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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Wir gingen sogar zum See hinunter und rutschten im Mondschein mit den Schuhen darauf herum.
    Jezzie beugte sich zu mir und küßte mich, mitten auf dem See. Ein ganz ernsthafter Kuß. Ein erwachsener Kuß.
    »O Alex«, flüsterte sie in meine Wange, »ich glaube, wir kriegen wirklich Ärger.«

    46. Kapitel
     
    Gary Soneji/Murphy kam im Bundesgefängnis Lorton im nördlichen Teil von Virginia in Untersuchungshaft. Wir hörten Gerüchte, ihm sei dort etwas zugestoßen, aber niemand von der Washingtoner Polizei durfte zu ihm. Er gehörte jetzt der Justiz und dem FBI, und sie wollten ihre Trophäe nicht loslassen.
    Von dem Augenblick, in dem bekannt wurde, er sitze in Lorton ein, wurde das Gefängnis belagert. Dasselbe war passiert, als Ted Bundy in Florida im Gefängnis saß. Männer, Frauen und Kinder versammelten sich vor dem Gefängnisparkplatz. Sie riefen Tag und Nacht gefühlsgeladene Parolen. Sie marschierten und hatten angezündete Kerzen und Transparente dabei.
    Wo ist Maggie Rose? Maggie Rose lebt! Das Ungeheuer muß sterben! Auf den elektrischen Stuhl mit dem Ungeheuer!
    Anderthalb Wochen nach der Festnahme bekam ich Soneji/ Murphy zu sehen. Ich mußte alle meine Beziehungen in Washington spielen lassen, aber ich bekam eine Besuchserlaubnis. Dr. Marion Campbell, der Gefängnisdirektor, begrüßte mich an einer Reihe blaugrauer Aufzüge im fünften Stock, der Krankenhausetage. Campbell war über sechzig. Er hatte sich gut gehalten, mit einer wilden schwarzen Mähne. Er sah Reagan ziemlich ähnlich.
    »Sie sind Detective Cross?« Er streckte die Hand aus und lächelte höflich.
    »Ja. Außerdem bin ich Gerichtspsychologe«, erklärte ich.
    Dr. Campbell wirkte ehrlich überrascht. Offenbar hatte ihm das niemand gesagt. »Wie auch immer, Sie müssen gute Beziehungen haben, weil Sie eine Besuchserlaubnis bekommen haben. Das wird immer schwieriger. Eine Besuchserlaubnis bei ihm wird teuer gehandelt.«
    »Ich habe an diesem Fall gearbeitet, seit er die beiden Kinder in Washington entfuhrt hat. Ich war dabei, als er gefaßt wurde.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob wir jetzt über denselben Mann reden«, sagte Dr. Campbell. Er erklärte das nicht. »Haben Sie einen Doktortitel?«
    »Sie können Herr Doktor, Detective Cross oder Alex sagen. Suchen Sie sich's aus.«
    »Kommen Sie bitte mit, Herr Doktor. Das wird bestimmt sehr interessant für Sie.«
    Wegen der Schußverletzung, die sich Soneji bei McDonald's geholt hatte, wurde er in einem Einzelzimmer im Gefängniskrankenhaus gefangengehalten. Dr. Campbell führte mich einen breiten Flur in der Krankenhausetage entlang. Jedes verfügbare Zimmer war von Häftlingen besetzt. Lorton ist ein äußerst beliebtes Gefängnis mit langen Wartelisten. Die meisten Männer waren schwarz. Im Alter zwischen neunzehn bis Mitte Fünfzig. Sie versuchten alle, trotzig und knallhart auszusehen, aber das ist eine Pose, die in einem Bundesgefängnis nicht besonders überzeugend wirkt.
    »Ich fürchte, ich habe ihm gegenüber Beschützerinstinkte entwickelt«, sagte Campbell im Gehen. »Sie werden gleich sehen, warum. Alle Welt will, muß mit ihm sprechen. Ich habe Anrufe von überallher bekommen. Ein Autor aus Japan wollte unbedingt zu ihm. Ein Arzt aus Frankfurt. Einer aus London. So in der Art.«
    »Ich habe das Gefühl, Sie verschweigen mir etwas über ihn, Herr Doktor«, sagte ich schließlich zu Campbell. »Was ist es?«
    »Ich möchte, daß Sie eigene Schlußfolgerungen ziehen, Doktor Cross. Er ist in diesem Trakt in der Nähe der Hauptstation. Ich wüßte Ihre Meinung sehr zu schätzen.«
    Wir blieben vor einer verriegelten Stahltür auf dem Krankenhausflur stehen. Ein Wärter ließ uns ein. Hinter der Tür lagen ein paar weitere Krankenzimmer, aber maximal gesichert.
    Im ersten Zimmer brannte ein helles Licht. Das war nicht Sonejis Zimmer. Er war in einem dunkleren Zimmer auf der linken Seite. Der Besucherbereich des Gefängnisses war abgesperrt worden, weil er zu exponiert war. Vor dem Zimmer saßen zwei Wärter mit Gewehren.
    »Ist er gewalttätig geworden?« fragte ich.
    »Nein, überhaupt nicht. Ich lasse Sie allein mit ihm reden. Ich glaube nicht, daß Sie sich Sorgen wegen Gewalttätigkeit machen müssen. Sie werden es selbst merken.«
     
    Gary Soneji/Murphy beobachtete uns von der Pritsche aus. Er trug den Arm in der Schlinge. Sonst sah er genauso aus wie beim letzten Mal. Ich stand mitten im Krankenhauszimmer. Als Dr. Campbell ging, musterte Soneji mich. Von dem Mann, der

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