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Untot | Sie sind zurück und hungrig

Untot | Sie sind zurück und hungrig

Titel: Untot | Sie sind zurück und hungrig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsty McKay
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die Stirn ballern konnte, um mir genug Zeit zu verschaffen, die Treppe hochzurennen und die Cops zu rufen.
    Aber wie auf Stichwort tauchte Dad auf. Er hatte Nachtschicht im Krankenhaus gehabt und trug noch seinen Kittel. Es kann sogar ein bisschen Blut daran gewesen sein, aber da täuscht mich meine Erinnerung vielleicht auch. Jedenfalls warf er einen Blick auf meine Mutter, die eine Waffe auf mich richtete (na ja, fast jedenfalls), und wurde so blass wie eine geschälte Kartoffel.
    »Was soll das denn bitte werden?«
    »Wir haben doch darüber gesprochen.« Meine Mutter macht eigentlich nie einen auf Weibchen – außer wenn sie versucht, sich normal zu verhalten. Sie setzt immer lieber auf Zicke und Nervensäge.
    »Aber wir hatten uns dagegen entschieden.« Meinem Vater war das resignierte Kleinbeigeben bereits anzusehen.
    » Du hattest dich dagegen entschieden. Ich bin dabei geblieben, dass es eine tolle Beschäftigung für sie wäre.« Meine Mutter hatte diesen Zug um den Mund, den sie nur bekommt, wenn Sachen nicht verhandelbar sind. Was meistens der Fall ist.
    »Also kein Karate oder Reiten oder Schachklub, sondern Schießen?« Mein Vater war fassungslos. »Ich hab nicht mal gedacht, dass du das überhaupt ernst meinst.«
    »Schachklub?« Ich sah Dad an. »Sag mal, kennst du mich überhaupt?«
    »Beim Schach geht’s um strategisches Denken«, sagte er. »Darum, einen kühlen Kopf zu bewahren. Um Konsequenzen . Das würde dir guttun.« Er verzog das Gesicht. »Und deiner Mutter vielleicht auch.«
    Sie schüttelte verächtlich den Kopf und sah mich an. »Ich warte im Auto«, sagte sie, als wäre Dad hier das Kind, dann legte sie die Pistole auf den Küchentresen und ging.
    Dad seufzte. Ich seufzte. Ich zuckte mit den Achseln. Er musterte mich einen Moment lang, dann kam er herüber und legte mir seine Hände auf die Schultern.
    »Möchtest du das denn?«
    »Denke schon.« Ich wollte es absolut. Ganz schön schockierend, welchen Reiz es für mich hatte, irgendetwas über den Haufen zu schießen.
    Er nickte. »Na gut. Normalerweise würde ich sagen, mach sie alle, aber du sollst natürlich niemanden alle machen.« Er beugte sich vor und küsste mich auf die Stirn. »Sei extrem vorsichtig. Und pass auf, dass deine Mutter keine Uzi in die Finger bekommt.«
    »Was ist eine Uzi?«, nuschelte ich, aber da war er schon weg. Und ließ mich mit der Pistole auf dem Tresen allein.
    (Wobei ich glaube, dass er das mit der Uzi gar nicht gesagt hat. Das habe ich, weil es so schön ist, wahrscheinlich nur hinzugesponnen. Aber ihr versteht, worauf ich hinauswill.)
    Jedenfalls habe ich die Pistole genommen und sie mir angesehen, genauso wie ich mir jetzt die Pistole in meiner Hand ansehe. Und wie das mit unwirklichen Sachen so ist, kommt es einem auch nicht bizarrer vor, in einem zombieverseuchten überschwemmten Schottland auf einem Viehunterstand zu hocken, als mit zwölf Jahren in der Küche zu Hause eine Pistole in der Hand zu halten. Aber damals fiel mir die Entscheidung leicht: Mit Mum mitfahren. Auf Zielscheiben schießen. Einen widerstrebenden und irgendwie schuldbewussten Stolz empfinden, als sie dich lobt, weil sie nämlich Recht hatte und du wirklich ein gutes Auge hast und eine verdammt gute Schützin bist, Kleine. Und sie lobt dich normalerweise nie, darum nimmst du, was du kriegen kannst.
    Wir sind in dem Sommer damals noch ein paarmal zum Schießstand gefahren. Dann hatte Mum wieder viel zu tun und wir hörten damit auf. Einmal hat Dad mich hingebracht und er war megabeeindruckt, zu was für einer Mordmaschine seine Tochter mutiert war. Aber ich spürte, wie sehr er es dort hasste, und ehrlich gesagt fand ich die Ballerei, nachdem der erste Kick vorbei war, auch total blöd. Mir gefiel das befriedigende Gefühl, irgendwas genau in der Mitte zu treffen, das gefiel mir sogar sehr, aber Schusswaffen machten mir Angst und das tun sie immer noch.
    Darum werde ich die Knarre hier liegenlassen. Ich kann die nicht mitnehmen.
    Wisst ihr, wenn irgendjemand zu mir gesagt hätte: »Hey, du wirst mal echt mit dem Arsch an der Wand stehen wegen einer totalen Zombie-Apokalypse und dann wirst du eine Knarre in die Finger bekommen«, dann wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass ich die zurücklassen würde. Klingt doch voll nach der bescheuertsten Entscheidung von allen. Aber jetzt, mittendrin, weiß ich, dass ich sie zurücklassen muss. Weil die einzige Lektion, die ich auf diesem Schießstand gelernt habe, dieselbe ist wie die

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