Untot in Dallas
mehr Alkohol intus als Tara. Er hatte zu viel Alkohol intus, viel zu viel.
Bis zum Spielbeginn unterhielten wir uns über alle möglichen Freunde und Bekannten; danach drehte sich alles nur noch um das Spiel selbst, um DAS SPIEL, in Großbuchstaben sozusagen. Jedes einzelne Footballspiel der vergangenen fünfzig Jahre ist nämlich so fest im kollektiven Bewußtsein von Bon Temps verankert, daß man das jeweils stattfindende Spiel mit allen vergangenen vergleichen kann, die Spieler der aktuellen Saison mit allen, die vor ihnen gespielt haben. Inzwischen, seit ich die Kontrolle über meine Gabe derart perfektioniert hatte, konnte ich dieses Gemeinschaftsereignis sogar genießen, da ich getrost so tun konnte, als seien die Menschen rings um mich wirklich das, was sie zu sein vorgaben. Ich hörte keinem einzigen von ihnen im Kopf zu.
Nachdem JB mich mit Komplimenten über meine Frisur und meine Figur überschüttet hatte, rückte er näher an mich heran. JBs Mutter hatte ihren Sohn gut erzogen und ihm frühzeitig beigebracht, daß es eine Frau glücklich macht, wenn sie merkt, daß man sie schätzt. Eine einfache, aber treffende Maxime, die nun auch schon ziemlich lange dafür gesorgt hatte, daß JB den Kopf immer über Wasser behielt.
„Erinnerst du dich an die Ärztin aus dem Krankenhaus?“ fragte er mich im zweiten Viertel.
„Ja. Dr. Sonntag. Witwe.“ Sie war für eine Witwe jung gewesen, und daß sie fertige Ärztin war, hatte man ihr noch weniger angesehen. Ich hatte sie JB vorgestellt.
„Wir waren eine Weile zusammen. Ich und eine Ärztin!“ JB schien das jetzt noch zu wundern.
„Das ist ja toll.“ Etwas Ähnliches hatte ich mir erhofft, als ich die beiden einander vorgestellt hatte. Dr. Sonntag, so war es mir vorgekommen, konnte gut gebrauchen, was JB zu bieten hat, und JB ... nun, der konnte jemanden gebrauchen, der sich um ihn kümmerte.
„Aber dann wurde sie nach Baton Rouge versetzt“, fuhr er ziemlich betroffen fort. „Ich glaube, sie fehlt mir.“ Ein privater Gesundheitsdienstleister hatte unser Krankenhaus gekauft, weswegen die Ärzte, die in der Notfallaufnahme tätig waren, aus anderen Krankenhäusern stammten und nur für jeweils vier Monaten nach Bon Temps versetzt wurden. JB schlang den Arm um meine Schultern. „Aber es ist wirklich wunderbar, dich wiederzusehen!“ verkündete er.
Gepriesen sollte er sein für seine netten Worte! „JB, du könntest nach Baton Rouge fahren und Dr. Sonntag besuchen“, schlug ich vor. „Warum tust du das nicht einfach?“
„Sie ist Ärztin. Sie hat wenig freie Zeit.“
„Wenn du da wärst, würde sie sich Zeit nehmen.“
„Meinst du?“
„Es sei denn, sie ist eine komplette Vollidiotin!“ versicherte ich ihm.
„Dann tue ich das vielleicht. Neulich Abend habe ich sie angerufen; da hat sie gesagt, sie wünschte, ich wäre bei ihr.“
„Ein Wink mit dem Zaunpfahl!“
„Meinst du?“
„Na und ob ich das meine.“
Das schien ihn aufzumuntern. „Morgen fahre ich dann wohl nach Baton Rouge!“ sagte er und drückte mir ein Küßchen auf die Wange. „Sookie, du hast wirklich dafür gesorgt, daß ich mich besser fühle!“
„Danke gleichfalls.“ Ich küßte ihn auf die Lippen, aber wirklich nur ganz kurz.
Dabei sah ich Bill, der zu mir herüberstarrte, als wolle er mich mit seinen Blicken durchbohren.
Portia und er hockten auf der Zuschauertribüne direkt neben der unsrigen, allerdings viel weiter unten. Bill hatte sich umgedreht und sah zu mir herauf.
Besser hätte die Sache nicht laufen können, selbst wenn ich sie geplant hätte. Was für eine Gelegenheit, ihm klipp und klar zu zeigen, was er mich mal konnte!
Schon war der Augenblick ruiniert.
Ich war nämlich einfach nur scharf auf Bill!
Ich löste meinen Blick von ihm, um JB zuzulächeln, aber die ganze Zeit über wollte ich mich nur mit Bill unter der Zuschauertribüne treffen, um es dort an Ort und Stelle mit ihm zu treiben. Er sollte mir das Höschen zerreißen und mich von hinten nehmen. Ich wollte, daß er mich zum Stöhnen brachte.
Ich war derart schockiert über meine eigenen Gefühle, daß ich nicht wußte, wie ich mich verhalten sollte. Ich spürte, wie sich tiefe Röte in mein Gesicht schlich. Nun war ich nicht einmal mehr in der Lage, so zu tun, als würde ich lächeln.
Gut eine Minute später gelang es mir, mich auf die komischen Aspekte der Sache zu konzentrieren. Ich war so konventionell erzogen worden, wie es nur ging - in Anbetracht meiner Behinderung,
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