Untitled
kann ich mir das Malheur nicht erklären. Ich werde mich morgen unverzüglich mit einer Reparaturfirma in Verbindung setzen", erwiderte Flieger pflichtbewußt und stellte den Begrüßungsleuchter in die Ecke.
„Wie gut, daß wir Wölfi haben! Er hat heute wirklich vorbildliche Arbeit geleistet. Er ist um die Eindringlinge herumgesprungen wie in seinen besten Jahren. Soll ich den Kaffee servieren, Eure Scheußlichkeit?"
„Drüben im Salon, Flieger!"
Die Gräfin erhob sich, um die anderen vier eingehend zu begutachten. „Na, entzückend! Und wie sie sich fürchten! Meine Liebe, Ihre Freundinnen sind wirklich reizend!" Sie wandte sich an Madame, die wieder einer Ohnmacht sehr nahe schien. Wäre da nicht der helfende Arm des Doktors gewesen, sie hätte nicht gewußt, wie sie diese unangenehme Situation überstehen sollte.
Der Gräfin schien eine Abwechslung sehr willkommen. Eulalia, Sidonie und Clothilde standen stocksteif, wie Zinnsoldaten aufgereiht, und wagten kaum zu atmen. Diese spindeldürre Gräfin war aber auch zu gräßlich! Mit ihren Krallenfingern fuchtelte sie ihnen vor der Nase herum. Natürlich war es unhöflich gewesen, hier so einfach hereinzuplatzen. Und begrüßen sollte man die Dame des Hauses eigentlich schon! Aber ihr die Hand geben? Nein! Ebensogut könnte man eine große schwarze Spinne fangen. Ekelhaft!
„Achtung!" murmelte die um Contenance bemühte Eulalia und bedeutete den Freundinnen per Handzeichen, wie sie sich aus der Affäre zu ziehen hätten. „Jetzt!" kommandierte sie, worauf alle drei gekonnt in einen Hofknicks versanken.
Die Gräfin war begeistert. „Bei Hofe hatte ich immer in die Knie zu gehen! Nein, so etwas! Was einem doch so alles nach seinem Ableben passieren kann!" Sie war derart gerührt, daß um ihren schmalen Mund ein ungewohnt weicher Zug trat.
„Tantchen", flüsterte der Edle. „Du wirst dich doch nicht schon angesteckt haben?"
„Verkneif dir deine liebevollen Bemerkungen, du Karikatur eines Vampirs!" keifte sie sogleich los. Sofort war alle Weichheit verschwunden.
Die drei, vergeblich auf ein Zeichen Ihrer Scheußlichkeit wartend, verharrten krampfhaft in der unbequemen Haltung, bis zu dem Augenblick, als etwas Graues, Wuscheliges hechelnd in den Salon gestürzt kam. Ein wildes Gekreische und Gerenne erfüllte den Saal.
Wölfi aber schien sich gar nicht mehr für die Neuankömmlinge zu interessieren. Schließlich hatte er bereits seiner Pflicht ge nüge getan. Mit einem Satz war er bei Madame angelangt und legte sich ihr, in der Hoffnung auf weitere Streicheleinheiten, zu Füßen.
„Braves Hündchen", murmelte Madame und kraulte ihn hinter den Ohren. Lächelnd schaute sie die Freundinnen an.
„Träum' ich, oder wach' ich", platzte die bis dahin schweigsame Trani heraus.
Sie hatte sich vorsorglich hinter Hochwürden versteckt und erhofft, daß ihr in seiner Nähe nichts geschehen würde. Jetzt aber zweifelte sie gewaltig. Die drei schienen bereits mit dem Bösen im Bunde. Ängstlich sah sie sich um, doch was sie erblickte, war fürchterlich. Graf Dracula saß zähnefletschend auf seinem Stuhl. Seine Augen leuchteten glutrot.
„Gleich wird er mich nach meiner Blutgruppe fragen, Hochwürden", jammerte sie ihrem Brötchengeber verzweifelt ins Ohr.
„Stell dich nicht so an. Er ist schon älter und hat gewisse Schwierigkeiten mit seinem Gebiß! Außerdem wärst du ihm sicherlich nicht temperamentvoll genug. Er liebt nämlich wallendes Blut. Das ist für ihn wie Champagner. Deines käme ihm wohl eher wie Leitungswasser vor." Trani wandte sich beleidigt ab.
„Der Mokka ist serviert", meldete Flieger mit heiserer Stimme. Die Gesellschaft begab sich hinüber in den Salon, wo ein gemütliches Feuer im Kamin prasselte. Auf einem Butlerstray prangte ein kostbares Service, an dem sich Flieger umständlich zu schaffen machte.
Madame fürchtete um die zierlichen Täßchen und eilte ihm zu Hilfe. „Sie sind wirklich zu liebenswürdig", flüsterte er hingerissen. „Im stillen hatte ich auf Ihre Assistenz gehofft. Schade, daß Sie nicht des öfteren bei uns zu Gast weilen!"
„Aber warum denn nicht, lieber Flieger? Ich beginne mich in Ihrer aller gespenstischen Umgebung äußerst wohl zu fühlen. Vielleicht erfolgt ja eine weitere Einladung", erwiderte sie hoffnungsvoll.
„Was gibt es da zu tuscheln?" erklang schrill die Stimme der Gastgeberin durch den Salon. Eifersüchtig hatte
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