Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)
Flaumbart!«
Ich sehe wieder auf den Bildschirm vom Hof. Michael hält in der einen Hand einen Benzinkanister oder so und in der anderen eine improvisierte Fackel, die er vor dem Mob schwenkt.
»O mein Gott!« Alice drängt sich neben Smitty ans Fenster. »Der ist ja so was von tot.«
»Aber nicht untot.« Pete kommt zu den Bildschirmen herüber und hält ein bisschen mehr Abstand zu mir, als er vor zehn Minuten gehalten hätte. »Noch nicht.«
Wir sehen zu, wie Shaq aus dem Stall mit den Motorschlitten kommt. Trotz der schlechten Auflösung kann ich seinen verzweifelten Gesichtsausdruck erkennen. Sie können nicht auf den Motorschlitten abhauen. Ich taste nach der Ausbeulung in meiner Tasche. Die Zündschlüssel habe ich.
Die Horden rücken näher.
Michael sieht aus, als ob er nach Shaq ruft, der wieder im Stall verschwunden ist. Oder vielleicht schreit er nach Grace, die nirgends zu sehen ist. Vielleicht hat sie mit ihrem Viehtreiber mehr Glück oder vielleicht hat sie auch zu dicht bei dem Ölfass gestanden, als es hochgegangen ist. Oder vielleicht gehört sie längst mit zu der hungrigen Meute.
Shaq kommt wieder zum Vorschein. Aber nicht weil Michael ihn gerufen hat. Cam hängt an seinem Bein, klammert sich mit Armen, Beinen und Zähnen fest, wie ein Schraubstock. Shaq kann nicht weit laufen mit einem dreijährigen Zombie am Bein und fällt gleich vor der Tür hin.
Die Horde nähert sich. Michael verspritzt wild Benzin aus seinem Kanister und schwenkt seine brennende Fackel, aber die Flüssigkeit trifft niemand anderen als ihn selbst. Und dann geht er zwangsläufig in Flammen auf, wie ein Scheiterhaufen. Er schleudert die Fackel weg, schlägt mit den Armen um sich in einem vergeblichen Versuch, die Flammen zu ersticken, tanzt tonlos über unseren Schwarz-weiß-Bildschirm.
Ich wende mich ab.
Smitty, der die ganze Episode am Fenster in Technicolor gesehen hat, wendet sich auch ab.
»Wir müssen von hier weg, schnell!« Alice springt vom Fenstersims.
Ich mache den Bildschirm für die Kamera in der Küche wieder an. Schwarzer Rauch quillt durch die Tür zur Stiefelkammer. Wie stehen die Chancen? Als seine letzte Aktion hat Michael die Fackel in die Burg geworfen und uns so Feuer unterm Hintern gemacht.
»Wir werden hier drin alle verbrennen!«, ruft Alice. »Was sollen wir bloß tun?«
Und während wir da stehen und versuchen uns eine gute Antwort auf ihre Frage einfallen zu lassen, klingelt ein Telefon.
Kapitel
26
Zuerst, für einen Sekundenbruchteil, halte ich das Klingeln für einen Feueralarm.
Aber dann holt mein Verstand die Wirklichkeit ein. Das ist einer dieser voreingestellten Klingeltöne von neu gekauften Handys, den nur alte Leute und richtige Volltrottel drauflassen, weil sie nicht herauskriegen, wie man ihn ändern kann, oder nicht mal wissen, dass das überhaupt geht.
Und dann macht’s bei mir klick. Das ist mein Handy. Ich habe mir nie die Mühe gemacht, den Klingelton zu ändern, weil mich ja sowieso nie jemand anruft; weil ich ja Bobby-ohne-Clique bin.
Aber jetzt ruft jemand an.
Das Handy liegt immer noch oben auf dem Fenstersims, da, wo Alice es hingeworfen hat.
Ich steige auf einen der Schreibtische, setze einen Fuß auf ein Regal und ziehe mich auf das Sims hoch. Da ist das Handy, mit blinkendem Display. Ich falle regelrecht darüber her, und als ich schon auf ›Rufannahme‹ drücke, sehe ich noch kurz, dass ›Unbekannter Anrufer‹ auf dem Display steht.
»Hallo?«
Schweigen am anderen Ende. Dann ein Klicken, als ob jemand mit den Tasten spielt. Dann wieder Stille.
»Hallo!«
Smitty und die anderen drängen sich auf dem Schreibtisch unter mir und ihnen ist anzusehen, dass sie am liebsten auch hier heraufklettern und mir das Handy aus der Hand reißen würden – aber sie bleiben lieber auf Abstand. Weil sie Angst vor mir haben. Und vor meinem Handy.
»Hallo? Können Sie mich hören?«, rufe ich. »Wer ist da?«
Ich schaue auf das Display. Ich habe ein Netz, vier Balken stark. Aber nur einen Balken Akku. Ich denke kurz daran, aufzulegen und die Polizei anzurufen – oder sonst irgendwen! –, aber es besteht immer noch die Möglichkeit, dass diese vier Balken nach dem Auflegen mysteriöserweise wieder verschwinden.
»Hallo!«, versuche ich es noch mal.
»Hallo?«, sagt eine Frau.
Ich falle fast in Ohnmacht. Es ist jemand dran.
»Hi!«, rufe ich. »Können Sie mich hören?«
»Ja, gerade mal so … Bobby, bist du das?«
Tränen steigen mir in die
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