Weil sie sicher sind, dass wir das Mädchen we g gebracht haben? Was soll ich ihnen sagen, wenn sie mich fragen, wo Sie sind?«
»Auf Paul Jimmos Farm«, sagte Molly. »Um seiner Familie zu helfen, solange er im Krankenhaus ist. Das wäre keine Lüge – wir machen dort Rast auf dem Weg nach Norden.«
»Und wenn sie dahinterkommen, dass das nicht die En d station war?« Die Schwester schüttelte den Kopf. »Sie werden Ihre Geschichte durchschauen. Und AAI wird von da an nicht mehr die Organisation sein, die hilft und unterrichtet, sondern die Organisation, die ihre Mädchen entführt.« Sie schüttelte noch immer den Kopf. »Nein. Wenn Sie am heutigen Abend das Lager verlassen, dann werde ich nicht erlauben, dass Sie zurückkehren.«
Molly ließ sich auf ihr Feldbett
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