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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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plötzlich so schnell wie möglich verlassen.
    Schließlich gelang es meiner kleinen Helferin, den Kreis an einer Stelle zu unterbrechen, und daraufhin hörte ich ein leises Plopp. »Nun?«, fragte ich. Es hatte ein wenig enttäuschend geklungen.
    Die Fee setzte sich schwer atmend auf den Boden. »Versuch es.«
    Ich trat vor, langsam diesmal, und nichts hielt mich auf. Rasch ging ich bei der nächsten Frau in die Hocke und begann damit, die Schlüssel auszuprobieren.
    Der dritte funktionierte zum Glück. Ich zog der Frau den Knebel aus dem Mund, und sie begann zu schreien. Ich wollte das Ding zurückstopfen, damit sie nicht das ganze Kasino alarmierte, aber sie hielt meine Hand fest, stieß Worte auf Französisch hervor und küsste mein Handgelenk und was sie sonst noch erreichen konnte. Ich verstand nicht viel von dem, was sie sagte – meine einzige Fremdsprache war Italienisch –, aber der überaus verehrende Blick der hellbraunen Augen bot einen Hinweis.
    Ein komisches Gefühl entstand in meiner Magengrube. Ich kannte diese Frau.
    Sie war dicklicher und nicht annähernd so abgehärmt, aber ansonsten sah sie aus wie jene Frau, die ich brennend auf der Streckbank gesehen hatte. Daran konnte kein Zweifel bestehen. Das Gesicht hatte sich mir fest ins Gedächtnis eingeprägt, und mit einem Blick auf die Fingerspitzen stellte ich fest, dass sie stark vernarbt waren. So unmöglich es auch erscheinen mochte: Eine Hexe aus dem siebzehnten Jahrhundert saß in einem Kasino des modernen Las Vegas.
    Eigentlich hätte es eine tote Hexe sein müssen, denn niemand konnte das überleben, was ich beobachtet hatte. Unter anderen Umständen wäre ich vielleicht in Ohnmacht gefallen, aber ich begnügte mich damit, der Frau den Schlüssel in die Hand zu drücken. Dann wich ich hastig zurück.
    »Ich muss gehen«, sagte ich knapp und floh. Mein Plan war einfach: Ich wollte zu Jimmy, ihm einige Fragen stellen, ihn anschließend der Polizei überlassen und wegrennen, möglichst schnell. Dabei konnte ich keine Komplikationen gebrauchen.
    Auch ohne Billy wusste ich, dass es keine gute Idee war, den Weg zu nehmen, der mich hierher gebracht hatte. Wenn jemand kam, um Jimmy zu holen, dann durch den Flur, und mit meiner Pistole ließ sich nicht viel gegen die Hardware ausrichten, die Tonys Burschen mit sich herumtrugen. Bisher hatte ich in den unteren Bereichen keine Angestellten gesehen, weder Schläger noch sonst welche, und das beunruhigte mich ein wenig. Es war früh am Morgen, zugegeben, aber ein Ort wie dieser schlief nie. Es hätten Leute da sein müssen, insbesondere wenn Kämpfe im Ring stattfanden, doch die Flure waren leer. Ich eilte durch den Korridor bis zur nächsten Abzweigung, und dort verharrte ich verwirrt, bis Billy durch die Wand geschwebt kam und mir zuwinkte. »Hier herein.«
    Ich trat durch eine nahe Tür und fand mich in einem leeren Pausenraum für die Angestellten wieder. Jimmy war halb hinter einem Wasserspender verborgen. »Dort ist ein Türknauf«, sagte er, als er mich sah, und deutete mit dem Ellenbogen zur Wand. »Aber hiermit kann ich nichts machen.« Er hob seine verstümmelten Hände, und ich eilte zu ihm. Hinter dem Apparat erstreckte sich eine grauweiße Wand, die genauso aussah wie die anderen Wände des Zimmers. Aber sie waberte an den Rändern, was mir allerdings kaum aufgefallen wäre, wenn ich es nicht erwartet hätte – der Grenzzauber wurde alt. Ich tastete über die Wand, bis ich etwas fand, das sich nach einem Knauf anfühlte.
    Als ich ihn drehte, öffnete sich eine Tür, und dahinter sah ich einen schmalen Gang, der nach dem Staub auf dem Boden zu urteilen nicht oft benutzt wurde. Das war keine große Überraschung. Tony hatte immer mehrere Ausgänge in seinen Lokalen, die Hälfte von ihnen verborgen. Er hatte mir einmal gesagt, dass sie ein Überbleibsel aus seiner Jugend darstellten, als fast täglich die Truppen von Eroberern durch Rom marschiert waren. Um 1530 herum war er fast lebendig verbrannt, als spanische Soldaten in der Armee Karls V. seine Villa plünderten, und seit damals litt er an Paranoia. Wofür ich diesmal dankbar war. Wir eilten durch den geheimen Gang und kletterten an seinem Ende eine Leiter hoch. Besser gesagt: Ich kletterte sie hoch und schob Jimmy über mir nach oben. Seine Hände waren ein echtes Handicap: Er benutzte die Ellenbogen, und ich drückte von unten, und irgendwie schafften wir es. Durch eine Falltür gelangten wir in einen Umkleideraum. Ein Mensch in einem

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