Untot | Sie sind zurück und hungrig
überall um mich herum und es dauert nicht mehr lange, dann hat er mich komplett verschluckt. Wo ist das Auto hingefahren? Die Angst, allein zurückgelassen zu werden, schnürt mir die Brust zu.
»Jetzt hör aber auf.« Smitty pikst mir in die Rippen. »Du bist nicht allein. Ich bin doch bei dir, hm?«
»Nein, bist du gar nicht.« Ich sage es laut. »Wenn, dann würde ich dich ja schließlich nicht suchen müssen. Außerdem, falls es dich interessiert, die hauen nicht einfach ohne mich ab. Wir haben nie jemanden zurückgelassen.«
»Haben wir wohl« , sagt Smitty. »Weißt du noch in der Burg? Der kleine Cam und seine Schwester Lily? Die haben wir zurückgelassen, Bobby. Sie waren infiziert, aber vielleicht hätte die Zeit noch gereicht, sie zu retten. Werden wir jetzt nie wissen. Cam war noch total klein …«
»Halt die Fresse!«, fauche ich. Ich gehe weiter durch den Nebel, mit ausgestreckten Händen.
»Voll zombiemäßig, Roberta.«
Ich ignoriere ihn. Jetzt kommen keine vereinzelten Regentropfen mehr herunter, sondern nervig viele. Das Patsch, Patsch, Patsch auf meinem kahlen Kopf ist wie chinesische Wasserfolter. Sind davon nicht schon Leute wahnsinnig geworden? Verstößt das nicht gegen die Genfer Konvention oder so was? Ich würde mir ja die Kapuze aufsetzen, aber ehrlich gesagt hätte ich dann das Gefühl, mir Watte in die Ohren zu stopfen. Meine Sinne sind total angespannt, sie schlagen bei jedem kleinen Geräusch, jeder schattenhaften Bewegung sofort Alarm. Der scharfe Geruch von feuchtem Kiefernholz sticht mir in die Nase, während ich mich vorankämpfe. Die Beine der Regenhosen rascheln bei jedem Schritt und dann wird mir plötzlich klar, wie absurd meine Situation ist. Ich bin auf dem Weg zurück in die Gefahrenzone.
Kiefernduft. Bäume. Ich muss in der Nähe der Straße sein. Ich gehe schneller.
Plötzlich eine Wurzel oder ein Grasbüschel – und ich lege mich mit einem Aufschrei voll hin, dermaßen hart, dass es mir den Atem verschlägt. Irgendwelches klitschnasses Gestrüpp durchweicht mich fast genauso gründlich wie vorhin der Fluss.
Autsch. Wenigstens ist die Knarre nicht losgegangen.
Es ist gemütlich hier unten. Lädt richtig zum Aufgeben ein. Ich setzte mich rasch auf. Die Vorstellung, mich dem Erdboden zu ergeben, ist gruselig. Schnell aufstehen.
Als ich nachschaue, worüber ich gestolpert bin, begrüßt mich ein blutiges Gesicht.
Ich pralle zurück und falle gleich wieder auf den Hintern.
Muss einmal ein Mann gewesen sein. Leere Augenhöhlen, die Augäpfel von Krähen herausgepickt. Keine nennenswerte Nase mehr. Ein sauberes Loch in der Stirn. Aber sein Mund ist geschlossen, die Lippen fest zusammengepresst, als ob er enttäuscht von mir ist, weil ich ihm beim Hinfallen in die Rippen getreten habe.
Ich kreische los.
Kapitel
16
Und komme mir prompt bescheuert vor. Nur Amateure kreischen los und dazu zähle ich ja wohl nicht mehr. Denn wenn man Gewalt ausgesetzt ist, wenn man Tote sieht und eine Waffe trägt, dann stumpft man eigentlich doch ab, wird gefühllos. So wie meine Füße, die der Kälte und den fiesen scharfen Rändern von Stöcken und Steinen ausgesetzt sind.
Ich zwinge mich dazu, den Mann anzusehen. Er trägt Tarnfarben. Ein Soldat vielleicht? Jedenfalls gehört er nicht zu Xanthro. Er ist nicht in Schwarz und hat auch nirgendwo das kleine gelbe Logo mit dem X. Normales britisches Militär vielleicht? Und erschossen, mit einer Kugel in die Stirn, heckenschützenmäßig. Vielleicht ist er zu nahe bei St. Gertrud herumspaziert und die Xanthro-Leute haben ihn erledigt? Die wollen doch schließlich keine staatliche Einmischung, während sie gerade dabei sind, ihre lebenden Toten zu einer neuen Waffengattung umzumodeln.
Ob vielleicht noch mehr Soldaten in der Gegend sind? Mein Herz macht einen Satz. Wäre ja toll, mal auf ein paar von den Guten zu stoßen. Er liegt jedenfalls schon länger hier. Weil er nämlich angefangen hat zu riechen. Der verwandelt sich nicht mehr; das hätte schon passiert sein müssen. Vermutlich sind seine Kameraden also längst weg.
Irgendwo im trüben Nichts schlägt eine Tür zu und mein Kopf ruckt hoch. Ich kann gerade noch eine Gestalt ausmachen, die in meine Richtung kommt. Ich glaube nicht, dass ich es draufhabe wegzurennen. Wenn das kein Freund ist, bin ich erledigt.
Kurz bevor er bei mir ankommt, bleibt Russ mit einem Ruck stehen und starrt keuchend auf den Soldaten. Gewaltige Erleichterung überkommt mich und ich hole
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