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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Im Widerspruch zu seinem wüsten Auftreten stand jedoch die Tatsache, daß er die erste Ausgabe des „Wall Street Journal" unter dem rechten Arm trug.
      „Au wei", sagte Monty und schaute bestürzt auf das, was bis vor wenigen Augenblicken noch eine sehr stabile Tür gewesen war. Ängstlich blickte er zur Gräfin hinüber, die ihn auch prompt beschimpfte: „Habe ich dich nicht schon hundertmal gebeten, wie ein zivilisiertes Monster einen Raum zu betreten? Du bist und bleibst ein Elefant im Porzellanladen! Doch jetzt sei brav und begrüße unsere Gäste!"
      Höflich stellte sich das Monster vor: „Ich bin der Sohn von Dr. Frankenstein!" Stolz schwang in seiner blechernen Stimme. „Mein Vater hat mich viel gelehrt. Besonders die Höhere Mathematik hat es mir angetan ..."
      „Kein Wunder", fiel ihm die Gräfin ins Wort, „wie Sie alle wissen – oder auch nicht –, ist Monty das Gehirn eines Kriminellen transplantiert worden. Dieser war nicht nur entzückend boshaft und schreckte vor nichts zurück, vielmehr plante er die tollsten Coups. Man sagt nicht ohne Grund, er sei seinerzeit der oberste Wirtschaftsverbrecher gewesen." Beifallheischend schaute sie in die Runde. Das betretene Schweigen ihrer Zuhörer bremste jedoch ihre Begeisterung erheblich. „Ach, ihr seid es nicht wert, daß man mit euch darüber spricht", beklagte sie sich.
      „Ja, aber wieso ist Monty so liebenswürdig?" wandte sich Madame irritiert an die Gräfin.
      „Auch er ist bereits von eurem Virus infiziert. Dauernd faselt er etwas von Liebe, Rücksichtnahme und Verständnis, seit er in dem Film ,Frankensteins Junior' mitgespielt hat."
      „Ach ja, die Liebe zu einer schönen Frau hat das Monster bekehrt, und dadurch ist es sanftmütig geworden."
      „Ja, ja, ja! Sie brauchen keine größeren Erklärungen abzugeben", fiel Ihre Scheußlichkeit Madame ins Wort, „wenigstens hat er seine Fähigkeiten als Finanzexperte noch nicht eingebüßt. Deshalb bekommt er auch immer seine Tagesration in Form einer Tasse heißen Maschinenöls, damit er nicht verrostet und ..."
      Bevor die Gräfin weiterreden konnte, stürzte Graf Louis Arthur aus seiner dunklen Ecke und spurtete zum Radio.
      „Achtung! Der Aktienbericht kommt in zwei Minuten!" Mit der rechten Hand den Kopf festhaltend, drehte er mit der linken an den Knöpfen, bis er den richtigen Sender fand.
      „Bin ja gespannt, Monty, ob du uns diesmal wieder so gut beraten hast! Wissen Sie", der Graue wandte sich erklärend an die Besucher, „der Besitz hier verschlingt Unsummen. Deshalb haben wir einen Teil unseres Vermögens in Aktien angelegt. Monty berät uns."
      „Ja, er kann auf der Rückseite einer Streichholzschachtel ein Millionenprojekt errechnen. Sie müssen wissen, mit einem Teil unseres Vermögens haben wir gebaut", prahlte die Gräfin. „Alles geschah auf Anraten unseres lieben Monsters", säuselte sie und strich ihm über den Quadratschädel.
      Hausherrin und Gäste lauschten gespannt den Aktienkursen, bis Graf Louis begeistert aufsprang und durch den Raum tanzte. Dabei, wie konnte es auch anders sein, verlor er wieder einmal den Kopf. Ein spitzer Aufschrei kam aus der Schummerecke. Das Fräulein, an der Kleidung nestelnd, kam kreischend hervor und versteckte sich hinter ihrem Bruder.
      Alle Romantik war dahin. Sie klammerte sich an den Doktor und heulte unaufhörlich. Graf Louis sah ebenfalls seine Felle davonschwimmen, während er bemüht war, seinen Kopf unter
    der hochbeinigen Vitrine hervorzukramen.
      „Immer in den schönsten Momenten!" brummte er vor sich hin.
      „Du bist halt zu materialistisch eingestellt, lieber Louis Arthur! Gerade in solch einem wonnigen Moment sollte man das Geld aus dem Spiel lassen", kam die weinerliche Stimme von Sir Simon unter dem Tisch hervor. „Ihr müßt halt immer zeigen, was ihr habt. Na ja, die vollendete Form des Understatements gibt es halt nur bei uns in England."
      „Gib nicht so an, du Spinner!" Der Graue war sichtlich böse. „Hast selber keinen Penny mehr und spricht von Understatement!"
      „Die Zeit der Pennies ist vorbei, wir rechnen nach Cents, wie du wohl noch nicht gehört zu haben scheinst", konterte de Canterville.
      „Du! Paß auf, mein Kopf ist hart, wenn ich ihn als Wurfgeschoß benutze!"
      Graf Louis deutete an, seinen wertvollsten Körperteil in Richtung Sir Simons zu werfen, doch dieser war im Bruchteil einer Sekunde unter dem Tisch in Deckung gegangen. „Ich

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