Untot in Dallas
malerisch um die Schultern wogte. Von meinen Prellungen und Hautabschürfungen war nichts mehr zu sehen. Ich legte das volle Programm an Schminke auf und zog mir sogar die Lippen in zwei verschiedenen Schattierungen nach. Dann warf ich mich in eine schwarze Strickhose und einen roten Pullover, stieg in meine schwarzen Lederstiefel, hängte mir riesige goldene Ohrringe in die Ohren, und als letztes steckte ich mir eine schwarzrote Fliege ins Haar, um das Gummiband zu verdecken. (Raten Sie mal, was unsere Schulfarben sind.)
„Ziemlich gut“, sagte ich, als ich mir das Resultat meiner Bemühungen im Spiegel ansah. „Eigentlich sogar verdammt gut.“ Daraufhin schnappte ich mir meine schwarze Jacke, nahm meine Handtasche und machte mich auf den Weg in die Stadt.
Als ich in der Schule ankam, saßen überall auf den Zuschauertribünen schon Leute, die ich kannte. Von allen Seiten wurde mir etwas zugerufen, ein gutes Dutzend Leute versicherten mir, wie gut ich aussähe. Mein Problem war nur, daß ich mich miserabel fühlte. Sobald mir das klar war, heftete ich mir entschlossen ein strahlendes Lächeln auf die Lippen und suchte mir jemanden, neben den ich mich setzen konnte.
„Sookie! Sookie!“ Tara Thornton, eine meiner wenigen wirklich guten Freundinnen aus der High School, saß hoch oben auf einer der Tribünen und rief nach mir, während sie mir stürmisch zuwinkte, ich solle doch hochkommen. Ich lächelte ihr zu und machte mich auf den Weg nach oben, mußte mich unterwegs jedoch noch mit einer Menge Leute unterhalten. Mike Spencer war da, der Bestattungsunternehmer, in seiner Lieblingskluft, dem Westernoutfit; dann sah ich noch Maxine Fortenberry, eine gute Freundin meiner Großmutter, zusammen mit ihrem Enkel Hoyt, der ein Kumpel Jasons war. Dick eingemummelt hockte Sid Matt Lancaster, der alte Anwalt, neben seiner Frau auf einer der Holzbänke.
Tara saß neben ihrem Verlobten Benedict Tallie. Benedict hatte natürlich unweigerlich und bedauerlicherweise den Spitznamen Eggs verpaßt bekommen; niemand nannte ihn je anders. Neben den beiden saß JB du Rone, Benedicts bester Freund. Beim Anblick JBs hob sich meine Laune schlagartig, und dasselbe geschah auch mit meiner unterdrückten Libido. Ein Bild JBs hätte den Schutzumschlag jedes Liebesromans zieren können, so umwerfend sah der Mann aus. Leider Gottes hatte er keinen Funken Verstand in der Birne, wie ich hatte feststellen müssen, als ich ein paar Mal mit ihm ausgegangen war. Ich hatte oft gedacht, beim Zusammensein mit JB bräuchte ich mich um mein geistiges Visier nicht zu scheren, denn in seinem Kopf befand sich kein einziger Gedanke, also konnte ich dort auch nichts lesen.
„Hallo, ihr drei, wie geht's, wie steht's?“
„Prima“, sagte Tara, die ihr Partygesicht aufgesetzt hatte, „und dir? Dich habe ich ja eine Ewigkeit nicht zu Gesicht bekommen.“ Taras dunkles Haar war zum kurzen Pagenkopf geschnitten. Ihr Lippenstift war so heiß, man hätte ihn glatt als Grillanzünder verwenden können. Meine Freundin hatte sich mattweiß und schwarz gekleidet und trug einen roten Schal, um Mannschaftsgeist zu zeigen. Sie und Eggs teilten sich einen Drink aus einem der Pappbecher, die im Stadion verkauft wurden. Er war aufgepeppt; ich konnte den Bourbon deutlich riechen. „Rück ein Stück, JB“, sagte ich, während ich das Lächeln erwiderte. „Dann kann ich neben dir sitzen.“
„ Aber gern“, erwiderte JB, der sich wirklich darüber zu freuen schien, mich zu sehen. Darin lag ein Teil des Charmes, über den dieser junge Mann in solchem Übermaß verfügte. Dazu kamen strahlendweiße Zähne, eine absolut gerade Nase, ein maskulines Gesicht, das aber gleichzeitig so hübsch war, daß man sich bei seinem Anblick stets bemüßigt fühlte, die Hand auszustrecken und JB die Wange zu tätscheln, breite Schultern und eine schmale Taille. Vielleicht war die Taille nicht mehr ganz so schmal, wie sie einst gewesen war, aber das zeigte doch nur, daß auch JB nur ein Mensch war, eine sehr gute Sache meiner Meinung nach! Ich machte es mir zwischen JB und Eggs bequem, woraufhin sich Eggs mit leicht schiefem Grinsen zu mir umwandte.
„Möchtest du was trinken?“
Ich trinke wirklich nur selten, denn ich sehe jeden Tag im Lokal, was Alkohol mit den Leuten macht. „Nein danke“, antwortete ich. „Wie ist es dir ergangen in letzter Zeit, Eggs?“
„Gut!“ erwiderte er, nachdem er ein wenig über meine Frage hatte nachdenken müssen. Eggs hatte schon viel
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