Untot | Sie sind zurück und hungrig
einfach, im Baumeln zu rufen, aber ich schaffe es. »Hast du das Ladegerät?« Er ist noch nicht wieder hinter dem Tresen aufgetaucht.
»Bis jetzt nicht!«, dringt ein gedämpfter Ruf herüber.
»Kannst du mir zuliebe vielleicht ein bisschen schneller machen?« Meine Schultern fühlen sich an, als würden sie jeden Moment aus den Gelenken springen. Ich schiebe eine Hand nach vorn, mit angezogenen Knien, die Füße gerade noch außer Reichweite. Ob ich mich an diesen Rohren entlanghangeln kann? Weg von den Zombies. Schweiß brennt in meinen Augen. Mir bleibt keine andere Wahl, lange kann ich mich sowieso nicht mehr halten. Also muss ich es versuchen. Rechte Hand, linke Hand, rechte Hand. Meine Beine schwingen mit, geben mir einen Rhythmus. Ich schaffe es! Linke Hand, rechte Hand, linke Hand … Mit jedem Schwung rutscht die Handtuchstange vorn unter meiner Jacke weiter nach unten. Ein Mädchen, das wegen seiner abgenagten Lippen nur noch breit lächeln kann, schaut zu mir hoch und bekommt mich zufällig zu fassen. Mit einem Tritt befreie ich meinen Fuß, aber die Kleine versucht es gleich noch mal.
»Russ!« Ich werde in puncto Dringlichkeit merklich deutlicher. »Ich halte hier nicht mehr lange durch!«
»Ich hab’s!«, ruft er und kommt mit seinem behelmten Kopf hinter dem Tresen hervor. »Aber es ist mit irgendwelchen anderen Kabeln verheddert …«
»Dann sieh zu, dass du es enthedderst!« Er soll mir nichts erklären, er soll einfach nur hinmachen! Aber mir wird klar, dass er sich beeilen kann, soviel er will; meine Ausdauer ist aufgebraucht. Die Meute hat mich umzingelt. Ich kann nirgendwohin springen und losrennen. Ich unternehme eine letzte verzweifelte Anstrengung, meine Füße über den Rohren zu verschränken, aber noch während ich es versuche, weiß ich, dass es nichts bringt. Mit einem Scheppern fällt die Handtuchstange endgültig zu Boden und ich werde ihr jeden Moment folgen. Meine Finger geben nach und es heißt abwärts für mich. Ich schreie.
Und lande auf einem der Viecher, das unter mir zusammenbricht – ich versuche mich von der Meute wegzurollen, stoße aber gegen ein Paar Beine. Sofort rolle ich mich zu einer Kugel zusammen, ziehe mich wie eine Schildkröte in meine schussfeste Jacke zurück. Kleine Klauen kratzen über meinen Rücken und das kugelsichere Zeug in der Jacke erfüllt seinen Zweck und schützt mich. Aber ich muss hier weg, bevor sie es schaffen, an eine Stelle mit Fleisch ranzukommen oder mich auf den Rücken zu drehen wie einen Igel. Kreischend mache ich eine Rolle nach der anderen, so schnell und schwungvoll wie möglich, immer durch die Lücken zwischen den Beinen hindurch, bis ich gegen die Scheibe der Tür knalle, die zum Hof führt – und das ist die Lösung. Auf halber Höhe der Tür befindet sich eine waagerechte Stange, auf der ZUM ÖFFNEN DRÜCKEN steht, und ich hebe beide Hände und schlage dagegen und irgendetwas macht klonk und sie gehorcht bereitwillig. Ich rolle hinaus in den Hof, drehe mich auf dem Hintern um und trete die Tür mit beiden Füßen, so fest ich kann, wieder zu.
Ich liege keuchend da, rücklings auf dem Zementboden, die Stiefel gegen die Scheibe gestemmt, und schaue hoch zu meinen Verfolgern. Sie sind dort, auf der anderen Seite der Tür, drängen sich gegen das Glas und sind sichtlich verwirrt, dass sie nicht an mich herankommen. Ich lache laut auf.
»Da guckt ihr!«
Die Tür bebt, als ein Zombie die Hände hebt und gegen die Druckstange schlägt. Andere machen mit. Verdammt. Die ahmen mich nach. Dann werden sie die Tür auch gleich aufbekommen. Ich stemme meine Beine unten gegen die Scheibe und rühre mich nicht vom Fleck.
Kann ich irgendwohin abhauen? Ich verdrehe mir den Hals, um hinter mich sehen zu können. Mann, ist das heiß hier. Moment mal … In der gegenüberliegenden Ecke ist eine Leiter an der Wand befestigt. Ich sehe an ihr entlang nach oben. Wahrscheinlich befindet sich im Dach dieses Tropenhauses eine Luke nach draußen oder so. Schwer zu sagen von hier aus. Aber man schraubt doch keine Leiter an die Wand, ohne dass die irgendwo hinführt.
Rums.
Wieder vibriert die Tür und es fährt mir in die Knie. Wo Russ bloß steckt? Er wird mich doch hier nicht im Stich lassen, oder? Die Vorstellung ist zutiefst beunruhigend. Er kommt sehr ehrlich rüber und ich glaube, er kann mich auch gut leiden, aber man weiß ja nie.
Die Gesichter hinter der Scheibe wenden sich von mir ab und dann klebt plötzlich lauter weißes Zeug
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